176 - Insel der Fledermäuse
wie möglich gemerkt.
Da hinein. Jetzt links, geradeaus, rechts. An den Kisten und verrotteten Stühlen vorbei, bei den Kotnestern unbekannter Flugtiere wiederum rechts abbiegen. Sechs Schritte die natürliche Felswand entlang, bis zu der Stahltüre.
Das schabende Geräusch hinter ihr wurde weder leiser noch lauter. Es schien durch ihre Schwertarbeit behindert zu sein, wollte aber die Jagd offenbar nicht aufgeben.
Ein Lichtschimmer – endlich! Aruula roch den miefigen Dampf des Dschungels, spürte die wachsende Luftfeuchtigkeit und die Hitze auf ihrem Körper.
Herrlich! Nie hätte sie gedacht, dass sie diesen Urwald vermissen würde…
Das Schleifen hinter ihr wurde leiser und verklang schließlich vollends. Ihr Feind hatte aufgegeben.
Entweder scheute er das Tageslicht, oder aber sein dumpfer Verstand sagte ihm, dass ihr Fleisch den ganzen Aufwand nicht wert wäre.
Aruula atmete tief durch, marschierte die letzten paar Schritte auf den Ausgang zu, trat ins Freie hinaus…
***
Yngve hieb mit dem Schwert zu. Die Klinge prellte vom Kopf des Wurmes ab, so fest, dass es in der Schlaghand schmerzte.
Immerhin hielt der Megsoliida inne, war offensichtlich verdutzt ob der Gegenwehr seines Opfers. Yngve nutzte den Moment, rappelte sich hoch, stach diesmal seitlich in den Rumpf, der mindestens einen Meter aus dem Erdwerk hervor reichte. Gelbliches, eitrig wirkendes Blut zischte aus dem Leib des Wurms, machte das Tier blind vor Zorn. Es ließ seinen schweren Körper nach vorne fallen wie einen Hammer, zerquetschte Äste und zertrümmerte einen kopfgroßen Stein. Mit einem hastigen Sprung wich Yngve aus.
Er hörte Chaangs Stimme. »Bewege dich möglichst leise!«, rief ihm der Mooke zu. »Die Megsoliida sind blind; sie reagieren auf Erschütterungen des Bodens.«
Das hätte der Junge schon früher sagen können!
Leise fluchend testete der Noorwejer eine Liane, ob sie sein Körpergewicht trug, schwang sich an ihr hoch, kletterte langsam und vorsichtig nach oben.
In einer Höhe von drei Körperlängen sah er sich um.
Da saß Chaang in einer Astgabel. Die Teilnahmslosigkeit in seinem Gesicht war der Angst gewichen. Er zitterte heftig.
Wo war Chabilay Tihm geblieben?
Weg natürlich. Irgendwo raschelte das Gebüsch.
Wahrscheinlich war er in Richtung des Strandes geflohen.
Der Wurm wütete nach wie vor unter ihnen. Immer weiter schob er sich aus dem Erdreich, wuchs zu einer Größe von drei Metern heran. Er richtete sich auf, hämmerte mit der Wucht seines Körpers gegen die Bäume. Er schien schwer verletzt, weigerte sich aber, seine letzte Schlacht einfach so aufzugeben.
Yngve schwang die Liane hin und her, bis er Chaangs Baum mit Händen erreichen konnte, und ließ sich schließlich in eine Astgabel gleiten. Er zwinkerte dem Jungen aufmunternd zu.
Ihr jahrhundertealter Baum war trotz der unglaublichen Wut des Wurms eine uneinnehmbare Bastion. Der Todeskampf des Megsoliida mochte noch einige Minuten andauern, bis er zur Gänze ausgeblutet war. Das Schlimmste, was nun noch passieren konnte, war…
Meerdu!
Aruula trat blinzelnd ins Freie, nur wenige Meter vom Wurm entfernt und sichtlich irritiert.
***
Das Licht, tausendfach reflektiert von Wassertropfen, die auf immergrünen Blättern hingen… es war plötzlich so grell. Der Wechsel von Dunkel zu Hell kam zu abrupt.
Aruula sah lediglich helle Sternchen und mehrere Schatten.
Ihr Instinkt rettete sie. Sie warf sich zur Seite, noch bevor sie Yngves Warnschrei hörte. Etwas schlug knapp neben ihrer Hüfte auf den Boden, bohrte sich mit vehementer Kraft ins Erdreich, tauchte einen Meter entfernt wieder hoch.
Die Barbarin rappelte sich auf. Allmählich passten sich ihre Augen wieder dem Tageslicht an. Ein wurmähnliches Geschöpf glitt neben ihr durch das Grün.
Aus der Flanke des Tieres pumpte Blut; offensichtlich Yngves Verdienst.
Der Erdboden unter ihr bebte. Sie wurde beiseite geworfen. Der Leib des Monsters kam nun zur Gänze zum Vorschein. Mindestens vier Körperlängen maß er!
Und er bewegte sich so unfassbar schnell…
»Bleib stehen!«, rief ihr Yngve zu. Er landete auf der anderen Seite jener kleinen Lichtung, die sich der Wurm durch seine Wühlarbeit geschaffen hatte. Ächzend kam er wieder auf die Beine, das Schwert weit vorgereckt.
Augenblicklich glitt das Erdwesen auf den Noorwejer zu, als hätte es ihn gehört. Es peitschte Schlamm, Blätter und Äste beiseite, ackerte durch den Boden und drehte sich dabei beständig um die eigene Achse. Da
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