1728 - Luzifers Botin
schnell aufgeben, wundert mich schon.«
»Ich gebe nicht auf. Ich…«
»Lassen Sie mich ausreden. Sie sind der Sohn des Lichts. Sie tragen das Zeichen.«
»Das Kreuz meinen Sie, Sir?«
»Genau das. Und wenn ich richtig informiert bin, haben Engel darauf ihre Zeichen hinterlassen. Sie sind doch so etwas wie Ihre Beschützer. Könnten sie nicht auch als Informanten dienen?«
Ich verstand den Gedankengang unseres Chefs. Aber so einfach war das nicht. Klar, Michael, Gabriel, Raphael und Uriel hatten ihre Zeichen an den vier Enden des Kreuzes hinterlassen. Sie waren so etwas wie geheimnisvolle Wächter, die ich anrufen konnte, was ich auch schon getan hatte. So hatten sie mir schon öfter in Notsituationen zur Seite gestanden, aber nie direkt eingegriffen, sondern waren immer im Hintergrund geblieben. Sie waren so etwas wie eine Rückendeckung für mich, die selbst entschieden, wann sie eingriffen und wann nicht.
»Ich weiß es nicht, Sir. Ich habe es auch noch nicht ausprobiert. Ich weiß zwar, dass es die Erzengel gibt, aber ich kann ihnen nichts befehlen. Sie gehen ihren eigenen Weg. Sie existieren in völlig anderen Welten oder Dimensionen. Zudem gibt es die Formel, durch die ich mein Kreuz aktivieren kann. Damit haben die Engel vielleicht etwas zu tun. Ich kann es Ihnen leider nicht genau sagen.«
»Dann sind wir durch unser Unwissen gesegnet.«
»Wenn Sie es so sehen wollen, Sir, dann schon. Dieser mörderische Engel, der zudem noch recht harmlos aussieht, ist eine Größe, die neu hinzugekommen ist. Sie will töten und wahrscheinlich damit etwas erreichen, was keiner von uns weiß.«
»So könnte sie sich in der Hölle beliebt machen.«
»Möglich, Sir.«
Es war wirklich nicht einfach für uns, Antworten zu finden, aber unser Chef wollte nicht aufgeben, denn er sagte: »Möglicherweise war dies erst ein Anfang, ein Zeichen, das gesetzt wurde, um bestimmte Personen auf etwas aufmerksam zu machen.«
»Meinen Sie uns beide damit?«, fragte Suko.
»Eine andere Möglichkeit fällt mir leider nicht ein. Diese Taten sind nicht grundlos geschehen. Die Täterin hat auf sich aufmerksam machen wollen, was ihr auch gelungen ist.«
»Dann will sie, dass wir sie jagen?«
»Kann alles sein, Suko.«
Es war vertrackt. Wir wussten nicht, was wir unternehmen sollten. Das Wissen von einem Killerengel konnte schon an den Nerven zerren, und wir fühlten uns wie gelähmt.
»Erst wenn sie weitere Spuren hinterlässt«, sagte Suko, »können wir eingreifen.«
»Bist du sicher?«, fragte ich.
»Nein.« Er senkte den Kopf. Das kam bei ihm selten vor. Auch Suko litt unter dem Frust-Syndrom.
Sir James bewegte seinen Mund. Er sagte nichts. Etwas, das bei ihm selten vorkam. Auch für uns gab es nichts mehr zu sagen. Wir erhoben uns und verließen zusammen mit unserem Chef den Raum.
Im Flur fragte Sir James: »Was kommt da auf uns zu?«
Suko und ich gaben keine Antwort, denn wir wussten es nicht…
***
Jamila lächelte.
Es war alles andere als ein freundliches Lächeln. Ihr Gesicht sah aus, als wäre es in der Hitze eines Brennofens erstarrt.
Ja, sie war gut. Sie hatte ihre Pflicht getan, und ihre Mutter würde mit ihr sehr zufrieden sein. Das erste Kapitel war beendet. Jetzt musste sie sich um das zweite und dann um die weiteren kümmern. Sie hatte durch die Taten eine Spur gelegt, nicht mehr, aber sie war sich sicher, dass bestimmte Personen bereits darauf angesprungen waren. Es war jetzt nur wichtig, dass sie wartete und während dieser Zeit wollte sie einen Kontakt aufnehmen.
Der Ort, an den sie sich zurückgezogen hatte, war nicht eben als menschenfreundlich einzustufen. Ein altes Haus, dessen Fenster nicht mehr vorhanden waren und der Wind freien Durchzug hatte.
Aber sie spürte, dass hier mal das Böse gehaust hatte. In Gestalt einiger Menschen, die sich der Hölle zugetan gefühlt hatten und in diesem Haus zahlreiche Rituale der schwarzen Magie gefeiert hatten, bis sie irgendwann vertrieben worden waren. Das Böse jedoch lauerte noch in den Mauern. Es war für Jamila genau das, was sie brauchte. Hier waren Menschen gestorben, und sie glaubte sogar, das Schreien der Seelen noch in ihren Ohren klingen zu hören.
Alles war anders geworden. Keine Stadt mehr, keine Menschen, nur dieses einsame Haus nahe einer Straße, die zu einem verlassenen Steinbruch führte.
Hier stand Jamila im Flur, dessen Wände schwarz waren. Feuer hatte hier seine Spuren hinterlassen, und sie wusste, dass manche Opfer verbrannt worden
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