1723 - Das Templer-Trauma
nur bereit war, einen Teil zuzugeben.
»Und du hast in die Vergangenheit schauen können?«
»Ja, das habe ich. Sie kommt zu mir. Ich bin ihr Vermittler. Ich habe schauen können, aber man hat mir nicht geglaubt. Ich wurde hier eingeliefert, was ein Fehler gewesen ist. Es ist auch möglich, dass man mich einfach nur loswerden wollte, weil ich zu viel gesehen habe.«
Der Templer nickte. »Und dabei ist, so denke ich, diese Umgebung hier wichtig.«
»Ja, sehr. Denn du bist damals hier gewesen. Ich habe dich gesehen, dich und die Frau, die du in deinen Armen gehalten und auch beschützt hast.«
»Und die es auch wieder gibt in dieser Zeit …«
Der Pater sagte nichts. Er lächelte nur, als wollte er so die Spannung erhöhen.
Godwin wusste, dass er sich auf dem richtigen Weg befand. Er wusste nur nicht, wohin er führte. Und es war kein gerader Weg, sondern einer mit Kurven und Windungen, der irgendwo endete, wo es möglicherweise zu einer Aufklärung kam.
Er nickte dem Liegenden zu und stellte dabei eine Frage. »Wie lange darf ich bleiben?«
Gerold lächelte. Er sagte mit leiser Stimme und klang dabei auch ehrlich: »So lange du willst. Oder so lange es nötig ist. Mach dir da keinen Kopf.«
»Danke.«
»Ich weiß, dass du erst wieder gehst, wenn alles aufgearbeitet ist. Verstehst du?«
»Ich versuche es.«
»Du wirst es verstehen, wenn die Zeiten wieder zusammentreffen, das kann ich dir versprechen. Dann wird es zu einem Ende kommen, weil es einfach zu einem Ende kommen muss. So einfach ist die Rechnung. Nichts soll unerfüllt bleiben …«
Die letzten Worte hatte der Pater schon leiser gesprochen. Man merkte ihm seine Müdigkeit an, und Godwin schaute zu, wie ihm langsam die Augen zufielen.
Er wollte ihn schlafen lassen.
Doch dann hörte er ein Lachen. »Keine Sorge, ich schlafe nicht. Ich gehe nur in mich.«
»Das ist gut.«
Godwin sah, dass der Pater lächelte. Das Lächeln zeigte dem wartenden Templer auch, dass Gerold keine Angst verspürte und darauf wartete, was kommen würde.
Godwin hing seinen Gedanken nach. Er hatte einiges gehört und wartete nun darauf, dass sich gewisse Dinge erfüllen würden. Er glaubte daran, dass es möglich war, zwei Zeitzonen zusammenkommen zu lassen. Und es wäre ihm nicht einmal neu gewesen.
Er war gespannt auf das, was ihm widerfahren würde. Er würde Neues erleben und versuchen, ein Rätsel zu lösen, das ihn betraf. Ihn und eine Frau, die man als Heilige angesehen hatte. Die zudem damals zu ihm eine enge Beziehung gehabt hatte.
Etwas veränderte sich …
Nicht äußerlich. Da blieb alles gleich. Es lag in seiner Umgebung, die er bisher nicht als bedrohlich empfunden hatte. Das blieb auch in den folgenden Sekunden so, in denen etwas herankroch, das aber nicht gesehen wurde.
Es war die Veränderung der Temperatur.
Es wurde kühler.
Nicht plötzlich oder rasend schnell, sondern langsam und etappenweise sank die Temperatur, ohne dass es richtig kühl oder kalt wurde. Es war auch keine normale Kälte, das spürte der Templer. Es war eine, die ihn erfasste und in sein Inneres drang, ohne dass die Kleidung ihn schützte.
Deshalb fror er auch nicht äußerlich oder schlug die Zähne zusammen.
Bisher hatte er auf seinem Stuhl gesessen. Das änderte der Templer jetzt. Er erhob sich, blieb vor dem Stuhl stehen und drehte sich dabei langsam um die eigene Achse.
Plötzlich meldete sich der Pater und bewies damit, dass er nicht geschlafen hatte.
»Tu nichts, noch nicht. Bleib ruhig. Ich kenne das. Es ist der Anfang …«
Godwin richtete seinen Blick auf das Gesicht des Mannes. »Und du bist dir sicher?«
»Ja. Die andere Seite hat dich akzeptiert, du wirst es sehen. Auch Judith hat es erleben dürfen. Die andere Seite will eine Entscheidung. Sie hat ihr Ziel erreicht, denn jetzt bist du hier. So hat das Schicksal den Kreis geschlossen.«
Godwin hatte die Worte gehört. Er gab keine Antwort, sondern stand auf und stellte den Stuhl zur Seite, damit er ihn nicht in seinen Aktionen behinderte. Was genau auf ihn zukam, das wusste er nicht, aber er sah, dass sich in der dunkleren Seite des Zimmers etwas bewegte, zwar nicht näher kam, aber deutlicher wurde, sodass allmählich Umrisse zu erkennen waren.
Umrisse von Personen …
Godwin hielt den Atem an. Er schaute in den Hintergrund und entdeckte dort zwei Gestalten, die lange Umhänge über ihre Körper geworfen hatten, deren Kapuzen hochgezogen waren, sodass nur die Gesichter frei blieben.
Zwischen ihnen
Weitere Kostenlose Bücher