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1791 - Die Brut

Titel: 1791 - Die Brut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Gesicht nicht mehr schmal und apart, sondern hager und ausgezehrt. Ihre Augen lagen tiefer in den Höhlen; ganz offensichtlich hatte sie nicht mehr allzuviel an Substanz zuzusetzen.
    Fink Petticul war nicht zu sehen; er hatte sich hinter einer kleinen Mauer versteckt. Die Atemgeräusche verrieten allerdings, daß er lebte und tatsächlich eingeschlafen war.
    Belavere Siems. Auch ihre Haare waren verklebt vom Schweiß. Ihr Gesicht, ohnehin breiter als das von Fherrl, wirkte noch kantiger und härter. Die sonst sehr helle Haut hatte sich gerötet, wahrscheinlich würde sie bald unter einem leichten Sonnenbrand leiden. Ihre uralte Brille mit den blauen Rundgläsern hatte sie seit dem Beginn des Marsches nicht mehr abgesetzt. Ihre Bewegungen wirkten angespannt. Ganz offensichtlich hatte sie Angst und versuchte dies vor ihren Gefährten zu verbergen.
    Dino Gonkers seufzte und lehnte den Kopf zurück, gegen die Mauer, auf deren anderer Seite Fink Petticul ziemlich laut atmete.
    Reginald Bull warf einen Blick auf die Uhr.
    „Wir bleiben noch eine Stunde", beschloß er. „Ruht euch aus und sammelt Kräfte, ihr werdet sie brauchen."
    „Und du?"
    Reginald Bull stand auf.
    „Ich werde mich in der Umgebung ein wenig umsehen", kündigte er an.
    „Sei vorsichtig!" rief Fherrl Checkert ihm hinterher. „Auch Barbaren vertragen nicht alles."
    Bully grinste breit.
    „Ich bin nicht umzubringen", sagte er und winkte kurz. „Ich bin bald zurück."
     
    5.
     
    „Nicht umzubringen", murmelte Belavere Siems versonnen. „Ob er das wirklich glaubt?"
    „Wahrscheinlich ja", antwortete Dino Gonkers. Er mußte wider Willen lächeln. „Und die Erfahrung ist ja auch auf seiner Seite ..."
    Er streckte sich auf dem Boden aus, der grasbestanden war und eine halbwegs weiche und bequeme Unterlage für ein Nickerchen bot. Einzuschlafen, das war in diesem Augenblick der einzige Wunsch, den Gonkers hatte. Einzuschlafen und entweder an Bord der BASIS oder gar nicht mehr aufzuwachen; welche dieser beiden Möglichkeiten zur Realität wurde, scherte ihn wenig. Hauptsache, er brauchte sich nicht mehr zu quälen.
    Gonkers kam um eine Erkenntnis nicht herum: Der Aufenthalt in dem Kelch und der telepathische Verbund über längere Zeit hatten ihn charakterlich geändert. Er hatte viel von seinem Mut und seinem Selbstvertrauen verloren; der unverwüstliche Optimismus war verflogen.
    Vielleicht in ein paar Monaten, möglicherweise schon nach ein paar Tagen, würde sich das abermals ändern; niemand konnte das absehen oder mit ausreichender Präzision vorhersagen.
    Im Augenblick jedenfalls hatte Gonkers das Gefühl, als habe der rosafarbene Schleim ihm nicht nur alle körperliche, sondern auch alle seelische Energie aus dem Leib gesogen.
    Es gab Menschen, die waren nahrhaft - Reginald Bull beispielsweise. Ein Zusammensein, ein Gespräch mit ihm gab Kraft, Zuversicht und gute Laune. Und es gab toxische Menschen - eine Stunde mit ihnen verbracht, und man hatte Kopfschmerzen, war übellaunig, fühlte sich wie vergiftet. Fherrl Checkert mit ihrer unangebrachten Arkon-Arroganz entwickelte manchmal diese Fähigkeit; zum Glück nicht allzuoft.
    Und die rosa Masse, die für geraume Zeit seine Umgebung gewesen war? Diese Masse war toxisch gewesen, gleichsam ein Sauger, der Gonkers körperlich und seelisch leer gelutscht hatte. Eine widerwärtige Zeit.
    Dino Gonkers machte Anstalten, sich auf die andere Seite zu drehen. Vielleicht konnte er damit diesen Beinahe-Schlaf mit anderen halbgeträumten Gedanken erfüllen, mit positiveren und kraftspendenden.
    Gonkers sah am Rande seiner halbbewußten Wahrnehmung eine vage Gestalt näher kommen, schwankend und taumelnd.
    Er schloß die Augen, die Gestalt verschwand. Aber dann brachte er es doch nicht fertig, den Schemen zu vergessen. Er tauchte wieder in seiner Wahrnehmung auf, diesmal hinter geschlossenen Lidern.
    Dino Gonkers murmelte einen halblauten Fluch und öffnete die Augen ganz bewußt...
    Es dauerte tatsächlich zwei, drei, vier Sekunden, bis er begriff, was er sah.
    Reginald Bull, kalkweiß im Gesicht, unsicher schwankend, kraftlos einen Fuß mühsam vor den anderen setzend und sich so an die Gruppe heranschiebend.
    „Bully!" schrie Dino Gonkers auf und schrak hoch.
    Reginald Bull machte eine schwache Handbewegung, dann gaben seine Knie nach. Er stolperte. Unsicher und kraftlos ruderte er mit der rechten Hand in der Luft, um seinen Sturz abzumildern. Die Linke hielt er an den Leib gepreßt. Dann kippte er,

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