1757 - Endstation Tod
besessen an den Gedanken, der ihm wie ein Blitz gekommen war.
„Sag es!" rief er in das Gesicht, das ihn umgab wie ein Firmament der Hölle. „Wenn Adams schon nicht greifbar ist, dann erklär du es mir!" Er brachte es nicht fertig, das Wort Vater zu gebrauchen; nicht für ihn. „Sag mir, wer du bist und was du von mir willst!"
Cynan Dows satanisches Lachen schien von allen Enden des Universums widerzuhallen, sich in der Mitte zu treffen, zu verdichten und wie ein ungeheurer Speer aus Licht und Hitze in Cyrns Gehirn zu schießen.
Du mußt endlich aufhören, dich zu sträuben, mein Sohn! hörte er dann. Öffne dich und stelle dich deiner Bestimmung! Alles, was du bist, bist du durch mich! Und alles, was ich bin, werde ich wieder durch dich sein. Du kannst nicht fliehen, Cyrn. Bekenne dich zu deiner ... zu unserer Zukunft. Sie wird groß sein!
„Wahnsinn!" keuchte Cyrn und bekam einen Hustenanfall. „Ich werde niemals ..."
Du wirst! Wir wären schon lange vereint, aber diese Sucht hat alles verzögert! Sie kann es aber nicht verhindern!
„Nein ..." Es war nur noch ein Wimmern.
Noch einmal blähte Cynans Gesicht sich auf, erfüllte jeden Winkel von Cyrns Bewußtsein.
DU wirst sehr bald anders denken, mein Sohn! Du hast meine Gene! Du bist so stark, wie ich es nie war - und ich habe Welten vernichtet. Eines Tages wirst du deine Mutter sehen und wissen, was sie mit ihr getan haben. Sie starb lange, bevor ich euch in der Retorte ...
Was?
„Red weiter!" keuchte Cyrn. Er wälzte sich auf der Liege, beide Hände gegen den Schädel gepreßt, die Augen so fest zugekniffen, daß es schmerzte. Was war das jetzt gewesen? „Wieso >euch Wen hast du noch erschaffen? Und ... welche Mutter? Jetzt kannst du antworten! Jetzt will dein Sohn mit dir sprechen! Komm her, Cynan! Komm endlich damit herüber!"
Aber das Phantom antwortete nicht mehr. Für einen Moment sah Cyrn ein anderes Gesicht, das einer Frau, nicht wirklich schön, aber wie magisch anziehend. Es erlosch mit dem anderen Bild.
Das Universum nahm seinen Platz wieder ein.
Der Anfall war vorüber.
Zurück blieb ein wimmerndes, einsames Bündel Mensch, das nicht wußte, wer und was es war, wo sein Platz in der Welt sein sollte. Das erlebt hatte, wie unbekannte, zerstörerische Kräfte aus ihm herausbrachen, und sich fragen mußte, ob er selbst ein Monstrum war.
In der Kabine zerplatzte ein Bildschirm. Eine Stichflamme schoß von der Decke in den Boden, und unwirklich erscheinende, blaue Flämmchen wanderten die Wände entlang, bis zu der Liege, auf der Cyrn Dow bebend lag.
Dann war es endgültig vorbei.
Cyrn fühlte sich unendlich leer und allein. Und dabei wußte er, daß beides ganz anders war.
*
Es war paradoxerweise dem Imprint und seiner Sucht zu verdanken beziehungsweise dem Entzug, der nie aufhören wollte: Früher hatte Cyrn Dow seiner inneren Anspannung bei solchen Erlebnissen dadurch Luft gemacht, daß - ohne seine Kontrolle und sein Wollen - ganze Anlagen in die Luft geflogen waren. An Bord der CHIMAIRA hatten in seiner Nähe SERUNS zu funktionieren aufgehört, kein Hyperfunk war mehr möglich gewesen. Und da hatte er noch keine Erscheinungen seines toten Vaters gehabt.
Auf dem Planeten Misoma-II aber, wohin er im Frühjahr 1217 zu Aufklärungszwecken versetzt worden war, da hatte ihn Cynan heimgesucht. Das Ergebnis waren Schutt und Asche gewesen.
Danach hatten sie ihn, zurück auf der Erde, in die Van-Bodem-Klinik gebracht, auf einer Philippineninsel, wo man mit den neuesten Erkenntnissen der unkonventionellen Para-Wissenschaft operierte. Adams hatte dafür gesorgt, daß Gunnar van Bodem sich Cyrns annahm, und keine Kosten für Heilung und die vielen Rehabilitationsversuche gescheut.
Van Bodem war ein geduldiger Zuhörer gewesen. Nie hatte es, als Cyrn über den Berg war, Tests gegeben, denen er nicht ausdrücklich zugestimmt hätte. Van Bodem hatte sich mehr Zeit für Cyrn genommen, als dieser erwarten konnte. Er hatte eine vage Vorstellung davon, was der Arzt für seine Dienste verlangte - Adams hatte aber alles bezahlt.
Auch die Klinikeinrichtung, die durch Cyrns reine Geisteskraft zerstört worden war.
Als er entlassen wurde, hatte Van Bodem Cyrn Dow klargemacht, daß alles, was er in seinen Anfällen, wenn ihm sein Vater erschien, von Cynan hörte und sah, nur das Produkt seines Unterbewußtseins war. Daß Cynan Dow in ihm ein Fundament dessen gelegt hatte, was er eines Tages von seinem Sohn erwartete. Ein Depot aus
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