1774 - Ranjas Rudel
ein Nachtsichtgerät. Ich denke, dass Sie es brauchen können – oder nicht?«
»Doch – ja...«, murmelte ich, noch immer überrascht.
»Dann behalten Sie es.«
Das Glas wurde mir in die Hand gedrückt, dann sah ich ein Nicken und bekam einen Schlag gegen den Rücken.
»Passen Sie auf sich auf. Auf Ihr Gepäck werde ich ein Auge haben. Es flog zwar durch das Abteil, aber es hat keinen Schaden erlitten.«
»Danke«, sagte ich nur.
Dann war ich weg!
***
Es war ein knapper Sprung gewesen. Ich landete auf Schotter und war froh, dass bei mir nichts umknickte. Dann ging ich weiter und verließ den Gleiskörper, der etwas höher lag.
Ich rutschte den Hang nicht hinab, sondern blieb auf ihm stehen und suchte mit den Augen die vor mir liegende Gegend ab.
Da gab es nicht viel zu sehen. Es war einfach nur finster. Am Himmel zeigte sich auch kein Mond. Und ich musste mich an die Verfolgung machen, was nicht leicht werden würde. Aber ich wollte endlich wissen, wer diese Frau war und was sie dazu trieb, mit Wölfen in einem Zug zu reisen.
Ich entfernte mich ein paar Meter vom Gleiskörper, weil ich nicht durch die Stimmen abgelenkt werden wollte. Dann hielt ich wieder an, um auszuprobieren, ob mich Kate Milton wirklich mit einem Nachtglas versorgt hatte. Genau das hatte sie. Es war zwar ein älteres Schätzchen, aber es tat seine Pflicht.
Vor mir hellte sich die Dunkelheit auf. Ich sah die Umgebung zwar nicht in Farbe, dafür aber gut getrennt und leicht rötlich. Bäume, aber kein Wald, auch einen kleinen See sah ich nicht weit entfernt. Das Ufer wurde von Büschen umgeben, dann fiel mir ein langer Hang auf und in der Ferne zeichneten sich die Umrisse einiger Berge ab, die nicht besonders hoch waren.
Die Gegend kannte ich zwar nicht, ich wusste aber, dass wir uns zwischen Dundee und Edinburgh befanden.
Damit konnte ich nicht viel anfangen. Wichtiger waren die örtlichen Gegebenheiten und da sah es nicht gut aus. Viel Landschaft. Keine Bewegungen, keine Menschen. Auch keine Lichter in der Nähe. Wir waren so ziemlich allein.
Wieder hob ich das Glas an und drückte es gegen meine Augen. Ich wollte etwas finden und drehte es ein wenig nach rechts.
Zunächst entdeckte ich nichts, gab aber nicht auf, und da sah ich plötzlich den Weg, der im Licht des Tages sicherlich besser zu erkennen gewesen wäre. In der Dunkelheit musste man schon Glück haben, um ihn zu sehen.
Einige Meter weit bewegte ich mich noch durch das Gelände, dann hatte ich den Weg erreicht, der in Wirklichkeit keiner war, sondern nur so etwas wie ein Trampelpfad.
Das Nachtglas tat zwar seinen Dienst, aber weiter brachte es mich auch nicht. Ohne seine Hilfe suchte ich auf dem Weg nach Spuren, fand aber keine.
Ich hoffte nur, dass ich hier nicht das Falsche tat und einem Phantom nachging, während die andere Seite den Zug gar nicht verlassen hatte und sich jetzt in einem anderen Wagen aufhielt. Das war alles möglich, und der Gedanke stimmte mich nicht eben fröhlich.
Waren es normale Wölfe oder tatsächlich Werwölfe? Ich kannte die Antwort nicht und würde sie mir erst noch holen müssen, was nicht einfach war.
Als ich sah, dass sich das Gelände leicht senkte und dort, wo es aufhörte, das Wasser eines kleinen Sees schimmerte, dachte ich darüber nach, ob ich hinlaufen oder die Verfolgung aufgeben sollte.
Noch trat ich den Rückweg nicht an, sondern blieb stehen und schaute wieder durch das Nachtglas nach vorn.
Das Gewässer rückte näher. Besonders seine Uferregion und dort sah ich auch die kleine Hütte stehen, die man als ideales Versteck bezeichnen konnte, denn sie wurde durch höhere Gewächse geschützt.
War das auch das Ziel der Frau mit den Wölfen gewesen?
Ich hatte keine Ahnung. Zudem waren sie von mir noch nicht gesehen worden, so konnte ich noch länger raten, ob ich mich auf dem richtigen Weg befand.
Das änderte sich. Es war wirklich Zufall, dass ich wieder stehen blieb und das Glas gegen meine Augen drückte. Es folgte der Blick zum Gewässer hin, und zum ersten Mal entdeckte ich dort eine Bewegung. Es war kein Mensch, der sich dort aufhielt. Ich sah einen schnell laufenden Schatten, ungefähr so groß wie ein Hund, doch ich wusste selbst, dass es kein Hund war.
Als doch, ich hatte sie entdeckt. Zumindest einen von ihnen. Dort am Ufer hatte sich ein Wolf bewegt, daran gab es für mich keinen Zweifel.
Und wo steckten die anderen Tiere?
Ich hatte natürlich keine Ahnung. Dennoch war ich froh, dass ich wusste, wo ich
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