176 - Insel der Fledermäuse
mit dem Gesicht seitlich zu Boden.
Endlich erhob er sich und nickte den beiden Abenteurern erleichtert zu. »Ich habe sie gefühlt«, sagte er. »Die Neen Lobon sind noch hier. Sie haben sich lediglich weit ins Innere zurückgezogen, um dem Bösen auf dieser Insel zu entkommen.«
»Das freut mich.« Auch Aruula lächelte zufrieden.
Dieser Totenort strahlte viel Schönes und Positives aus.
Selten zuvor in ihrem Leben hatte sie sich so wohl gefühlt.
Wind kam auf. Eine sanfte Brise wehte ihnen entgegen.
Sie fuhr durch die Äste und zwischen die Pfähle der Neen Lobon.
»Sie reden!«, murmelte Yngve. Er war an den Rand des Heldenwaldes zurückgetreten und überblickte ihn voller Ehrfurcht.
In der Tat bekamen sie plötzlich eine Art Flüstern zu hören. Die »Sprache« ähnelte jener, in der Chaang die Ahnen geehrt hatte.
Aruula marschierte langsam die Pfähle ab. Jeder von ihnen erzählte seine eigene Geschichte. Manche flöteten leise und in hohen Tönen, andere gaben sich vollmundig und behäbig.
Sie wusste, dass die Geräusche durch die geschickt in den Wind gerichteten Löcher des Holzes erzeugt wurden.
Wahrscheinlich waren die Steher innen hohl und dienten als Resonanzkörper.
Aber war es denn nicht viel schöner, an die Existenz von Schutzheiligen zu glauben, die über ihren körperlichen Tod hinaus die Mooken bewachten? War eine Welt denn nicht öd und leer, wenn sie nur von Tatsachen bestimmt wurde?
Aruula seufzte, schloss die Augen und ließ die beruhigende Musik der Neen Lobon auf sich einwirken.
Dieser Ort machte sie glücklich.
Ein markerschütternder Schrei ertönte.
Als sich die Barbarin umdrehte, sah sie zwei Batangs, die den benommenen Yngve zwischen sich hatten und auf ihn einhieben.
Aruula fluchte. Wo waren die Viecher so plötzlich hergekommen?
Der Noorwejer wehrte sich mit ungezielten Schlägen gegen seine Gegner. Die Tiere hatten ihn ebenso überrascht wie die Barbarin.
Zwei weitere Tiere tauchten zwischen den Bäumen der Neen Lobon auf, kamen blitzschnell näher. Plötzlich sah Aruula nur noch Krallen. Messerscharfe, glänzende und wie von Wachs überzogene Fänge, die sich öffneten und schlossen.
Sie rollte sich zur Seite ab, hörte knapp neben sich das hässliche Geräusch langer Nägel, die über Felsgestein kratzten.
Weiter , feuerte sie sich an, in Bewegung bleiben!
Ein Hechtsprung über einen umgestürzten Baum brachte Aruula außer Reichweite des zweiten Tieres. Sie nahm sich die Zeit, sich nach Chaang umzublicken. Er hockte neben dem Pfahl eines Neen Lobon, hatte die Schultern eingezogen und zitterte mit geschlossenen Augen vor sich hin. Die Batangs kümmerten sich – vorerst – nicht um ihn.
Aruula zog das Schwert, bevor sie wieder auf die Beine kam.
Wo waren die Tiere hin? Sie flogen in fast vollkommener Lautlosigkeit.
Da! Ein Schatten fiel über sie…
Aruula duckte und drehte sich in einer fließenden Bewegung, riss zugleich das Langschwert nach oben. Der Batang raste mit unglaublicher Wucht dagegen, traf auf die Waffe, blieb in seinem Flug unbeeinflusst und ließ sich schließlich wieder nach oben tragen.
Aruula schüttelte die Hand aus. Sie war geprellt. Haut und Körper des Batang waren hart wie Stein!
Es blieb keine Zeit zum Nachdenken. Neuerlich ließ sie das Schwert durch die Luft pfeifen. Das andere Flugtier wich aus. Fingerlange Krallen fuhren auf sie zu, wollten ihr die Waffe aus der Hand reißen. Aruula griff mit der zweiten Hand an den Schaft. Nichts und niemand, so schwor sie sich mit grimmiger Wut, würde sie derart billig entwaffnen.
Der Batang klammerte sich fest, schlug mit stinkenden, von weißem Kot gesprenkelten Flügeln gegen ihren Griff an, traf Aruulas Gesicht und Schultern. Sie gab ein wenig nach und zerrte gleich darauf wieder mit aller Kraft nach unten. Der Flugvogel ließ sich irritieren, gab die Waffe für einen Moment frei. Aruula drehte die Klinge zwischen den Krallen und säbelte ungeachtet der heftigen Angriffe des Tieres so kräftig wie möglich hin und her.
Sie gab nicht nach, hielt das Schwert fest, trennte mehrere der messerscharfen Krallen ab. Der Batang fiepte, schmerzhaft hoch und laut, so laut, dass ihr die Trommelfelle zu explodieren drohten.
Endlich ließ der Vogel los, flatterte hektisch, schrie seinen Schmerz hinaus. Haken schlagend fuhr er in den Himmel, gefolgt von dem unverletzten Tier. Die abgeschlagenen Hornteile regneten unterdessen herab, fuhren neben Aruula in den Boden.
Atemlos sah sie sich um. Wo war
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