1769 - Wenn Tote wieder da sind...
zweite Tote!
Für mich war es ein Rätsel, für die anderen Gäste auch, aber sie wagten nichts zu sagen und zu unternehmen. Das sah bei mir anders aus. Ich wollte dem Phänomen auf den Grund gehen, wie ich es schon mal getan hatte. Und dazu würde ich das Kreuz einsetzen.
Zuerst schaute ich mir den Mann an. Er war hier bekannt und als Buckel-Tom bezeichnet worden. Einen Buckel sah ich nicht, weil er auf dem Rücken lag. Ich warf einen Blick in das Gesicht, dessen Ausdruck noch vorhanden war. Der Tote sah aus, als wäre er dabei, sich noch im Tod anzustrengen. Seine Lippen waren zusammengepresst.
Der Boden des Pubs bestand aus Holz. In dicken Bohlen lag es nebeneinander, aber es gab keine Risse oder Spalten. Ich bückte mich und versuchte, einen besseren Blick zu bekommen. Noch hatte ich mein Kreuz nicht hervorgeholt, ich wollte sehen, ob ich auch so an diese Leiche herankam.
Es war nicht möglich. Zwischen mir und dem Toten lagen noch immer die Bohlen. Aber ich holte das Kreuz hervor, dessen Wärme sich auf meinem Handteller ausbreitete.
Also doch...
An der Haltestelle hatte ich den Körper berühren können. Das war hier nicht möglich, es gab einen zu großen Widerstand. Aber ich erlebte trotzdem eine Reaktion.
Der sich im Boden abzeichnende Tote musste die Nähe des Kreuzes gespürt haben, denn plötzlich zog er sich zurück. Er verschwand tatsächlich vor meinen Augen. Er löste sich quasi etappenweise auf, und für mich sah es aus, als wollte er wieder in der Tiefe verschwinden.
Glenda Perkins, die neben mir stand, legte mir eine Hand auf die Schulter, als ich mich aufrichtete.
»Und? Hast du dafür eine Erklärung?«
»Keine wirkliche. Aber er scheint Angst gehabt zu haben, das denke ich mir.«
»Ja, richtig, aber wovor?«
»Es kann mein Kreuz gewesen sein. Er hat es gespürt.«
»Als Toter?«
»Wie auch immer, ich habe keine andere Erklärung. Vielleicht die Gäste hier und der Wirt.«
»Ja, das kannst du versuchen.«
Ich atmete erst mal tief durch. Dabei ließ ich meinen Gedanken freien Lauf. Schon wieder war jemand aus der Tiefe in die Höhe gestiegen. Ein Toter, ein Mensch, der nicht mehr lebte und der eigentlich auf den Friedhof gehörte.
Das traf nicht zu. Er kam plötzlich an einer anderen Stelle wieder hoch, sodass ich mir die Frage stellte, ob er hier auch gestorben oder begraben worden war. Das konnte ich mir nicht vorstellen. Gestorben eher als begraben.
Ich drehte mich um, sodass ich die Gäste anschauen konnte, die hier noch immer standen wie Statisten, die von einem Regisseur aufgestellt worden waren.
Es war ein Name gefallen, den ich nicht vergessen hatte. Buckel-Tom. Ich wollte es noch mal genau wissen und ging auf den Wirt zu, der mich aus großen Augen anstarrte.
Ich nickte ihm zu, bevor ich eine Frage stellte. »Sie haben ihn auch gekannt, nicht?«
»Ja, ja...«
»Wie auch Gino Parazzi?«
»Das stimmt.«
»Sehr gut, Meister. Was können Sie uns über die Männer sagen?«
»Nicht viel, ehrlich nicht.« Er breitete die Arme aus. »Sie waren hier Gäste, das ist alles.«
»Schon begriffen. Und wo starben die beiden?«
Der Wirt schüttelte den Kopf. »Da kann ich Ihnen nur teilweise eine Antwort geben.«
»Tun Sie es.«
»Buckel-Tom starb hier in meinem Pub. Hier hat es ihn erwischt.«
»Und wie starb er?«
»Er war völlig blau. Er hat gesoffen und gesoffen, und dann ist er umgefallen. Er blieb liegen. Wir dachten, er würde seinen Rausch ausschlafen. War wohl ein Irrtum. Buckel-Tom war tot. Er muss einen Herzschlag bekommen haben. So schnell kann das manchmal gehen.«
»Ja«, sagte ich, »man steckt nicht drin. Aber wieso ist er jetzt wieder aufgetaucht?«
»Das weiß ich auch nicht. Das ist mir unheimlich.«
Dem Wirt war das sogar zu glauben. Da musste ich nur in sein schweißfeuchtes Gesicht schauen.
»Und Gino Parazzi?«
»Ja, der hat auch hier verkehrt.«
»Aber er starb nicht hier?«
Der Wirt nickte. »So ist es. Wir haben von seinem Tod gehört, das ist alles.«
»Er wurde ermordet«, sagte ich.
»Ja, wir hörten davon.«
»Können Sie sich vorstellen, wer ihn getötet hat?«
»Nein, ganz und gar nicht.«
»Sie wissen aber, womit er sein Geld verdient hat?«
»Nicht wirklich.«
»Er war ein Dealer.«
Der Wirt hob beide Hände und ging bis zum Regal an der Wand hinter ihm zurück. »Damit habe ich nichts zu tun«, erklärte er. »Hier nehmen die Leute ihren Drink, und damit hat es sich. Ansonsten ist bei mir alles sauber.«
»Gut, das glaube
Weitere Kostenlose Bücher