1764 - Die Killerin
nichts ein. Der Fall, der mit der harmlosen Suche nach einer jungen Frau begonnen hatte, der hatte sich jetzt verselbstständigt. Sie konnte nicht mal ahnen, wie es weiterging.
»Und was will diese Olga von mir?«
»Ich will dich.«
»Wie?«
»Ja – dich.«
»Und weiter?«
»Das reicht doch, oder?«
Es reichte auch Jane, denn sie stellte keine weitere Frage. Es blieb in den folgenden Sekunden still. Jane spürte auf ihrem Rücken das Kribbeln. Im Mund wurde es leicht trocken, und sie hatte das Gefühl, auf einem schwammigen Untergrund zu hocken.
Von einem Moment zum anderen war das Auge verschwunden. Jane war wieder allein und dachte daran, was sie erlebt hatte. Es war kaum zu fassen. Wenn sie das jemandem erzählte, würde er nur den Kopf schütteln und ihr nichts glauben.
Aber das Gegenteil war der Fall. Sie stand auf der Liste. Es gab diese Killerin, auch wenn sie sie noch nicht selbst zu Gesicht bekommen hatte. Olga hieß sie.
Es war nicht schlecht, dass sie bereits einen Namen hatte. Damit konnte man etwas anfangen.
Jane überlegte, ob sie den Namen Olga durch eine Suchmaschine schicken sollte. Sie nahm davon Abstand und dachte dabei, dass es andere Menschen gab, die dies besser konnten, weil sie noch mehr Möglichkeiten hatten.
Telefone gab es genug im Haus. Auch hier oben unter dem Dach. Jane nahm den Apparat von der Station und wog ihn noch in der Hand. Ihr Blick schien weggleiten zu wollen, und je stärker sie nachdachte, umso mehr kamen ihr Zweifel.
Sie wusste nicht, wie John und Suko reagieren würden. Ob sie ihr glaubten und sich dann auf die Suche machten.
»Olga«, flüsterte sie vor sich hin. »Welch ein Name. Wo kommst du her? Aus dem Osten, oder hast du dir diesen Namen einfach nur ausgedacht?«
Sie hatte keine Ahnung, aber sie hoffte, dass sie jemanden finden würde, der Bescheid wusste.
Und so versuchte sie, John Sinclair oder Suko zu erreichen. Sie wollte beiden von dem erzählen, was ihr widerfahren war.
Keinen der beiden Männer erreichte sie. Dafür Glenda Perkins, die sich allerdings mit spitzen Bemerkungen, wie sie es sonst gern tat, zurückhielt.
»Oh, ich dachte, dass John und Suko da sind.«
»Nicht im Büro. Sie kümmern sich um Nancy Wilson und bringen sie in den Bereich der Zellen.«
»Sehr schön.«
»Und was gibt es bei dir?«, fragte Glenda.
»Das ist vielleicht eine Neuigkeit, die ich loswerden muss, es geht um eine Frau, die Olga heißt.«
»Ha, du meinst die Killerin?«
»Kennst du sie?« Jane Collins war schon leicht erstaunt.
»Ja, aber nicht wirklich. Man hat sie mir als Killerin avisiert.«
»Was heißt das?«
»Wir haben sie gesehen«, erklärte Glenda. »Du wirst es kaum glauben, aber sie hat eine eigene Internetseite. Dort konnten wir ihr dann zusehen.«
»Wobei?«
Glenda senkte die Stimme. »Bei ihrem Job, dem Töten.«
Jane schwieg. Mit einer derartigen Antwort hatte sie nicht gerechnet.
Sie wollte Einzelheiten wissen, und damit hielt Glenda nicht hinter dem Berg. Sie wies vor allen Dingen darauf hin, wie gnadenlos die Killerin war.
»Dann werde ich die Augen offen halten müssen«, sagte Jane. »Ich denke nicht, dass die andere Seite geblufft hat. Sie wird diese Olga schicken, und ich frage mich, wann sie es tun wird.«
»So schnell wie möglich.«
»Ja, das kann sein.«
»Dann solltest du dich darauf einstellen«, sagte Glenda. »Ich an deiner Stelle würde aus dem Haus verschwinden.«
»Und dann?«
»Bei uns bist du gut aufgehoben. Wir können dann gemeinsam überlegen, was wir unternehmen sollen.«
»Hört sich nicht schlecht an.«
»Gut, dann erwarte ich dich. Mal im Vertrauen gesagt, Jane, auch wir treten auf der Stelle. Es gibt keinen bei uns, der noch groß jubelt.«
»Alles klar. Bis später.« Jane Collins war über das Angebot, das ihr gemacht worden war, froh. Sie war keine unbedingt ängstliche Person, sondern jemand, der mitten durch das Höllenfeuer ging, wenn es sein musste, in diesem Fall fühlte sie sich jedoch wohler, wenn sie unter Freunden war.
Die Detektivin hatte keine Ahnung von dem, was die andere Seite vorhatte. Sie wusste nur, dass man auch ihr eine Rolle zugedacht hatte, und das passte ihr nicht. Wenn sie in diesem Spiel mitmischte, dann nach den Regeln, die sie selbst bestimmte, und nicht nach welchen, die man ihr aufdrängte.
Hier oben unter dem Dach hatte sie nichts mehr verloren. Ihr eigentlicher Lebensraum lag eine Etage tiefer. Dort gab es zwei Zimmer und ein Bad, und noch ein Stockwerk tiefer
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