1737 - Das Blut der Zauberin
gewesen, sie zu ziehen und diese Blutsaugerin mit einem Kopfschuss zu erledigen. Sie machte auf ihn auch nicht den Eindruck, als könnte sie sich wehren. Völlig apathisch hockte sie im Schrank und schien sich mit letzter Kraft in dieses Versteck gerettet zu haben.
Es verging schon etwas Zeit, bis der Reporter die Sprache wiederfand. »Das glaube ich nicht«, flüsterte er. »Das ist völlig abgefahren. He, bist du es wirklich?«
»Wer sonst?«
»Und warum hockst du im Schrank?«
»Verschwinde, Conolly. Hau ab und lass mich in Ruhe.«
»Nein«, sagte Bill und gab seiner Stimme einen triumphierenden Unterton. »Das glaubst du wohl selbst nicht. Ich oder wir lassen dich nicht mehr allein. Diese Chance kommt nie wieder. Wir werden dich erledigen, darauf kannst du dich verlassen. Du wirst keinem Menschen mehr das Blut aussaugen.«
Jetzt wäre eigentlich eine Antwort fällig gewesen, doch die verkniff sich die Blutsaugerin. Sie verzog nur ihre Mundwinkel und ließ den Reporter nicht aus den Augen.
Bill wusste nicht, wieso diese Person in eine derartige Lage geraten war. Es war ihm letztendlich auch egal. Er hatte seinen Triumph und wollte ihn auskosten. So wie sie da hockte, war sie völlig fertig.
»Komm hoch!«
»Nein!«
»Hoch mit dir, verdammt!«, schnauzte Bill sie an.
Und dann erhielt er eine Antwort, die er kaum fassen konnte.
»Es geht nicht.«
»Was?«
»Ich – schaffe es nicht – zu schwach...«
In diesen Augenblicken wurde Bill klar, dass die Cavallo keine Gefahr mehr für ihn und die anderen bedeutete. Sie war nicht mehr als ein schlaffes Bündel.
Von einem großen Sieg wollte Bill noch nicht sprechen. Das hob er sich auf, wenn er mit seinem Freund John Sinclair zusammen war. Da wollten sie beide das Gefühl auskosten.
»Dann eben nicht«, sagte er, bückte sich und krallte die Finger seiner rechten Hand in den Kragen der Lederjacke.
Die Schranktür stand weit genug offen, um den Körper herausziehen zu können. Genau das tat Bill. Er hielt weiterhin den Kragen der Jacke fest, als er seine Beute durch das Zimmer auf die Tür zu schleifte, danach über die Schwelle und nach draußen.
In seinem Innern erlebte er ein Hochgefühl. Es war kaum auszusprechen. Seine Gedanken rasten, überschlugen sich. Erlebtes kam ihm wieder in den Sinn und er dachte daran, wie knapp es manchmal gewesen war.
An der Treppe blieb er stehen.
Von unten her hörte er die Stimmen. Sein Ruf aber übertönte deren Klang.
»John!«, rief er, ließ die Cavallo los und gab ihr einen Tritt, der dafür sorgte, dass sie die Treppe hinab nach unten rollte...
ENDE des ersten Teils
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