1756 - Das Grauen hieß Elvira
etwas an ihr aufgefallen?« Er präzisierte seine Frage. »Gibt es irgendwas, was wichtig ist oder ungewöhnlich?«
»Ja und nein.« Ich musste lächeln. »Die Kleidung wirkte irgendwie altväterlich. Sie erinnert nicht an einen Engel, auch wenn sie sich als einen solchen ansah. Und von irgendwelchen Flügeln brauchen wir auch nicht zu sprechen.«
»Alles klar, John. Aber zu wem gehört sie?«
»Gute Frage, Suko. Beantworten kann ich sie dir nicht. Ich habe keine Ahnung, zu wem sie gehört, abgesehen von der anderen Seite. Aber da gibt es ja viele Möglichkeiten. Und ich kann noch von einem weiteren Rätsel sprechen. Das sind die ungewöhnlichen Schatten, die ich zu sehen bekam. Ich kann mit ihnen nichts anfangen, aber für Elvira Little scheinen sie sehr wichtig zu sein. Vielleicht sogar überlebenswichtig. Sie und die Schatten haben eine Einheit gebildet. Das jedenfalls habe ich so gesehen.«
»Okay. Dann können wir zum Yard fahren und uns an den Schreibtisch setzen und warten, bis etwas passiert.«
»So ähnlich«, erwiderte ich wütend.
Suko startete den Rover, während in mir der Frust immer weiter wuchs...
***
Es war alles toll gelaufen, und auch sie fühlte sich toll. So wie sie sahen Sieger aus. Sie hatte den Menschen ihre Macht und Stärke bewiesen und dass es auch noch besondere Weihnachtsengel gab, die dem Fest wirklich ein Glanzlicht aufsetzen konnten.
Sie hatte es mit dem brennenden Parkhaus getan. Es war auch für Elvira neu gewesen, aber plötzlich war es passiert. Da hatten sich die Schatten in Feuersäulen verwandelt und für einen irren Brand gesorgt, der so schnell nicht gelöscht werden konnte.
Sie war zufrieden – oder fast. Etwas störte Elvira Little schon. Sie wusste zu wenig über die Hintergründe. Dass sie praktisch zu einer anderen Person geworden war, obwohl sie noch immer gleich aussah, das war schon okay, aber wer waren die Schatten? Sie wusste von Seelen. Sie hatte von Engeln gehört und sie wollte die Seelen und die Engel in einen Zusammenhang bringen. Das fiel ihr nicht leicht. Eigentlich hatte sie sich nie über Engel Gedanken gemacht, über Seelen auch nicht. Und jetzt sollten beide eine Verbindung eingehen, die für sie wichtig war? Schwer zu glauben.
Und dann gab es noch ein zweites Problem, das sie als konkreter ansehen konnte. Es ging um den Mann, den sie auf dem Parkdeck gesehen hatte.
Er sah zwar normal aus, aber sie wusste genau, dass dem nicht so war. Dahinter steckte mehr. Sie hatte sogar eine Warnung vor ihm erlebt, und er hatte keine Furcht vor ihr gehabt. Auch das war etwas Besonderes. Wenn sie näher darüber nachdachte, kam sie zu dem Schluss, dass sie einen Feind hatte, der so leicht nicht aufgeben würde. Er kannte sie und deshalb würde er sie jagen.
Im Moment nicht. Da hatte er sicherlich zu viel mit anderen Dingen zu tun. Elvira musste sich nur umdrehen, um zu erkennen, was es war. Der Rauch konnte nicht übersehen werden, und immer noch heulten Sirenen. Es war ihr egal, ob die Flammen auf die anderen Etagen übergriffen, sie musste ihren Weg gehen, und zwar mit ihren Beschützern, auf die sie sich verlassen konnte.
Sie war dazu ausersehen, Panik zu verbreiten. Dieser Gedanke steckte plötzlich in ihrem Kopf. Ihr bisheriges Leben konnte sie vergessen. Jetzt gehorchte sie anderen Gesetzen.
Sie dachte auch an Rita Cromwell, die nicht mehr lebte. Ihr machte es nichts aus, obwohl diese Frau sie begleitet hatte und eine gute Freundin gewesen war. Sie beide waren als Engel unterwegs gewesen, um Geschenke zu bringen.
Als Engel sah sie sich auch jetzt noch an. Nur war sie jetzt ein besonderer Engel, ein Höllenengel.
Ihre Augen leuchteten, als sie daran dachte. Sie wollte nicht sagen, dass sie jemals davon geträumt hätte, ein Höllenengel zu sein, unsympathisch war ihr die Verwandlung jedoch nicht, denn so zu sein bedeutete auch Macht zu haben.
Sie ging in eine Seitenstraße. Weihnachtlich geschmückt war es eigentlich überall. Und wenn nur irgendeine komische Leuchtreklame in einem der Schaufenster hing.
Die Straße war mehr eine Gasse und recht eng. Aber es gab kleine Läden und Bars. Einige hatten sogar Tische vor die Türen gestellt und Wärmestrahler aufgebaut.
Das Menschliche war trotz allem noch in ihr vorhanden. Und so verspürte Elvira einen Drang nach Kaffee, der schon fast einer Sucht glich. Da kam ihr das kleine Lokal gerade recht. Zu ihm gehörte ein Stehtisch, der vor der Tür stand. Ein Wärmestrahler war auch vorhanden.
Aus der
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