1795 - Die Farbe Alenant
abtreten. Breshon wird dich nach Ormaniko bringen."
Vestibor erinnerte sich, daß er den Begriff Ormaniko bereits von Breshon als mögliches Ziel genannt gehört hatte. Ashobar entließ ihn mit den besten Wünschen, als Breshon erschien, um ihn abzuholen. „Deine Gollupfarbe gefällt mir gar nicht", sagte Breshon auf dem Weg zur Fähre, die sie zum im Orbit geparkten Raumschiff bringen sollte.
Sie flogen wieder an dem Gebilde aus Alenant vorbei. Vestibor erkannte nun, daß es viel größer war, als er es sich vorgestellt hatte.
„Das darf nicht wundern", beschwerte sich Vestibor. „Ich habe soviel Wissen in kürzester Zeit bekommen, das mein gesamtes Weltbild erschüttert -, aber es ist keine Frage, daß ich die mir zugewiesene Aufgabe überhaupt übernehmen möchte."
„Du hast auch gar keine Wahl", behauptete Breshon. Besänftigend fügte er hinzu: „Ich bin sicher, daß du noch daran Gefallen finden wirst. Vestibor - du bist als einer von vierzehn auserwählt, ein kosmisches Werk zu vollenden!"
Sie erreichten das Raumschiff und gingen an Bord. Vestibor bat sich aus, während des Fluges in Ruhe gelassen und nicht mit weiteren Informationen überfordert zu werden. Breshon achtete diesen Wunsch, und so blieb Vestibor die ganze Zeit über allein in seiner Kabine. Aber der Flug war viel zu kurz, und Vestibor fand nicht die Muße, sich zu sammeln und sein Innenleben in Ordnung zu bringen.
Seine Gedanken glitten immer wieder zu Carlemo ab. Er hätte es dem Freund gewünscht, daß er an seiner, Vestibors, Stelle hätte sein können. Was hätte Carlemo darum gegeben, die Bestätigung zu erhalten, daß das Element Alenant und der Götze Aachthor tatsächlich existierten! Ob Aachthor jedoch tatsächlich ein lebendes Wesen war, würde sich noch erweisen müssen. Vestibor hätte seinen Platz nur zu gerne an Carlemo abgetreten. Warum nur hatte der Freund sterben müssen?
Als die Reise nach nur wenigen Stunden zu Ende war und Breshon in Vestibors Kabine erschien, um ihn abzuholen, stellte er ihm eine Frage.
„Carlemos Tod erscheint mir so sinnlos. Warum wurde er getötet? Oder bestreitest du, daß eure Organisation dahintersteckt?"
„Geheimhaltung ist ein wichtiges Prinzip - es darf keine Außenstehenden als Mitwisser geben", war die Antwort.
„Und gibt es auch ein oberstes Prinzip?"
„Jawohl. Die Fertigstellung des kosmischen Werkes. Sie kommt noch vor der Arterhaltung.
Selbst wenn die Kospien untergehen - Aachthors Werk muß erhalten werden."
Vestibor fröstelte, und dieses Gefühl des eisigen Unbehagens widerspiegelte wohl auch die Farbe seines Gollups. Aber Breshon ignorierte es. Vestibor konnte nicht verstehen, daß es Kospien gab, die die Erhaltung der eigenen Art hinter die Frondienste für ein fremdes Wesen stellten, das sich als Gott aufspielte. Er würde das nie begreifen können, dessen war er sich in diesem Moment sicher. Ebenso überzeugt war er auch davon, Aachthor nie ein guter Diener sein zu können. Er rechnete, als Folge dieser mangelnden Dienerqualitäten, mit dem Schlimmsten.
Breshon führte ihn in einen leeren Hangar, wo sie Raumanzüge überstreiften. Danach glitt die Hangarschleuse auf und gab den Blick ins All frei.
Vestibor wich wie geblendet zurück, als er über der weiten Wölbung eines grünen Planeten das mächtige Gebilde aus Alenant schweben sah. Es schien zum Greifen nahe - und war doch Kilometer von ihrer Parkposition entfernt. Dennoch nahm es Vestibors gesamtes Blickfeld ein.
Es war ein filigran wirkendes Gespinst. Im Überblick hatte man den Eindruck, einen weit verzweigten Wurzelstock vor sich zu haben, der im Zentrum zu mehreren, wahllos angeordneten, verstreuten Knollen verdichtet war.
Doch aus der Nähe zeigte es sich, daß diese scheinbar kompakten Knollen ebenfalls aus Myriaden feinster Fäden gesponnen waren. Und diese Fäden waren in ständiger Bewegung, als besäßen sie ein eigenes Leben - oder als würden sie von den Gezeiten des Kosmos bewegt.
Es war überwältigend. Und zu diesem perfekten und doch so ästhetischen Formengebilde gesellten sich die unzähligen Farbnuancen, die in ihrer Gesamtheit alenant ergaben.
„Carlemo, das müßtest du sehen", sagte Vestibor ergriffen. Das Andenken an den Freund würde ihn wohl nie loslassen.
Breshon mußte es über Helmfunk gehört haben, aber anstatt darauf zu reagieren, stieß er sich von der Plattform ab und steuerte auf das riesige, weitverzweigte und verwobene Gebilde aus Alenant zu. Vestibor folgte
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