1786 - Das Reparaturgehirn
sondern wir müssen ihn nur besser informieren."
„Das geht nicht. Bis du ihm alles haarklein beschrieben hast, sterben wir an Unterernährung."
„Ich werde es mit dem SERUN machen, Lena."
„Unmöglich! Die Pikosyns funktionieren nicht."
„Manches läuft auch ohne Syntron." Er verzog das Narbengesicht zu einem Grinsen. „In der guten alten Zeit, als es noch keine SERUNS und keine Syntrons gab, da haben wir die meisten Schaltvorgänge von Hand erledigt. Und sag nichts: Es hat funktioniert."
Tekener trennte den Helm vom Rest seines Anzugs, kehrte das flexible Innere nach außen und demontierte mit wenigen Griffen die winzigkleine Kamera. Er verband die Line-Out-Schaltung mit seinem Funkgerät - und bereitete sich darauf vor, mit dem Provisorium auf Sendung zu gehen.
Normalerweise hätte der Pikosyn eine solche Schaltung innerhalb des Anzugs hergestellt, ohne daß etwas umgestöpselt werden mußte. Wenn man sich mit der Technik auskannte, dann wurde das eine oder andere allerdings auch ohne Computerunterstützung möglich.
„Tolotos", sprach er über Funk. „Wie ist die Verbindung?"
„Ausgezeichnet. Hier oben alles ruhig. Wir nehmen immer noch RobRepair auseinander. Atlan steht nach wie vor beim Erzähler, und Dao-Lin befürchtet das Schlimmste. - Und bei euch, Tek? Besondere Vorkommnisse?"
„Ja. Wir haben eine weitere Matrixhalle gefunden. Paß auf, ich erkläre dir erst einmal, wie es dazu gekommen ist, und dann schicke ich dir per Telekom die Bilder. Ist dein Kampfanzug für den Empfang ausgelegt?"
„Es dürfte kein Problem sein. Ich verfüge über ein manuell schaltbares Helm-Holo."
„Also gut, fangen wir an ..."
Tekener nahm sich eine halbe Stunde Zeit, den Hergang der Entdeckung zu schildern.
Anschließend schritt er mit der Kamera in der Hand sämtliche Balustraden der Reihe nach ab. Auf Tolots Anweisung nahm er diverse Schwenks vor, lieferte Zooms und bewegte probeweise einige Schalter.
Am Ende sagte der Haluter: „Stopp, das reicht. Ich werde nachdenken. Wenn ich weiß, was zu tun ist, melde ich mich wieder."
Das Wörtchen „nachdenken" hatte bei einem Haluter natürlich eine ganz besondere Bedeutung. Denn Tolot verfügte neben seinem Ordinärgehirn noch über das sogenannte Planhirn, das komplexe Rechenvorgänge mit computergleicher Geschwindigkeit abwickelte. Tolot verband die Vorteile eines lebendigen Wesens mit den Vorteilen eines hochgezüchteten Rechenapparates.
Tekener und die anderen machten es sich am Sockel der Halle bequem. Und eine halbe Stunde später meldete sich der Haluter mit einem triumphierenden Ruf. Der Funkempfänger regelte automatisch Lautstärke und Dynamik herunter, sonst hätte Tekener. seine Ohren vergessen können.
„Ich habe es, Tek. Alle Details deuten darauf hin, daß von da unten der Schirm rund um Hirdobaans Zentrum ferngesteuert wird. Genau wie vermutet. Die grünen Punkte - ich habe sie übrigens gezählt, es sind exakt tausend - stehen für die gleiche Anzahl von Raumstationen. Diese erzeugen den Transitionsschirm. Von der Matrixhalle aus besteht mit hoher Wahrscheinlichkeit eine permanente Hyperfunk-Verbindung zu sämtlichen Stationen."
„Das heißt, wir können sie von hier aus manipulieren?"
„Bis zu einem gewissen Grad."
„Welcher Grad wäre das, Tolotos? Ist es möglich, eine Strukturlücke zu schalten?"
„Nein. Dazu fehlt mir das Datenmaterial."
Tekener fluchte böse. „Dann nützt es uns gar nichts. Ob wir den Schirm ein bißchen größer oder kleiner machen, das hilft uns wenig."
Tolot lachte, für seine Verhältnisse ausgesprochen gedämpft. „Auch das wäre nicht möglich, Tek. Aber wir tun etwas anderes, was weniger Datengrundlage erfordert. Wir können den Schirm abschalten."
„Komplett, vollständig, ganz?"
Er wußte genau, wie entgeistert er in diesem Augenblick klang, doch es war ihm egal.
„Komplett", bestätigte Tolot. „Wie ihr Menschen sagen würdet: Wir ziehen den Stecker. Ich weiß nur nicht, ob damit womöglich Risiken verbunden sind. Und wenn, um welche es sich handelt."
Ronald Tekener überlegte eine Weile. Irgendwo war ganz sicher eine Schwierigkeit eingebaut, irgendeine Tücke, irgendein Hindernis von noch unbekannter Natur. Gomasch Endfedde (oder wer auch immer) hatte diesen Schirm mit riesengroßem Aufwand erbaut. Es widersprach allen Erfahrungen, daß es so einfach sein sollte.
Trotzdem sagte er: „Okay, Tolotos. Wir versuchen es."
Tekener wußte natürlich nicht, wie es derzeit außerhalb des
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