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176 - Insel der Fledermäuse

176 - Insel der Fledermäuse

Titel: 176 - Insel der Fledermäuse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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Yngve geblieben?
    Mit gesenktem Kopf hing er zwischen zwei weiteren Batangs. Tiefe, stark blutende Kratzer zeichneten seinen Rücken. Die unheimlichen Flugwesen starteten soeben schwerfällig vom Boden. Mit tollpatschig anmutenden Schritten brachten sie ihre Körper in Bewegung, verloren allmählich die Bodenhaftung, schwangen sich zwischen den Bäumen des Heldenwaldes in die Lüfte.
    »Merduu!«, rief Aruula. Mit weiten Schritten hetzte sie zwischen den Bäumen hindurch, den Tieren und ihrer menschlichen Last hinterher. Die Batangs taten sich schwer, mit ihrer Beute Höhe zu gewinnen. Aruula fühlte Zorn auf diese Bestien und Angst um ihren Begleiter. Die Mischung aus beiden ließ sie jegliche Vorsicht vergessen.
    Sie rannte dahin, verließ den Heldenwald, übersprang mehrere kleine Gewässer, stolperte durchs Unterholz, hieb mit einem Reflex im Vorbeilaufen eine grünlich schimmernde Schlange entzwei, wich dem Säurestrahl einer knallroten Pflanze aus – und kam schließlich inmitten eines Feldes betäubend duftender Blumen wieder zu sich. Völlig erschöpft blieb sie stehen.
    Die Batangs mussten nicht wie sie auf die Gegebenheiten des Geländes Rücksicht nehmen. Sie besaß nicht den Hauch einer Chance, den verfluchten Flugtieren nachzukommen.
    Aruula hielt den Atem an. Der Blumenduft verwirrte sie. Mit wenigen Blicken orientierte sie sich, bevor sie, ihrer eigenen Spur folgend, in den Heldenwald zurückkehrte. Schaudernd betrachtete sie die Schneise, die sie durch völlig uneinsichtiges Dschungelgebiet geschlagen hatte. Ein Wunder, dass sie noch lebte!
    »Chaang?«
    »Hier bin ich!«
    Der Junge kam herbeigelaufen. Es war ihm anzusehen, dass er sich am liebsten in ihre Arme geworfen hätte.
    Aber er bremste wenige Meter vor ihr ab und sagte steif:
    »Ich bin froh, dass du noch lebst.«
    »Auch Yngve lebt noch«, erwiderte sie, fast trotzig. »Er strampelte und wehrte sich gegen die Batangs.«
    »Vielleicht wollten sie ihn lebend.«
    »Damit würden wir ihnen mehr Intelligenz zugestehen, als sie verdienen.« Aruula schüttelte den Kopf. »Die Batangs sind Tiere. Möglicherweise gut dressiert, aber doch Tiere.«
    »Dressiert? Ich verstehe nicht.«
    »In den Ländern, die ich früher bereist habe, schufen und missbrauchten unheimliche Lebewesen ähnliche Flugtiere für ihre Zwecke.«
    »Aber die Batangs sind nicht geschaffen «, widersprach der Junge. »Ich erzählte dir doch, dass sie schon seit ewigen Zeiten auf Karimun leben und erst während der letzten Jahre so aggressiv geworden sind.«
    Aruula beharrte auf ihrer Meinung: »Dennoch glaube ich, dass jemand im Hintergrund seine Finger im Spiel hat.« Mehr sagte sie nicht. Ihre Instinkte schlugen an, so deutlich wie selten zuvor.
    »Du blutest aus den Ohren«, sagte Chaang.
    Sie fuhr sich über die Schläfen, spürte die dünne Spur langsam trocknenden Blutes. Zugleich setzten die Schmerzen und die körperliche Erschöpfung ein. Das Klingeln in den Ohren, die tiefen Kratzer über Hals und Schultern, mehrere Hautabschürfungen…
    »Wir sollten weiter gehen«, forderte sie von Chaang.
    »Wenn wir Yngve retten wollen, müssen wir das Versteck der Batangs so rasch wie möglich finden. Du führst mich jetzt auf schnellstem Weg zum Aypayat – verstanden?«
    Chaang nickte tapfer und marschierte vorne weg.
    Aruula folgte ihm. Mit Heilblättern versorgte sie während des Marsches ihre Wunden.
    Es tat ihr Leid, den Jungen so bedrängen zu müssen.
    Aber Yngve stand ein schreckliches Ende bevor, wenn sie nicht alles in ihrer Macht Stehende zu seiner Rettung unternahm.
    Als sie den Heldenwald verließen, lag er wieder ruhig da, wie eine Oase inmitten eines Landes im Chaos. Die Neen Lobon pfiffen fröhlich vor sich hin. Bunt gefiederte Vögel in den Baumkronen der Ahnenbäume schlossen sich mit lautstarkem Gezwitscher an.
    Aruula lächelte traurig. Für sie war der Zauber dahin.
    ***
    Als die Dämmerung einsetzte und sie der übliche überfallsartige Regenguss bis auf die Haut durchnässte, hasteten sie den
    Weg der Mütter
    entlang. Es waren dies in einen schmalen Felsgrat gehauene Stufen. Links und rechts davon, wo das Erdreich begann, blickten die Pfahlgesichter der Neen Lobon auf sie herab. Manche von ihnen von rötlichem Moos überwachsen, manche voll gelblicher Harztropfen, die gefrorenen Tränen ähnelten.
    Aruula hatte kaum Augen für diese Erinnerungen an die verstorbenen Heldinnen des Mooken-Stammes. Die Sorge um Yngve trieb sie weiter.
    Chaang huschte vor ihr

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