1740 - Und er lebt doch!
seiner Maschinen würde in kurzer Zeit nach St. Petersburg starten.
Besser konnte es nicht laufen. Wladimir Golenkow bekam keinen Bescheid. So machte sich die Agentin allein auf den Weg. Eine große Freude herrschte bei ihr nicht. Eher das Gegenteil, denn sie glaubte nicht daran, dass der geheimnisvolle Anrufer ein Bluffer gewesen war...
***
Der Flug hatte gut geklappt, sie waren auch nicht auf dem offiziellen Flughafen gelandet, sondern auf einem Nebenfeld, das ein wenig entfernt lag und nur für bestimmte Maschinen offen war.
Sie musste zum Hafen. Auch das war kein Problem. Ein Wagen stand für sie bereit. Es war ein Mercedes der A-Klasse. Von einem Geheimdienstkollegen wurde er Karina übergeben.
»Danke, Towarischtsch.«
»Bekomme ich ihn heil wieder?«
»Ja, aber nicht gewaschen.«
Er lachte. »Viel Glück.«
Die Agentin kannte sich in St. Petersburg zwar nicht so gut aus wie in Moskau, aber den Weg zum Hafen fand sie schnell, und sie fuhr auch dort vorbei, wo die Kreuzfahrtschiffe anlegten. Im Moment sah sie die Aufbauten von zwei großen Cruisern im Hafen liegen. Am Kai sah sie zudem noch die Baracken der Zollhäuser, die jeder Tourist passieren musste.
Bisher hatte alles wunderbar geklappt. Auch jetzt bekam Karina mit dem Verkehr keine Probleme. Sie musste nicht in die Innenstadt und konnte praktisch auf dem Hafengelände bleiben.
Zu sehen waren auch die neuen Hochhäuser jenseits der Hafenaufbauten. Dort lebten die Menschen, die es geschafft hatten und zum Petersburger Mittelstand gehörten. Die Häuser, die wie Klötze in den Himmel ragten, waren nach westlichem Standard errichtet worden. Wer dort wohnte, zahlte entsprechende Mieten.
Karina fuhr weiter. Mit jedem Meter, den sie zurücklegte, wuchs ihre Spannung. Noch konnte sie sich nicht vorstellen, wen der geheimnisvolle Anrufer gemeint hatte. Und einen Freund von sich würde sie bestimmt nicht dort finden.
Es gab hier eine neue Zollstation, die aber ließ sie links liegen. Die alte war für sie wichtiger, und sie fand einen Uniformierten, der nahe der neuen Zollstation einen schweren Lastwagen in eine Halle winkte.
Karina stoppte und ging auf den Mann zu, der sie misstrauisch beäugte. Das Gefühl verschwand schnell, als Karina erklärte, wer sie war.
»Und? Was kann ich für Sie tun?«
»Ganz einfach. Ich brauche eine Wegbeschreibung, die mich zur alten Zollstation bringt.«
Die erhielt sie, und sie erfuhr auch, dass die alte Zollstation noch stand, aber der Zahn der Zeit mittlerweile an ihr genagt hatte. So gab es keine Fenster mehr, dafür die neuen Bewohner, fette Ratten.
»Die tun mir nichts.«
»Brauchen Sie denn Hilfe? Jemand, der sich auskennt?«
»Nein, ich werde schon allein zurechtkommen.«
»Dann gute Fahrt und viel Erfolg.«
»Danke.« Sie fuhr los und sah im Rückspiegel, dass ihr der Uniformierte nachschaute. Zum Glück hatte er keine Fragen gestellt, was sie an der alten Station zu tun hatte.
Der Anblick veränderte sich. Karina sah alte Hänger, die auf den Abriss warteten. Zum Teil waren die Ladeflächen noch gefüllt, aber niemand kümmerte sich um den Kram.
Menschen sah sie kaum. In Sichtweite fuhr ein Militärfahrzeug vorbei. Die Russin wurde nicht behelligt. Dass sie sich auf dem Gelände befand, war wohl weitergegeben worden.
Das alte Zollamt kam in Sicht. Von den herumstehenden und verlassenen Gebäuden war es das größte. Es sah ebenfalls aus, als würde es auf den Abbruch warten.
Als Karina näher an den Bau heranfuhr, entdeckte sie die zahlreichen Beschädigungen am Mauerwerk. Die Fenster waren zwar vorhanden, aber nur als Löcher.
Es war wirklich ein totes Gelände, über dem ein seltsamer Geruch hing, den die Agentin nicht einschätzen konnte. Es roch einfach nach Verfall. Von der Ostsee her wehte ein schwacher Wind, der so gut wie keine Kühlung brachte. In dieser Atmosphäre konnte sich ein Mensch einfach nicht wohl fühlen. Und wenn sie auf das Wasser schaute, sah sie dort die Schiffe, die zu alten Sowjetzeiten als Patrouillenboote über die Ostsee gefahren waren. Jetzt lagen sie hier und rosteten vor sich hin.
Sie stieg aus und näherte sich dem Bau. Ob es wirklich stimmte, was man ihr gesagt hatte, würde sich noch herausstellen. Sie tendierte allerdings dazu, dass es zutraf. Warum hätte man sie sonst herlocken sollen? An eine Falle glaubte sie kaum. Allerdings verschwand der Gedanke auch nicht völlig aus ihrem Kopf, und sie war dementsprechend vorsichtig.
Es gab einen breiten Eingang. Die
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