1750 - Die Zeitmühle
war.
Besonders die Frau mit dem Kopftuch wollte nicht zugeben, dass sie verloren hatte. Sie sah so aus, als wollte sie einen erneuten Angriff starten, was sie dann auch tat und heiser aufschrie.
Harry hatte keine andere Wahl. Er musste sich Respekt verschaffen und ein Exempel statuieren. Mit bloßen Fäusten war diesen toten Personen nicht beizukommen, aber ein Mann wie er war auch bewaffnet.
Und das sogar mit zwei Waffen. In einer – der Luger – steckten normale Kugeln. In der zweiten aber, zu die ihm sein Freund John Sinclair geraten hatte, geweihte Silberkugeln. Harry hatte die Wahl der Waffen und entschied sich zunächst mal für sie mit den normalen Kugeln.
Er ließ die Frau kommen. Gelassen zog er die Luger. Er ging davon aus, dass er die Silberkugeln nicht brauchte, wenn er ihr ein Bleigeschoss in den Kopf jagte.
Die Frau kam. Auch wenn sie schwankte, fiel sie nicht zu Boden. Sie erinnerte an eine Hexe, dazu trug auch das Kopftuch mit bei, denn so hatte man früher den Kindern eine Hexe beschrieben, um sie in Angst zu versetzen.
Harry zielte, dann schoss er die Kugel in das Gesicht der Frau.
Er sah, wie der vordere Teil des Kopfes zerplatzte. Die Gestalt wurde nach hinten geschleudert. Sie ruderte noch mit den Armen, als suchte sie einen Halt. Den gab es jedoch nicht, und deshalb brach sie auf der Stelle zusammen. So schnell, als hätte man ihr die Füße weggetreten.
Sie blieb liegen. Sie war erledigt. Eine normale Bleikugel hatte ausgereicht. Irgendwie war Harry darüber froh. Seine Chancen standen gar nicht mal so schlecht.
Er ging zurück, weil er die anderen Gestalten beobachten wollte. Sie hatten zusehen müssen. Harry hoffte, dass es für sie so etwas wie ein Schock gewesen war, den er für andere Aktivitäten ausnutzen konnte. Er hätte gern gewusst, ob sich auch normale Menschen in dieser Siedlung aufhielten, aber die Zeit konnte er sich nicht nehmen. Er musste so schnell wie möglich weg – und er wollte wieder zurück in seine Zeit. Dabei dachte er an die Mühle, denn in ihr hatte alles seinen Ursprung gehabt.
Um die endgültig gestorbene Frau kümmerte sich niemand. Die Gestalten verständigten sich mithilfe von Handzeichen. Sie schienen ein eingespieltes Team zu sein, und sie schlichen näher.
Harry wich zurück. Er stellte sich nicht zum Kampf. Das konnte er später noch immer durchziehen. Zunächst musste er den Ort verlassen. Der Weg war kein Problem, ihn kannte er. Diesmal allerdings wusste er, dass er verfolgt werden würde. Die Mühle war und blieb wichtig. Für ihn war sie das Zentrum der Magie. Und sie musste doch zu manipulieren sein.
Auch wenn er nicht mehr der Allerjüngste war, auf seine Kondition konnte er sich verlassen. Ihm kam zugute, dass er hier nicht zu rennen brauchte, denn die Verfolger, die sich auf seine Fährte gesetzt hatten, taten es auch nicht.
Sie bildeten eine breite Reihe. Man konnte fast von einer Treibjagd sprechen.
Auf dem flachen Land war die Mühle gut zu sehen, auch wenn sie noch weit entfernt lag. Sie ragte in den grauen Himmel.
Stille umgab Harry Stahl. Für einen Moment dachte er daran, dass sich hier in den vergangenen hundert Jahren kaum etwas verändert hatte. Aber es wurde in seiner Zeit kein Torf mehr gestochen, das war vorbei.
Harry glaubte nicht daran, dass die Torfstecher auch lebende Tote waren. Sie nahmen ihr Leben, wie es kam, und sie hatten sich wahrscheinlich mit diesen anderen Geschöpfen arrangieren müssen.
Es war nicht leicht, auf dem Boden zu laufen. Immer wieder veränderte er seine Festigkeit. Manchmal lief Harry über einen normalen festen Untergrund, dann wieder über eine weiche Fläche, in der er ab und zu einsank.
Und er schaute sich immer wieder um.
Sie gaben nicht auf. Sie waren wie Roboter, die kein anderes Ziel kannten. Wie alles enden würde, wusste Harry selbst nicht, aber er setzte Hoffnung in diese Mühle. Sie stand unter dem Einfluss der Zeit. Möglicherweise war sie in der Lage, ihn wieder zurückzuspülen. Auch wusste er nicht, wie lange er aus seiner Wirklichkeit verschwunden war, denn es war nicht damit zu rechnen, dass die Zeit ihren normalen Rhythmus beibehalten hatte.
Er dachte in dieser Lage an seine Partnerin Dagmar Hansen. Bestimmt war sie längst über sein Verschwinden informiert worden und würde nun versuchen, etwas zu unternehmen, und war sicherlich schon in Wiesmoor eingetroffen.
Der Ort war so fern und auf der anderen Seite doch so nah. Er fragte sich, ob diese Siedlung, die er
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