1746 - Das Herz der Abruse
Male habe ich ganz klar Kristalle gesehen, doch wenn wir in den betreffenden Sektor des Schiffes gegangen sind, waren sie alle verschwunden. Es ist, als ob Pene uns narren will."
„Nicht Pene", verbesserte Gucky sie. „Es sind zwei Wesen. Das eine ist Pene Vorace, und das ist nach wie vor unser Freund, das andere ist der Schatten, der auf ihm liegt; dieser würde uns am liebsten ins Verderben führen. Ich glaube, er ist dafür verantwortlich, daß wir alles verzerrt sehen."
Die beiden wollten sich eigentlich ein wenig ausruhen, doch die Sorge um die Freunde trieb sie wieder aus der Zentrale. Sie gingen in einen der hinteren Sektoren des Rochenschiffes, in dem sie bereits mehrmals auf Spuren von Pene Vorace gestoßen waren und in denen Mila Kristalle entdeckt zu haben glaubte.
„Vielleicht machen wir einen Fehler", sinnierte die Mutantin. „Wir sollten es einmal an einem ganz anderen Ende versuchen."
„Lieber nicht", wehrte Gucky diesen Vorschlag ab. „Das habe ich bereits getan. Das Ergebnis war noch schlechter."
Mila blieb in einem offenen Schott stehen und blickte in einen Gang hinaus. Sie griff nach der Hand des Ilts, dann schloß sie die Augen und konzentrierte sich.
Mit ihren parapsychischen Sinnen durchdrang sie die Wände des Raumschiffes. Irgendwo war Nadja, ihr Anker in dieser Situation. Aber-,, suchen - das mußte sie allein. Ihr Geist tauchte in die Materie, glitt durch sie hindurch und ertastete Räumlichkeit für Räumlichkeit, bis sie plötzlich auf etwas stieß, was ihr Widerstand leistete.
Im gleichen Moment verspürte sie einen unangenehmen Druck in der Brust, als ob unsichtbare Hände nach ihrem Herzen griffen und es drückten. Gleichzeitig wurde ihr der Hals eng, und sie hörte Gucky qualvoll stöhnen.
Sie war fündig geworden.
Sie hatte Kontakt mit dem Unheimlichen, das sich an Bord verborgen hielt und sie bedrohte.
Sie meinte, den Schatten einer humanoiden Gestalt zu sehen, und sie glaubte zu spüren, daß da jemand war, der sich gegen den Schattenhaften wehrte. Zugleich kam ihr vor, als sei der Schatten von Tausenden von matt leuchtenden Punkten umgeben.
Sie schreckte zurück und wollte sich von der Erscheinung trennen, doch dann spürte sie, wie sich die Hand Guckys um ihre Hand krampfte.
„Nein!" rief er. „Wir wollen mehr wissen!"
Da wußte Mila, daß er ebenfalls Kontakt hatte.
Sie gab nach, und irgend etwas drängte sie zu dem Schatten hin. Die Mutantin näherte sich ihm immer mehr, bis es ihr vorkam, als könne sie Kopf und Schultern des Unheimlichen deutlich sehen. Die Lichtpunkte waren Kristalle.
Schneeflocken! erkannte sie.
Erschrocken zog sie sich zurück. Als sie unmittelbar darauf erneut Kontakt suchte, gelang es ihr nicht.
„Es ist weg", sagte Gucky, „was immer es war."
„Wieso Schneeflocken?" fragte Mila.
Der Mausbiber hob die Arme und ließ sie schlaff wieder fallen. Doch dann fuhr er plötzlich herum, und seine Augen weiteten sich.
„Eine Warnung!" rief er. „Pene will uns damit sagen, daß wir von Schneeflocken bedroht sind. Das Unheimliche lockt die Schneeflocken an, damit die unsere Raumschiffe angreifen können, steht vielleicht mit ihnen in Verbindung."
Er dachte an den kristallisierten Mond jener Welt, die zur Werft umgeformt wurde. Schneeflocken waren aufgetaucht und hatten die CIRIAC bedroht. Schneeflocken waren erschienen, als die Flotte in der Galaxis Wanssun eingedrungen war. Schneeflocken würden angreifen und sie mit ihrer Strahlung bedrohen, wenn diese Überlichtetappe zu Ende war.
„Ich muß Perry warnen!" rief er und teleportierte in die Hauptleitzentrale.
Mila blickte sich voller Unbehagen um. Sie kam sich einsam vor, so als sei sie allein mit dem Unheimlichen an Bord. Ein Gefühl der Angst beschlich sie, das sie so bisher nicht gekannt hatte.
Die Spiegelgeborene fuhr herum, und dann begann sie zu laufen.
Sie wollte so schnell wie möglich zur Zentrale. Sie ertrug es nicht, allein zu sein. Sie wollte die Gesellschaft der anderen haben, weil sie sich nur dann sicher fühlen konnte.
*
Gucky materialisierte in der Zentrale, als die CIRIAC ihre Überlichtetappe beendete.
„Wo bist du so lange gewesen?" fragte Icho Tolot besorgt.
Er beugte sich zu dem Ilt hinab und blickte ihn forschend an. Zwei seiner Hände legten sich sanft wie Federn auf seine Schultern.
„Wieso lange?" entgegnete der Ilt. „Ich war doch höchstens ein paar Minuten weg!"
„Viele Minuten!" korrigierte der Haluter. Er hob Gucky auf und setzte
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