18 - Eine Taube bringt den Tod
aber wären die Kenntnisse und das Geschick eines Apothekers notwendig gewesen.«
»Dann hätten sie ihn doch gleich umbringen können«, rief Trifina, fügte aber rasch hinzu: »Gott sei Dank haben sie es nicht getan. Ich begreife nicht, was hinter alldem steckt.«
»Mir scheint, es ist einfacher, als du denkst«, meldete sich Fidelma zu Wort. »Hast du uns nicht selbst erklärt, du nimmst an, diese ›Taube des Todes‹, wie du den Täter nennst, setzt alles daran, eure Familie in Verruf zu bringen? Also ist es ganz folgerichtig, dass dein Bruder des Mordes beschuldigt wird und dass ihn eine aufgebrachte Menge beinahe gehängt hätte für etwas, das er nicht getan hat.«
»Du glaubst, Macliau ist unschuldig?«
»Ich würde das Wort ›wahrscheinlich‹ vor ›unschuldig‹ setzen. Ich befasse mich schon lange mit schwierigen Fällen und ziehe immer erst meine Schlussfolgerung, wenn genügend Beweise für diese oder jene Annahme vorliegen.«
Vom Tor her erklang erneut der Warnruf einer Trompete und ließ allen den Schreck in die Glieder fahren.
»Ein Signal vom Lugaus … Das bedeutet Unheil!«, rief Trifina kreidebleich. »Das Gesindel rückt an, will sich bestimmt Macliau holen.«
»Beruhige dich«, redete ihr Bleidbara zu. »Hier einzudringen, wird den Dörflern nicht gelingen. Außerdem hat uns Barbatil sein Ehrenwort gegeben.«
Wieder eilte der junge Krieger aus der Großen Halle und war nach wenigen, bangen Minuten zurück. »Riwanon und Budic sind es, sie sehen ziemlich mitgenommen aus.«
Nicht lange, und die Königin kam herein, gefolgt von Budic. Riwanon, halb außer Atem, ließ sich in einen Armsessel fallen. Ihr Gewand war in Unordnung und voller Staub. Budic hatte Blutspuren im Gesicht, aber keine auffällige Wunde. Sein Umhang war eingerissen und voller Schlammspritzer.
Fidelma schenkte beiden Wein ein. Alles wartete schweigend, niemand traute sich die Frage zu stellen, die jedem auf der Zunge lag. Riwanon nahm einige Schlucke aus dem ihr gereichten Becher und sagte dann tonlos: »Wir sind überfallen worden.«
»Überfallen? Von der Bauernhorde?«, platzte Trifina heraus.
»Wo und von wem?«, fragte Fidelma behutsamer.
»Sie kamen von hinten«, ergänzte Budic Riwanons Auskunft.
Fidelma wiederholte ihre Frage, Bleidbara ging hinaus, um sich zu vergewissern, dass die Burgtore fest geschlossen waren und Wachposten den Zufahrtsweg sicherten.
Riwanon hatte sich mittlerweile etwas beruhigt. »Wir waren bereits kurz vor der kleinen Kapelle, die ich aufsuchen wollte. Ich ritt mit Budic durch die dichte Waldung voran. Ich weiß nur noch, ich hörte einen Schrei und drehte mich um. Unsere beiden Begleiter waren vom Pferd gestürzt, von Pfeilen im Rücken getroffen. Tot, dachte ich und hörte noch, wie Ceingar aufkreischte. Budic hieb auf mein Pferd ein, und wir preschten los. Nur er und ich konnten entkommen. Er hat mir das Leben gerettet, schrie auf mich ein, zu reiten, was das Zeug hält. Die sind uns bestimmt nachgesetzt. Sind die Burgtore geschlossen?«
»Hier auf unserer Burg bist du in Sicherheit«, bestätigte ihr Trifina kalt.
Riwanon überging ihre Antwort und schaute Fidelma an. »Bin ich hier geborgen, Fidelma von Hibernia? Deine Zusicherung ist mir wichtig.«
Trifina holte empört Luft, und Fidelma fragte erstaunt zurück: »Willst du das etwa bezweifeln?« Ihr war klar, dass diese Unterstellung ihre Gastgeber tief beleidigen musste.
»Ich frage nur, weil ich flüchtig ein Banner sah, das einer der Verfolger hochhielt.«
»Es war das Banner des mac’htiern von Brilhag«, fügte Budic grimmig hinzu. Auch ich habe es gesehen, wir können uns nicht beide irren.«
Bleidbara hatte den Raum betreten und Budics Erklärung gehört. »Meinst du vielleicht, es waren meine Leute, die euch überfallen haben?«, fragte er beherrscht. »Wir hatten heute Besseres zu tun.«
Ehe Budic etwas erwidern konnte, griff Fidelma ein. »Riwanon, hier ist eine Verschwörung im Gange, die Familie des Herrn auf Brilhag in Verruf zu bringen. Genaueres wissen wir nicht, aber soviel steht fest, wer immer unter diesem Banner Unheil stiftet, hat nichts gemein mit dem Freund deines Gatten.« Dann fragte sie, zu Budic gewandt: »Wie groß war die Schar, die euch überfallen hat?«
»Etwa ein halbes Dutzend, vielleicht auch mehr«, erwiderte Budic zögernd. »Wir konnten sie nicht alle sehen.«
»Und in eurer Gruppe waren zwei Krieger und du?«
»Sie haben uns hinterrücks überfallen. Haben meine Männer
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