1798 - Werkstatt des Lebens
sein."
„Eine gute Idee", stimmte Michael Rhodan zu und zog ebenfalls seinen Desintegrator.
Er stellte die Waffe auf Dauerfeuer und veränderte den Fokus so, daß kein enggebündelter Strahl hergestellt wurde, sondern eine Art energetischer Spaten entstand. Dann betätigte er den Abzug.
Der Strahl eines Desintegrators war ein hellgrünes Flimmern, gerade noch sichtbar, je nach Lichtverhältnissen. Der Desintegrator riß die Bindungskräfte der Moleküle auf; was er hinterließ, war gewissermaßen atomarer Feinstaub - und eine entsprechende Lücke in dem damit bestrahlten Material.
Die Waffe war hochwirksam gegen Material; im Kampf gegen Bewaffnete taugte sie wenig, da selbst ein schwaches Schirmfeld ausreichte, die Strahlung zu neutralisieren. Außerdem waren riesige Wolken von Feinstaub in einem Kampf in geschlossenen Räumen eher hinderlich.
Es war auch nicht sehr empfehlenswert, die Luft einzuatmen, die in der Nähe eines Desintegratortreffers entstand: Der entstehende Staub war so fein - praktisch bestand er aus vereinzelten Atomen - daß er durch keinen noch so guten Filter absorbiert werden konnte.
Außerdem kam hinzu, daß fast alles bekannte Material, der Struktur des Kosmos entsprechend, große Mengen an Wasserstoff enthielt. Einzelne Wasserstoffatome aber waren eine der chemisch aktivsten und aggressivsten Reagenzien, die es gab; man hätte ebensogut reines Chlorgas einatmen können.
Michael Rhodan und sein Partner hielten daher die SERUNS geschlossen, als sie sich daranmachten, den ersten der Magmabäume von seinem Untergrund zu trennen. Sie schnitten einen fünf Zentimeter breiten Graben rings um den Baum in den Fels und arbeiteten sich langsam tiefer. Irgendwann mußten sie dabei zwangsläufig die nächste Magmakammer erreichen, und dann schwamm der Baum, mit zum Teil durchtrennten Wurzeln, wie ein Propfen auf diesem Magma und konnte mit einem Traktorstrahl herausgezogen werden.
„Verena?"
„Ich höre!"
„Mach den Traktorstrahlprojektor einsatzklar. Wir sind bald soweit. Und sorge dafür, daß wir den Baum samt einer Portion Magma in eine energetische Hülle packen können."
„Und wo bringen wir den Baum unter?"
Michael stieß ein Schnauben aus.
„Dann opfern wir eben einen Shift. Leer einfach einen Hangar für den Baum. Einen einzelnen Shift können wir zur Not verschmerzen."
„Weißt du, was ich gerne sehen würde?" fragte Ronald Tekener über Funk.
„Ich ahne, daß jetzt eine blöde Bemerkung kommt, aber laß dich nicht hemmen, schieß los."
„Ich möchte sehen, wie unser Freund Homer Gershwin all das bei der Kosmischen Hanse oder beim Galaktikum abrechnet. Und wie die Hanse jedem einzelnen geretteten Galaktiker anschließend eine Abrechnung für Bergungs- und Rettungskosten vorlegt!"
„Die Versicherungen werden jammern, daß man es bis zur Großen Leere wird hören können", führte Michael amüsiert den Gedankengang zu Ende. „Oder ihre Kunden, wenn die Versicherungen nicht zahlen. Oder sollten wir versuchen, die Rechnung für das alles Aachthor zu präsentieren?"
„Noch besser, den Kosmokraten", meinte Tekener spöttisch. „Und dann kommt alles zurück mit dem Vermerk: nicht zustellbar."
Der Spaß hatte, wie Michael Rhodan sehr wohl wußte, einen durchaus realistischen Hintergrund. Die Kosten für die Instandsetzung der BASIS und die zweite Expedition zur Großen Leere waren vom Galaktikum übernommen worden; diese Finanzierung war sauber und klar geregelt. Kaum bezifferbar allerdings waren die anderen Kosten, die entstanden waren: die während des Fluges nach Hirdobaan verlorengegangenen Schiffe zum Beispiel, Verletzungen, Tote, Sachschäden, zerstörtes Material und vieles mehr.
Ein durchschnittlicher Galaktiker konnte im Laufe eines fast zweihundertjährigen Lebens eine ganze Menge Galax verdienen; auf die eine oder andere, direkte oder indirekte Art und Weise mußte er aber auch die irrsinnigen Kosten des Hirdobaan-Abenteuers mitfinanzieren, durch erhöhte Preise für Waren und Dienstleistungen, Gebühren, Steuern und Prämien. Hätte man diese Aufwendungen konzentriert, wäre es darauf hinausgelaufen, daß Millionen von Galaktikern in ihrem ganzen Leben ausschließlich für die Aufwendungen im Punkt Hirdobaan hätten schuften müssen. Nur dadurch, daß diese Kosten möglichst gleichmäßig auf alle Bürger verteilt wurden, ließ sich diese Last ertragen. Es blieb aber die realistische Tatsache, daß Hirdobaan die gesamte wirtschaftliche Lebensleistung von
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