1725 - Hängt die Hexe höher
und schlage zu, nur den Zeitpunkt werde ich euch nicht sagen. Dann trinke ich mich satt …«
Es waren ihre letzten Worte. Sie drehte sich um und ging. Dass sie mir dabei ihren Rücken zudrehte, störte sie nicht. Sie ließ ihre Helfer stehen, schnippte dann mit den Fingern und gab so das Zeichen für die Halbvampire.
Sie folgten ihr. Mich ließen sie stehen wie einen dummen Jungen, der sich fragte, ob er alles richtig gemacht hatte. Es konnte sein, aber das würde sich erst später herausstellen. Ich musste zugeben, dass ich bei der Cavallo immer befangen war, was irgendwelche Aktivitäten anging. Wäre sie eine normale Wiedergängerin gewesen, hätte ich sie längst aus dem Weg geräumt. Doch das war sie nun mal nicht. Ich hätte die Formel nicht aussprechen können. Durch ihre dämonischen Kräfte war sie mir immer überlegen, und ich wollte mich nicht hier auf dem Friedhof niederschlagen lassen, um später an einem Baum zu hängen. Da ich mir das alles durch den Kopf gehen ließ, war ich mit meiner Reaktion doch zufrieden.
Justine und die Halbvampire ließen sich nicht mehr blicken. Ich ging zurück zu Janes Auto und dachte darüber nach, dass es zu viele dieser Kretins gab. Woher Justine sie holte, war für mich ein Rätsel. Eigentlich waren sie Überbleibsel aus der Zeit von Dracula II.
Die Sonne hatte sich verabschiedet. Die Dämmerung würde bald einsetzen und mit ihr der Beginn einer sehr wichtigen Nacht für bestimmte Personen …
***
Den Rückweg fuhr ich unter völlig anderen Voraussetzungen. Ich wusste jetzt mehr und war trotzdem keinen Schritt weiter gekommen. Das heißt, ich hatte die Gefahr nicht bannen können.
Es war klar, dass sich die Hexen gegen diese brutale Übermacht nicht wehren konnten, und deshalb mussten wir uns etwas einfallen lassen.
Ich erreichte den Platz oder die Lichtung vor dem Wald, und auch hier hatte sich das Sonnenlicht verabschiedet. Es war schon zu spüren, dass der Abend nahte. Die Stimmung war irgendwie anders geworden.
Aus dem Ort ließ sich kein Bewohner blicken. Da war die Furcht vor dem Unbekannten wohl größer als die Neugierde.
Ich ließ den Golf auf dem Grasteppich ausrollen und stieg aus dem Wagen. Man hatte mich bereits gesehen, aber es nahm keine der Frauen von mir Notiz. Zudem waren sie damit beschäftigt, Holz zusammenzutragen, um später ein Feuer machen zu können. Das war mir egal, denn es ging für mich um andere Dinge.
Jane Collins lief auf mich zu, denn sie hatte meine Ankunft ebenfalls gesehen. Als sie stehen blieb und einen Blick in mein Gesicht warf, schüttelte sie den Kopf.
»Es sieht nicht gut aus, oder?«
»Du hast leider richtig geraten.«
Sie winkte ab. »Da brauche ich nicht zu raten. Das sehe ich, wenn ich in dein Gesicht schaue.«
»Sie mischt mit und steht an der Spitze.«
Ich musste den Namen nicht erst sagen, Jane sprach ihn aus und es hörte sich doch wie eine Frage an.
»Die Cavallo.«
»Ja.«
»Und du hast sie gesehen?«
»Nicht nur das. Ich habe mit ihr gesprochen, und ich muss leider zugeben, dass ich mich in diesem Fall wie ein Verlierer fühle.«
Jane strich über meine linke Wange und tröstete mich. »Das ist bei der Cavallo kein Wunder. Aber was ist genau passiert? Willst du das nicht sagen?«
»Ja, ich fasse mich kurz, und dann müssen wir hier zur Sache kommen.«
Jane hörte zu, was ich ihr zu berichten hatte. Einige Male schüttelte sie den Kopf, und zum Schluss fragte sie: »Was machen wir denn jetzt?«
»Darüber wollte ich mit dir reden.«
»Hast du eine Idee?«
»Die habe ich tatsächlich. Es ist am besten, wenn die Frauen von hier verschwinden. Sie steigen in ihre beiden Wohnmobile und flüchten von hier.«
Die Detektivin sagte erst mal nichts. Was sie dachte, das zeigte sich auf ihrem Gesicht. Dann drehte sie den Kopf und blickte zu den Frauen hinüber, die sich um den kleinen Holzstoß versammelt hatten, der bald brennen sollte.
»Nein«, sagte sie.
»Genauer, bitte.«
»Ich finde die Idee ja gut«, flüsterte sie mit zu. »Aber sie wird sich nicht umsetzen lassen.«
»Warum nicht?«
»Wir kriegen die Frauen nicht von hier weg. Es ist ihre Nacht, die bald anbricht. Walpurgis ist für sie wie das Weihnachtsfest für Kinder. Darauf haben sie sich gefreut. Sie werden nicht fliehen wollen und sich lieber auf ihre Kräfte verlassen.«
»Dann sind sie verlassen.«
»Mach ihnen das mal klar!«
»Ich werde es versuchen.«
»Und wie?«
»Indem ich mir mit ihnen zusammen ihre tote Freundin
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