1774 - Ranjas Rudel
da und war völlig steif.
Die anderen Tiere hatten sich auch auf die Vorderpfoten erhoben und schauten ihrem Artgenossen zu.
Wie auch Ranja, die sich gelassen gab. Sie lächelte und nach einer Weile sagte sie: »Es ist so, dass sich meine Freunde auf Mitternacht freuen. Dann werden sie das Licht des Vollmonds besonders genießen können und dann sind sie unterwegs, um sich das Blut zu holen. Sie gehen auf Menschenjagd. Verstehst du?«
Ja, er hatte verstanden, nur gab er keine Antwort. Dazu war er einfach nicht in der Lage. Er wagte auch kaum, Luft zu holen. Er wollte nichts falsch machen, was den Wolf dazu animierte, zuzubeißen.
Allerdings fragte er sich, wie lange er noch Zeit hatte, bis die Tageswende erreicht war. Er wollte auf die Uhr schauen, doch dann hätte er sich bewegen müssen, und genau das wollte er nicht.
Ranja meldete sich wieder. »Hast du alles verstanden?«
»Ja«, gab er keuchend zurück. »Das habe ich. Alles verstanden. Aber nicht begriffen.«
»Keine Sorge, das wirst du noch.«
»Ist gut.«
Ranja stieß einen leisen Pfiff aus. Genau darauf schien der Wolf gewartet zu haben. Noch einmal stemmte er sich gegen die Knie. Er brauchte den Druck, um sich abstützen zu können. Mit einem lässigen Sprung landete er bei seinen Artgenossen.
Toby Bell fühlte sich erleichtert, aber kaum besser. Er hockte auf seinem Platz und die Kleidung klebte an seinem Körper. Sein Gesicht sah aus, als wäre es mit Öl eingerieben worden. Auch die Lippen schimmerten so. Den Mund hielt Toby leicht offen, damit er durch ihn Luft holen konnte.
Die vier Wölfe verhielten sich ruhig. Sie schienen ihrer Herrin aufs Wort zu gehorchen, und dass sie für sie töten würden, davon ging Bell aus.
»Na, wieder erholt?«
»Nein.«
»War doch nicht so schlimm.«
»Für Sie vielleicht nicht«, flüsterte er, »aber für mich ist das völlig neu.«
»Klar.«
»Und was haben Sie gesagt? Mitternacht ist für die Tiere so wichtig?«
»Das kann ich unterstreichen.«
»Aber warum denn?«
»Weil sie keine normalen Wölfe sind, sondern eine ganz bestimmte Rasse.«
Toby Bell schloss die Augen. Nein, nicht schon wieder, dachte er. Er konnte es nicht glauben. Jetzt ärgerte er sich darüber, dass er gefragt und das Thema wieder angesprochen hatte.
»Bitte nicht, nicht noch mal.«
»Du hast mich gefragt.«
»Das weiß ich. Entschuldigen Sie. Aber ich kann mit Werwölfen und Vampiren nichts anfangen.«
»Das solltest du aber, ich finde, dass du umdenken musst.«
»Ich will es nicht.«
»Dann wird es bis zu deinem Tod ein Problem für dich bleiben, mein Freund.«
»Das kann sein, aber es reicht mir.« Er hatte wieder Mut gefasst und sagte: »Außerdem will ich nicht hier bleiben. Ich will weg von Ihnen und den Wölfen, in ein anderes Abteil.«
»He, Wünsche hast du auch?«
»Ja, die habe ich.«
»Aber die kann ich dir nicht erfüllen.«
»Warum nicht?«
»Weil meine vierbeinigen Freunde strikt dagegen sind.«
»Aha, das wissen Sie?«
»Klar.«
»Und woher?«
»Weil ich mit ihnen kommuniziere. Ob du es nun glaubst oder nicht. Es ist die Wahrheit.«
Toby Bell war verunsichert. Nur wollte er auf keinen Fall in diesem Abteil bleiben, deshalb fasste er sich ein Herz und stand einfach auf. Man ließ ihn gewähren, aber er hörte auch die Frage der Frau.
»Und nun?«
»Werde ich mich umdrehen, meinen Trolley nehmen, die Tür öffnen und das Abteil verlassen.«
»Hm. Wirklich?«
»Ja, verflucht.«
»Dann versuche es.«
Toby Bell war überrascht, dass man ihn so einfach gehen lassen wollte. Er traute dem Braten nicht. Warum plötzlich die Veränderung? Wollte man ihn reinlegen?
Er nickte, streckte die Hand nach seinem Trolley aus und sagte: »Ich – ich – gehe jetzt...«
»Gern.«
In diesem Augenblick wurde die Abteiltür von der anderen Seite aufgezogen. So plötzlich und so heftig, dass selbst die Frau zusammenzuckte.
Der Schaffner stand plötzlich im Abteil, und Toby Bell ging einen Schritt zurück, um ihm Platz zu machen.
Aber der Mann ging nicht vor. Er blieb stehen und sah an Bell vorbei.
Da er nicht blind war, musste er die vier Tiere auf dem Boden sehen. Er schluckte, es wurde plötzlich still, und trotzdem lag eine gewisse Spannung in der Luft.
Der Schaffner war ein kräftiger Mann mit einem Kinnbart. »Bilde ich mir das ein, oder sind das da auf dem Boden Hunde?«
»Das bilden Sie sich nicht ein. Aber es sind auch keine Hunde, sondern Wölfe.«
Jetzt war es heraus, und Toby Bell war
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