1795 - Die Farbe Alenant
Mißverständnis", sagte Ashobar einfühlsam, aber seine beruhigenden Farben konnten Vestibor nicht erreichen. „Er dachte, ähnlich wie du noch, daß es ein furchtbares Opfer sei, in unseren Kreis einzutreten - und das Element Alenant in großer Menge zu erschaffen. Es war unser Fehler, wir haben ihn nicht rechtzeitig über die wahren Hintergründe aufgeklärt. Wir haben diesen Fehler mit seinem Tod teuer bezahlt. Wir gerieten in Not, weil wir keinen Ersatz für ihn hatten. Bis unsere Agenten auf dich stießen. Du, Vestibor, sollst der Ersatz für Gonmoich sein. Es liegt an dir, seinen Namen zu ehren und ihn unsterblich zu machen."
„Was ... was wird von mir erwartet?"
„Du sollst als einer von vierzehn Bauleitern in Aachthors Dienste treten und an der Verwirklichung seines kosmischen Großprojektes mitarbeiten. Du, Vestibor, sollst zu einem von vierzehn Meistern über das Element Alenant werden."
„Dem bin ich nicht gewachsen", sagte Vestibor zittrig. Er war wie kregg. „Ich begreife überhaupt nichts."
„Du solltest beim Anflug an Lamnat eine Ahnung von der Größe und Herrlichkeit dieses kosmischen Projektes bekommen haben, Vestibor", sagte Ashobar. „Hast du dieses majestätische Bauwerk im Orbit des Planeten nicht gesehen? Ich habe ausdrücklich befohlen, es dich unvoreingenommen sehen zu lassen."
„Du meinst dieses fantastisch leuchtende Gebilde, diese Wunderblume, die ich zuerst für einen Sonnenaufgang gehalten habe?" stotterte Vestibor.
„Was ist der schönste Sonnenaufgang gegen die Farbe Alenant!" rief Ashobar verklärt.
Er gab ein Signal in einer Farbe, die Vestibor nicht auf Anhieb analysieren konnte, die er jedoch als speziellen Befehl einstufte. Gleich darauf wurde die Decke transparent.
Zuerst war nur ein Schneetreiben zu sehen. Aber die Mauer aus wirbelnden Schneeflocken wurde durch unsichtbare Kräfte verdrängt. Eine trichterförmige Schneise bildete sich, wurde höher und höher, bis der freie Himmel zu sehen war.
Die Sterne verblaßten vor einem phantastischen, mächtigen Gebilde, das im Orbit des Planeten seine Bahn zog. Es wirkte auf die Entfernung nur doppelt gollupgroß, mußte aber eine Ausdehnung von vielen, vielen Kilometern haben - etwa mondgroß. Diese Wunderblume erstrahlte in einer Farbe wie Silber. Aber es war nicht wirklich silbrig, sondern viel vielschichtiger, mit Tausenden und aber Tausenden, ja, Millionen von Abstufungen und Nuancen.
„Das ist die Farbe Alenant", präsentierte Ashobar feierlich. „Lamnat ist nur eine von vierzehn Baustellen - alle vollkommen aus dem Element Alenant gefertigt. Ein kosmisches Wunderwerk, das alle Dimensionen sprengt!"
Seltsam, für Vestibor war alenant bis jetzt immer eine eher unansehnliche Farbe gewesen, zwar vielschichtig und ausdrucksstark, aber doch eher abstoßend als faszinierend. Nun wußte er, woran das lag. Er hatte bis jetzt nur unzulängliche Nachahmungen von alenant zu sehen bekommen, jedoch nie die Farbe, die das Element Alenant reflektierte. Er war von diesem Anblick wie verzaubert. Ein seltsames Gefühl der Ehrfurcht beschlich ihn, vermischt mit grenzenloser Bewunderung.
In diesem Moment fielen ihm wieder die Worte ein, die Ashobar kurz vor seinem Verschwinden der Öffentlichkeit kundgetan haben sollte und die als Abkehr von allen Theorien über die Existenz des Elementes Alenant gedeutet worden waren.
„Ashobar, du hast vor deinem Verschwinden gesagt: >Alenant ist ein Element der Götter und allein diesen vorbehalten<", hielt Vestibor dem berühmten Wissenschaftler vor. „Steht das nicht im Widerspruch zu deiner jetzigen Tätigkeit?"
„Keineswegs", entgegnete Ashobar mit einem Anflug von yoit. „Alenant ist tatsächlich den Göttern vorbehalten, darum haben wir dafür gesorgt, daß es nie an die Öffentlichkeit gelangte.
Ich jedoch diene einem Gott - Aachthor. Aachthor ist gottgleich!"
*
Das war für Vestibor alles zuviel auf einmal. Er hätte dieses Wissen um Alenant und Aachthor, über Gonmoichs Selbstmord und seine, Vestibors, Berufung als Ersatz für Gonmoich als Bauleiter eines kosmischen Projekts lieber in kleinen Schritten und Portionen erfahren, anstatt dieses Wissen so ungestüm auf ihn einstürzen zu lassen.
Aber Ashobar konnte ihm keine Frist einräumen.
„Du mußt deine Baustelle kennenlernen und dich einarbeiten, Vestibor", ordnete ihm Ashobar an. „Wir alle stehen unter großem Druck. Nicht nur, daß uns die Roach im Strapo sitzen, auch wird Okora, dein Vorgänger, bald
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