1791 - Die Brut
offenbar ohne Bewußtsein, nach vorn und fiel auf das Gesicht.
Dino Gonkers stand wie erstarrt. Er begriff es einfach nicht, und seinen Kameraden ging es nicht anders. Fassungslos starrten sie auf die Gestalt, die nun reglos am Boden lag.
Was war geschehen?
Es war gut, daß sie vor Schreck und Entsetzen nicht imstande waren, sich zu rühren. Denn einen Herzschlag später tauchten sie wieder auf.
Es waren nur drei. Jeder über drei Meter groß, einer schrecklicher anzusehen als der andere.
Sie sprühten aus einer metallenen Strebe hervor, und dann standen sie da, etwa zwanzig Meter entfernt.
Reginald Bull lag auf dem Boden und regte sich nicht. Dino Gonkers sah so scharf hin, wie es ihm das Grauen erlaubte, das in seinen Gedanken tobte. Ja, der alte Terraner lebte noch. Ganz schwach, kaum erkennbar, aber Bullys Brust hob und senkte sich langsam und kraftlos. Er atmete, er lebte. Und er war glücklicherweise nicht bei Bewußtsein und regte sich nicht.
Er gab kein Ziel ab für die Kreaturen des Schreckens. Deren Zahl hatte sich inzwischen auf fünf erhöht.
Die anderen verharrten, wie sie waren, und die Furcht machte es ihnen einfach, gleichsam einzufrieren. Alles war nur eine Frage der Geduld.
Ein paar Minuten nur, dann verloren die Chimären die Lust, es wurde ihnen langweilig, und sie verzogen sich. Es waren keine intelligenten Geschöpfe, noch nicht. Ihre Sinneswahrnehmung funktionierte bisher nicht perfekt; der Gedankenapparat, der gebraucht wurde, um aus der Wahrnehmung Schlüsse zu ziehen, funktionierte ebenfalls noch nicht oder nur sehr eingeschränkt.
Nur eine Frage der Zeit. Und der Nerven. Solange sich niemand bewegte, blieb alles ganz harmlos. Ein bißchen beängstigend - grauenhaft beängstigend -, aber harmlos.
Kein Problem für einen intelligenten Galaktiker. Nicht reden, nicht zappeln, mehr wurde nicht gebraucht.
Fherrl Checkert schwitzte sichtlich wie nie zuvor in ihrem Leben. Ihr wurde nicht warm, sie transpirierte nicht, nein, sie schwitzte wie ein Pferd. In der ganzen Geschichte Arkons hatte noch nie eine Frau von Erziehung, Kultur und Geblüt derartig ordinär und viel geschwitzt. Dino Gonkers klebte an dem Gedanken fest, weil er ihn amüsierte und ablenkte zugleich.
„Äääächchch!"
Einen Sekundenbruchteil lang verstärkte sich die Erstarrung noch. Dann war jedem klar, was sich ereignet hatte: Fink Petticul war hinter seinem Mäuerchen wach geworden.
Er gähnte ausgiebig, machte noch einmal „Ääächch!", und dann drehte und streckte er die Glieder.
Erst dann richtete er sich auf.
Die Kreaturen waren unbeholfen wie Füllen oder Welpen. Sie kamen herangaloppiert auf ihren seltsamen Beinen, schwankend und unsicher, aber sie kamen mit großer Geschwindigkeit, und sie kamen mit der ganzen Aggressivität und Blutgier, die ihrer Spezies angezüchtet worden waren.
Charakter war nicht erblich, nicht durch Gene weiterzugeben. In diesem Sinne gab es keine guten und schlechten Erbanlagen. Wer dergleichen behauptete, stand - moralisch betrachtet - nur einen Schritt vor den Toren uralter Vernichtungslager.
Aber ein Lebewesen, das durch seine genetische Ausstattung, durch seinen Verdauungsapparat, seine Gliedmaßen und seine Gebißformen als Fleischfresser konzipiert war, konnte man nicht mit der Sanftmut eines weidenden Lammes am Leben erhalten. Ein solches Geschöpf, gleichgültig, ob es ein Löwe war oder ein anderes Lebewesen, hatte nur dann eine Chance, sich selbst und seine Spezies zu erhalten, wenn es Beute machte, schlug und fraß, sich also aggressiv gebärdete.
Höchstwahrscheinlich - sehr viele Forscher sahen es so - ergab sich diese Aggressivität tatsächlich aus dem Genom des fraglichen Tieres, also aus seinen Erbanlagen. Das hieß aber nicht, daß sich bei einem Löwen eine „Aggressionssequenz", ein Gen für Raubgier, hätte entdecken, isolieren und womöglich auf andere Lebewesen künstlich übertragen lassen. Viel wahrscheinlicher war, daß es sich um ein sogenanntes Epiphänomen handelte: Es ergab sich aus der Gesamtheit aller körperlichen Merkmale, so, wie sich bei einem Menschen auch kein einzelnes Gen entdecken ließ, das dafür verantwortlich war, daß der oder die Betreffende die einhundert Meter in exakt neun Sekunden zu laufen vermochte. Ein „100-Meterinneun-Sekunden-Gen" gab es nicht, vielmehr ergab sich aus dem Zusammenwirken aller körperprägenden Gene insgesamt dieser Parameter.
Dino Gonkers wagte nicht, den Kopf zu schütteln, als sich dieser ziemlich
Weitere Kostenlose Bücher