1750 - Die Zeitmühle
gesehen hatte, auch in dieser Zeit zu Wiesmoor gehörte.
Der Wind war nicht stark. Er streichelte sein Gesicht und er brachte den Geruch der Erde mit. Eine gewisse Kühle, in die sich Feuchtigkeit mischte.
Von den Torfstechern sah er nichts mehr. Es konnte sein, dass sie schon Feierabend gemacht hatten, aber es war auch möglich, dass sie sich in einer anderen Zeitblase befunden hatten. Da wollte Harry nichts mehr ausschließen.
Als er noch ungefähr zehn Schritte zu gehen hatte, um sein Ziel zu erreichen, drehte er sich um. Die Zeit konnte er sich lassen, denn seine Verfolger hatten nicht aufgeholt. Wie er die Lage einschätzte, war die Entfernung zwischen ihnen gleich geblieben. Das sah er als positiv an, denn so konnte er sich Zeit nehmen, um nach einem Ausweg zu suchen.
Er stand vor der Mühle.
Er schaute hoch.
Sein Blick war auf die Uhr gerichtet, die so normal aussah. Als heller Kreis malte sie sich vor dem dunkleren Hintergrund ab. Auch die Zeiger waren zu sehen. Sie bewegten sich allerdings nicht, sondern standen still.
Harry Stahl ging auf die Tür zu. Schon einmal hatte er sie geöffnet und war in der Mühle verschwunden. Das würde auch jetzt passieren. Nur fragte er sich, welche zeitliche Überraschung auf ihn wartete.
Er ging bis zum Eingang, betrat die Mühle aber noch nicht. Stattdessen drehte er sich um und schaute den Verfolgern entgegen, die nicht daran gedacht hatten, aufzugeben.
Sie kamen. Sie setzten einen Fuß vor den anderen. Harry sah ihre Gesichter, nahm jedoch keine Unterschiede wahr. Für ihn waren sie bleiche Flecken.
Er fragte sich, was für sie wichtiger war, die Mühle oder er als Opfer. Wahrscheinlich beides, und so setzte er seinen Entschluss in die Tat um.
Ein wenig zitterte er schon, weil er sich davor fürchtete, dass die Tür verschlossen sein könnte. In einem Fall wie diesem musste er mit allem rechnen.
Er zog die Tür auf.
Das war schon mal günstig.
Dann zuckte sein rechtes Bein vor, und mit einem langen Schritt betrat er das Innere. Von hier aus war er in die Vergangenheit gereist, und er ging davon aus, dass es auch umgekehrt klappen könnte. Er hatte es ja bei der Gestalt erlebt, die er verfolgt hatte.
Und jetzt?
Die Tür war geschlossen, was sie auch weiterhin blieb. Aber zu einer Veränderung kam es nicht. Schon gar nicht im Innern der Mühle, und als er wieder durch eines der Fenster nach draußen schaute, sah er das gleiche Phänomen.
Es war zu keiner Veränderung gekommen. Die Welt draußen war so geblieben, wie er sie kannte. Auch mit seinen Verfolgern, die dem Ziel immer näher kamen.
Er hatte damit gerechnet, dass sie schneller gehen würden, doch da hatte er sich getäuscht. Sie gingen nicht schneller und behielten ihr Tempo bei. Sie wussten, dass ihnen das Opfer nicht entkommen konnte, denn das hier war ihre Welt.
Und so wartete er. Wenn es nur einen Eingang gab, hatte er Glück. Dann konnte er sich in einer guten Position nahe der Tür aufbauen und sie der Reihe nach endgültig vernichten.
Sie kamen immer näher. Harry nahm sich jetzt Zeit, sie zu zählen. Insgesamt waren es sieben Gestalten. Er sah fünf Männer und zwei Frauen. Von der Kleidung her waren sie kaum zu unterscheiden. Einzig und allein die Kopftücher wiesen darauf hin, dass es sich bei ihnen um weibliche Personen handelte.
Er sah zur Uhr hoch.
Leider war nur die Ummantelung des Werks zu sehen, das aus der Mauer hervorstach. Er hätte gern das Zifferblatt gesehen und verfolgt, ob sich die Zeiger bewegten.
Etwas irritierte ihn.
Zuerst dachte er daran, dass es mit den Gestalten dort draußen zu tun hatte. Wenig später kam ihm die Erkenntnis, dass dies nicht stimmte. Von ihnen hörte er nichts.
Es war aber trotzdem etwas zu hören.
Harry lauschte. Er wusste genau, dass er das Geräusch kannte. Momentan hatte er Mühe, es einzuordnen, aber Sekunden später war es dann so weit. Er wusste jetzt, was er hörte.
Es waren Stimmen!
In diesem Moment wurde für Harry Stahl eine weitere Seite des Buchs aufgeschlagen, dessen Inhalt er nicht verstand. Er achtete auf die Stimmen und stellte schnell fest, dass sie nicht zu seinen Verfolgern gehörten. Es waren die Stimmen anderer Personen, die er zudem unterscheiden konnte.
Da sprach ein Mann – nein, es waren Männer. Aber damit hörten die Überraschungen nicht auf, denn jetzt vernahm er noch eine Stimme. Und das war die einer Frau.
Gut zu verstehen, weil sie sich deutlich von denen der Männer abhob.
Nur war das nicht alles, denn
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