1764 - Jagd nach dem Glück
Hyperfunkanlage.
Falls diese den Absturz überstanden hatte. Dinah gab sich erst gar keine Mühe, die Chancen dafür zu überschlagen. Sie hatte sich nie mit solchen Spielereien aufgehalten, sondern immer direkt das Ergebnis gesucht.
Und auch jetzt hatte sie Glück!
Die Hyperfunkanlage war zu siebzig Prozent heil geblieben. Dinah machte den Blues im stillen ein Kompliment für ihre Schiffbaukunst, denn ohne eine fast geniale Isolierung wären die Anlagen, die sie brauchte, ganz bestimmt ruiniert worden. Der Syntron teilte zwar mit, daß die Funkanlage in wesentlichen Bereichen irreparabel zerstört sei, daß aber der Empfang von Hyperfunksprüchen ohne weiteres möglich sei.
Dinah Jondo schrak zusammen.
Sie fluchte hemmungslos, als die Syntronik ihre Auskunft nicht nur bestätigte, sondern präzisierte.
Über die Hyperfunkanlage der YZZLAZZ konnten hereinkommende Sprüche empfangen werden, aber sie konnte nicht mehr selbst funken. Es war mit den zur Verfügung stehenden Bordmitteln nicht möglich, daran etwas zu ändern. Die YZZLAZZ hatte ihre Ohren behalten - aber sie besaß keine Stimme mehr.
Dinah lehnte sich im Sessel zurück, kreidebleich, leicht zitternd, den Blick ins Nichts gerichtet.
Aus!
Sie hatte dieses Wort nie akzeptiert, und selbst jetzt dachte sie nicht ans Aufgeben. Ihre große Hoffnung hatte sich von einem Moment auf den anderen zerschlagen, nachdem alles so hervorragend für sie gelaufen war. Ein Hyperfunkspruch ins All, ein Notruf an alle Schiffe in Reichweite, in dem sie den Rettern sämtliche Tauschwaren der YZZLAZZ versprechen würde - was sie natürlich nie eingehalten hätte.
„Verdammt!" fluchte sie. „Aber mir wird etwas anderes einfallen, verlaßt euch darauf ..."
In diesem Moment meldete der Syntron den Empfang eines ungewöhnlich starken Hyperfunkspruchs, der an alle Galaktiker gerichtet war.
Dinah Jondo wollte ihn hören. Vielleicht erhielt sie schon jetzt einen Wink des Schicksals.
Vielleicht? Natürlich! Es mußte so sein. Immer hatte sie alles bekommen, und nun würde sie auch ein neues Raumschiff bekommen, und ...
Der Spruch schlug wie der Blitz in ihre vom Entzug verwirrten Gedanken ein.
„Kommt alle zu unseren neuen Basaren, die wir eigens für euch errichtet haben. Ihr findet sie ..."
Dinah Jondo stockte der Atem. Plötzlich spürte sie ihr Herz schneller klopfen. Die Schmerzen im Kopf schienen zu explodieren, während der unbekannte Sprecher die Containerwelten der acht Oktanten aufzählte.
„Kommt und bringt eure Tauschwaren mit. Wir versprechen euch, daß Imprint-Waren für alle da sind. Die Zeit des Wartens ist damit vorüber ..."
Sie stand langsam auf und ging aus dem Kontrollraum, blind für die Umgebung und doch sicher wie eine Schlafwandlerin.
Sie hatte begriffen. Sie war sofort im Bilde gewesen und malte sich aus, was nun, von diesem Augenblick an, in Hirdobaan los sein würde.
Jeder, der dazu in der Lage war, würde sofort Kurs auf die Containerwelten nehmen und sich bedienen. Ein unvergleichliches Chaos würde losbrechen, wohl schlimmer als alles, was durch die Galaktiker bisher schon in Hirdobaan angerichtet worden war.
Und sie, Dinah Jondo, würde beim großen Verteilen nicht dabeisein. Kein anderes Schiff würde rechtzeitig auftauchen und ganz zufällig genau bei ihr landen. Kein Retter wartete darauf, ausgerechnet sie zu finden und mit Imprint-Waren nur so zu überhäufen, gegen alle ihre Schätze, die den jetzt Toten gehört hatten.
Sie verließ das Schiff, ohne es überhaupt wahrzunehmen. Draußen brach mittlerweile der Morgen an. Dicker Nebel lag über der Lichtung und quoll aus dem Dschungel. Die Luft war kaum zu atmen, doch dafür hatte sie ihren SERUN. Dessen Systeme konnten durch Infrarot- und ähnliche Systeme zwar auch den Nebel durchdringen, doch nur bis zu einer gewissen Grenze.
Dinah Jondo hatte nie etwas von einem Raumschiff SPECTOR gehört, geschweige denn vom Schicksal seiner Besatzung - dies war schon allein aufgrund der Zeitgleichheit der ablaufenden Ereignisse nicht möglich.
Sie konnte also nicht ahnen, wie sehr sich ihre Tragödien ähnelten.
Es hätte ihr auch keinen Trost mehr gespendet.
Sie hatte davon phantasiert, beinahe ewig zu leben. Nun stellte sie fest, daß die Energieversorgung ihres SERUNS nicht bis in diese Ewigkeit hinein funktionierte.
Eigentlich konnte sie ihn schon jetzt vergessen.
Dinah Jondo war immer eine konsequente Frau gewesen.
Sie zog den Schutzanzug aus und wartete...
*
Es
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