1774 - Ranjas Rudel
durchatmen konnten.
Die Umgebung hatte sich verändert. Es war zwar Nacht, aber sie war trotzdem etwas heller geworden. Das lag an der runden Mondscheibe, die jetzt völlig frei lag, als wollte sie uns damit einen Gefallen tun.
Das Licht war nur schwach, aber es reichte aus, um der Oberfläche des Sees einen silbrigen Glanz zu verleihen und auch die Uferregionen übersichtlicher zu machen.
Und da war etwas zu sehen. Auf dem Hinweg war es uns nicht aufgefallen. Kate Milton deutete mit der Hand nach vorn.
»Was ist das denn?«, fragte sie.
Genau zu erkennen war es nicht. Man konnte von etwas Kompaktem am Ufer sprechen, und ich dachte daran, dass ich noch immer das Fernglas bei mir trug. Ich hatte es eingesteckt, ohne es allerdings richtig registriert zu haben.
Das änderte sich jetzt, ich holte das Glas hervor und setzte es an.
Mein Blick war klar, er wurde noch klarer, und dann atmete ich erfreut auf. Ich hatte erkannt, was sich am Ufer befand. Es war eckig, recht groß und setzte sich aus mehreren Teilen zusammen.
»Und?«, fragte Kate.
Ich lachte leise. »Sie werden es nicht glauben, aber dort vorn parken Wohnwagen oder auch Wohnmobile. So genau kann ich das nicht erkennen.«
»Und sonst?«, flüsterte sie hastig.
»Nichts zu sehen.«
»Auch keine Bewegung?«
»So ist es.«
»Und was machen wir?«
»Das liegt auf der Hand. Wir werden uns die Fahrzeuge mal aus der Nähe anschauen. Kann durchaus sein, dass wir eines finden, das uns von hier wegbringt.«
»Das ist Diebstahl.«
»Nein, Kate, nur so etwas Ähnliches wie Mundraub. Wir müssen schließlich von hier wegkommen. Außerdem werde ich die Dinge später schon regeln.«
»Okay.«
Wir sprachen beide nicht von unseren Gegnern. Ich war allerdings sicher, dass auch Kate daran dachte. Meine Gedanken drehten sich jedenfalls um die Werwölfin und ihre Helfer.
Ich hatte die Führung übernommen. Wir hielten uns dicht am Ufer auf und lauschten dem Klatschen der Wellen, wenn sie ausliefen. Ansonsten hörten wir nichts.
Ich ging davon aus, dass dieser Kampf noch nicht beendet war. Eine Werwölfin wie Ranja konnte es sich nicht leisten, dass sie uns als Zeugen zurückließ.
Schon bald hatten wir den ersten Wagen erreicht und konnten mit den Handflächen dagegen schlagen, was wir allerdings nicht taten. Wir hatten uns bisher recht leise verhalten, und das sollte auch so bleiben.
Wir befanden uns tatsächlich auf einem kleinen Campingplatz direkt am Seeufer. Die Wohnwagen, die hier abgestellt worden waren, waren von unterschiedlicher Größe. Die Wagen interessierten uns weniger. Ich hielt nach einem Wohnmobil Ausschau, das wir aufbrechen konnten, um den Motor kurzzuschließen. Bei älteren Modellen war das noch möglich. Danach konnten wir endlich fahren.
»Können Sie so einen Wagen in Gang bringen?«, wurde ich gefragt.
»Keine Ahnung. Ich werde es zumindest versuchen.«
»Dann lassen Sie es mich besser machen.«
Ich war erstaunt. »Wieso das?«
»Mein verstorbener Mann hat während seines Berufslebens mit Autos zu tun gehabt. Er war Sachverständiger bei einer Versicherung. Da hat er mir mal in einer stillen Stunde so einige Tricks beigebracht, die ich bis heute nicht vergessen habe. Dazu gehört auch das Kurzschließen eines Motors.«
»Na, wenn das kein Glück ist.«
»Ich muss ja auch etwas dazu beitragen.«
»Wir werden sehen.«
Bisher hatten wir nur Wohnwagen gesehen. Die Suche gaben wir trotzdem nicht auf – und hatten tatsächlich Glück. Am Ende der Reihe stand ein Wohnmobil.
Ich nickte Kate Milton zu. »Ich werde es aufbrechen, und dann sind Sie an der Reihe.«
»Ich kann Ihnen auch hierbei helfen.«
»Nein, nein, das versuche ich und werde...« Ich stoppte mitten im Satz, denn an meine Ohren war ein fremdes Geräusch gedrungen, das ich nicht identifizieren konnte. Sofort trat ich einige Schritte zur Seite.
»Was haben Sie?«, fragte Kate.
»Sie sind da!«
»Was? Und wo?«
»Keine Ahnung. Ich habe sie auch nicht gesehen, sondern nur gehört. Ein fremdes Geräusch in der Stille...«
»Sorry, ist mir nicht aufgefallen.«
»Es war auch nicht zu laut. Es hat mich nur misstrauisch gemacht. Wir sollten beide die Augen weit offen halten.«
»Dann werden wir den Wagen noch nicht entern?«
Ich schüttelte den Kopf, zog meine Beretta und drückte mich mit dem Rücken gegen die Außenwand des Wohnmobils. Ab jetzt hieß es abwarten.
Auch Kate hatte sich so hingestellt wie ich, nur nicht neben mir, sondern mir gegenüber. Da stand
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