1726 - Testfall Magellan
Chris!" forderte die nur 1,37 Meter große, schlanke Frau, die es sich in einem Formenergiesessel bequem gemacht hatte und das nervöse Auf- und Abgehen ihrer Kommandantin beobachtete.
Die beiden Frauen hielten sich im Observatorium der Kugelschiffzelle auf; in der transparenten Kuppel am oberen Pol. Hier residierte die Kommandantin, wenn sie den Betrieb in der Zentrale vermeiden wollte.
Christiane Meister blieb stehen. Sie war ebenfalls nicht groß, aber mit 1,63 Meter doch nicht so klein wie Voolah Ishmuth, die BRS-Ingenieurin des Tenders. BRS stand für Bio Recycling Systems.
„Die KATHAR ist längst überfällig!" stieß sie hervor. Ihr attraktives, doch immer etwas streng wirkendes Gesicht war von Hektik gezeichnet.
„Ich muß bei Bran und James rückfragen. Falls die Kogge schon nicht geortet werden kann, weil sie aufgehalten wurde, sollte sie wenigstens eine Funknachricht an uns abgesetzt haben."
„Dann hätten wir sie aufgefangen", argumentierte die BRS-Ingenieurin mit ihrer glockenhellen Stimme. „Kommandant Phril Stratar wird seine Gründe haben, den Hyperkom innerhalb Magellans nicht zu benutzen. Die Nerven vieler Gurrads sind ohnehin überreizt, weil sie denken, wir würden uns in ihre Geschäfte mit den Hamamesch einmischen. Aus diesem Grunde wurde schließlich auch die DIOGENES als mobiler Stützpunkt außerhalb der Großen Wolke stationiert. Es gilt, alles zu vermeiden, was das Mißtrauen der Löwenmenschen unnötig anheizt. Das wird der Grund für Phrils Schweigen sein - und für die Verspätung kann es ja hundert Gründe geben."
Chris Meisters Gesicht entspannte sich tatsächlich. Dankbar lächelte sie Voolah an, dann setzte sie sich ebenfalls. Es waren weniger die Worte der Kamashitin, die sie beruhigt hatten, sondern mehr der suggestive Klang ihrer Stimme.
Im nächsten Moment zuckte die Kommandantin wie elektrisiert zusammen, denn der Kombinations-Funkblock in ihrer Nähe meldete sich mit lautem Summen.
„Einschalten!" befahl Chris.
Die allgegenwärtige syntronische Vernetzung reagierte. Ein Holo baute sich auf: das Abbild von James Rtschan, dem Ersten Funker der DIO-GENES.
„Wir fangen kodierte Hyperfunksignale auf!" meldete er. „Ah, soeben hat der Syntron festgestellt, daß es sich um die mit der KATHAR vereinbarten Impulsgruppen handelt. Der Ursprung liegt in einem dünnen Materiearm, der genau uns gegenüber aus der Großen Wolke ragt. Soll ich den Empfang bestätigen, Chefin?"
Chris Meister atmete auf und blinzelte dem 61 Jahre alten Gäaner zu.
Rtschan hätte ein Terraner sein können mit seinen 1,72 Metern, der dunkelbraunen Haut, den schwarzen Augen und dem kurzgeschorenen schwarzen Kopfhaar. Aber das wunderte niemanden; schließlich stammten die Gäaner ebenfalls von Terranern ab.
„Nur mit einem Piepser, James", antwortete die Kommandantin.
Kaum war das Holo des Funkers verblaßt, meldete sich Braneyrar Omor, der Erste Orter, ein 1,82 Meter großer Zaliter.
„Chefin, wir haben mit den Tastern ein Objekt erfaßt, das nur die KA-THAR sein kann", berichtete er. „Es tauchte vor siebeneinhalb Sekunden in dem dünnen Materiearm uns gegenüber auf. Offenkundig kehrte es nach einer Überlichtetappe in den Normalraum zurück. Inzwischen nimmt es wieder Fahrt auf. Kurs in unsere Richtung."
„Danke, Bran", erwiderte Chris. „Es ist die KATHAR. Sie hat sich per Hyperkom identifiziert."
Sie unterbrach die Verbindung, dann stand sie auf.
„Ich gehe in die Zentrale", wandte sie sich an Voolah. „Ein ganzer Berg Arbeit kommt auf uns zu. Die kann ich besser von dort anpacken.
Möchtest du mitkommen?"
Die Kamashitin erhob sich ebenfalls.
„Danke, nein", erwiderte sie. „Ich kümmere mich lieber wieder um meine Abteilung. Wir hatten einen Engpaß in der Produktion von Lyoenzymen. Ich will wissen, ob der inzwischen überwunden ist."
„In Ordnung", sagte die Kommandantin. „Bis später dann!"
*
In der Kommandozentrale im Mittelpunkt der Kugelschiffzelle herrschte rege Betriebsamkeit, als Chris Meister dort eintraf. Matruk Ahmadi, der Zweite Kommandant, befehligte in ihrer Abwesenheit. Der 1,94 Meter große, athletisch gebaute Mann mit der bronzefarbenen Haut, den hellblauen Augen und dem gelb weißen Kraushaar war Hedschianer.
Ein Nachkomme von Terranern, die auf der Flucht vor den Cantaro auf Hedsch gesiedelt hatten, dem achten Planeten der blauen Riesensonne Gamelung. Die Siedler hatten aller modernen Technologie abgeschworen, weil sie diese dafür
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