1759 - Die Outlaws von Unith
Rhiad.
Jäh aus der Betrachtung ihres Imprint-Würfels aufgeschreckt, prallte die Akonin zurück. Der Würfel polterte zu Boden, rollte dem Fremden fast vor die Füße. Er achtete nicht darauf.
Ein Fermyyd? Natürlich. Dunkel entsann sie sich, als läge alles schon unendlich weit zurück. War er gekommen, die überzähligen Würfel zu holen, die den Männern von der BERKIA zugestanden hätten, jenen, die als erste versucht hatten, sich gewaltsam zu bereichern?
„Was willst du?" herrschte sie den Fermyyd an. Ihre Rechte tastete nach dem Thermostrahler.
Der ungebetene Besucher war schneller. Schmerzhaft schlug er ihre Hand zur Seite. Stomal Zystaan mußte an sich halten, um nicht aufzuschreien.
„Du hast viele Fermyyd getötet..."
„Ich?" Sie lachte dem Fremden ins Gesicht. „Ich kann mich nicht erinnern. Und wennschon ..."
„Gib mir die Kodes."
„Nein." Die Admiralin schüttelte den Kopf. „Nein. Lieber sterbe ich."
„Gib mir die Kodes!" Ganz nahe war ihr jetzt der riesige Raubtierschädel. Mit den mächtigen Hauern stieß der Fermyyd sie an.
Stomal quollen schier die Augen aus den Höhlen. Zum erstenmal in ihrem Leben spürte sie, wie Angst in ihr emporstieg.
Ohne länger zu zögern, ging sie zu dem grauen Tresor. Nacheinander schaltete sie die Sicherungsvorkehrungen ab, von denen man sich an Bord wahre Wunderdinge erzählte. Sie selbst hatte diese Gerüchte unter die Leute gebracht.
„Öffne endlich!" befahl der Fermyyd.
Ein letztes Mal zögerte die Admiralin. Dann ließ sie die Tür aufgleiten.
*
Grozzer erwachte von heftigen Schlägen ins Gesicht, die ihn aus einem seiner schönsten Träume rissen. Frei und leicht wie ein Vogel hatte er sich im lauen Abendwind über eine wunderschöne Welt tragen lassen ...
„Woher hast du das?" Wieder klatschte Scherckel ihm die flache Hand ins Gesicht. „Verdammt, Terraner, komm endlich zu dir!"
„Was?" stammelte Grozzer benommen. „Woher?"
„Das hier." Scherckel hielt ihm mehrere Schreibfolien unter die Nase. „Die Kodes!"
Grozzer reagierte immer noch schlaftrunken. Mit beiden Händen massierte er sich die Schläfen, dann stutzte er. „Der Fermyyd ...?"
„Was kümmert mich der Kerl." Anklagend verdrehte Scherckel die Augen. „Wenn ich mich nicht irre", er wedelte mit den Folien in der Luft herum, „sind das hier die Kodes der Fesselschaltungen.
Woher hast du sie?"
Abrupt fuhr Grozzer hoch.
„Ich habe keine Ahnung." Er zerrte dem Adjutanten die Blätter aus der Hand und überflog sie kurz. „Du hast recht", brachte er halb erstickt hervor. „Alle Schiffe sind verzeichnet. Aber - das kann nur der Ferm-Kommandant gewesen sein."
„Weshalb sollte ausgerechnet Ko-Yoo-Temm uns die Kodes geben? Aus reiner Nächstenliebe?"
„Was weiß ich?" Grozzer reagierte gereizt. Im nächsten Moment wandte er sich an den Syntron und fragte gezielt nach neuen Aktivitäten der Fermyyd.
Die Antwort war verblüffend einfach. Zwei weitere Kugelraumer, die NEETA und die BERKIA, wurden soeben von ihren Besatzungen evakuiert. Ko-Yoo-Temm holte sich die Schiffe als Ersatz, und diesmal würde ihm kein Fehler unterlaufen.
Eineinhalb Stunden später starteten beide Raumer mit ihrer neuen, nichthumanoiden Besatzung.
Die Ortungen zeigten, daß die Regenbogenschiffe nach wie vor im Orbit um Torresch verharrten.
„Sie warten immer noch", murmelte Scherckel. „Ich möchte wissen, worauf."
„Wir werden es erfahren, sobald die Zeit reif ist", meinte Grozzer. „Hilf mir lieber, bevor Stomal ihre Kodes zurückfordert."
436 Schiffe - auch die AKONIA war durch eine Fesselschaltung auf Gedeih und Verderb mit dem Schicksal der Admiralin verbunden. Unter normalen Umständen hätten die beiden Adjutanten keine Stunde benötigt, um alle Notizen aufzuarbeiten, doch was war wirklich normal? Müdigkeit und Euphorie wechselten einander ab, und manche Stunde dehnte sich endlos.
Der Kode hatte regelmäßig gewechselt. Außerdem gab es eine Kombination für jedes Schiff, die generell desaktivierte. Ähnlich dem Gegengift Anti-Tag, das in höherer Dosis ein für allemal immunisierend wirkte.
Mit jedem Raumer, den sie gemeinsam von der Fesselschaltung befreiten, fühlte Grozzer sich ein klein wenig glücklicher. Bis ihm auffiel, daß die Zeit knapp wurde. Von da an verdoppelten sie ihre Anstrengungen, und sie schafften das schier Unmögliche: Zehn Minuten vor Ablauf der 13-Stunden-Frist war das letzte Schiff befreit.
„Diesmal", Scherckel grinste breit, „haben wir
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