18 - Eine Taube bringt den Tod
wo doch die Leute ringsum so zornig und aufgebracht sind?«
»Einer wie ich darf es wohl kaum wagen, ein Vorhaben der Königin in Frage zu stellen. Immerhin hat sie ihre Zofe Ceingar und auch Budic mitgenommen sowie zwei von ihrer Leibgarde.«
»Besser als gar nichts«, meinte Fidelma, konnte aber Riwanons Verhalten nicht gutheißen. »Ihr müsste doch klar sein, welche Gefahren hier lauern. Wann ist sie aufgebrochen?«
»Es wurde eben hell.«
»Und wo ist diese Kapelle? Hoffentlich ist es nicht gerade die, in der Macliau gefunden wurde.«
»Sie steht auf dieser Seite der Halbinsel. Ein kleines Bethaus, mehr nicht. Einer der Heiligen soll auf einer Pilgerfahrt dort gerastet haben.«
Missbilligend schüttelte Fidelma den Kopf. Schaute auf den Tisch, auf dem nur noch Reste vom Frühstück standen. »Sieht so aus, als ob alle anderen längst vor uns aufgestanden sind.«
Eadulf saß bereits und hatte nach Brot und kaltem Braten gelangt. Fidelma verspürte keinen Hunger und machte sich sofort auf die Suche nach Iuna. Sie fand sie in der Küche.
»Aourken hat mir erzählt, ihr habt euch gestern gesehen«, begann sie ohne Umschweife das Gespräch.
Iuna sah sie erstaunt an. »Das klingt wie ein Vorwurf«, verteidigte sie sich. »Wir haben uns gestern getroffen, ja. Das geschieht oft, wenn ich Austern hole. Ich kenne sie aus meiner Kindheit. Sie hat mich unterrichtet. Damals war sie eine der Nonnen in der Abtei. Das war noch bevor …«
»Bevor Maelcar Abt wurde und die Klosterregeln geändert hat, nicht wahr?«
»Stimmt. Abt Maelcar hat vieles verändert, was eigentlich gut war.«
»Du hast ihn nicht gemocht?«
»Wie sollte man einen wie ihn mögen? Er hat mich wie eine Bauernmagd behandelt, dabei komme ich aus einer Familie …« Sie hielt inne. »Maelcar war ein alter Lustmolch, der seine Geilheit mit Frömmigkeit verbrämte. Der fand Gefallen daran, hinter Vorhängen nach unbekleideten Frauen zu spähen. Als ich vor kurzem in Brekilien war, hörte ich …«
»Sprich weiter«, ermunterte Fidelma die Haushälterin, die plötzlich aufhörte und rot wurde.
Doch die wehrte achselzuckend ab. »Ach, das sind nur so Geschichten, die einem erzählt werden.«
»Und was hältst du von Iarnbud? Ich habe den Eindruck, du kannst ihn nicht ausstehen.«
»Was haben deine Fragen mit dem Tod des Abts zu tun?«, erwiderte Iuna unwirsch.
Fidelma ließ sich von ihrem Ton nicht beeindrucken. »Halte davon, was du willst. Vergiss aber nicht, dass ich dem Auftrag nachgehe, den mir Königin Riwanon erteilt hat.«
»Ich bin auf Brilhag aufgewachsen. Der mac’htiern war mein Pflegevater, nachdem meine Eltern bei einem Einfall der Franken ums Leben kamen. Iarnbud war oft auf der Burg.« Ein Schauder überlief sie. »Er ist mir unheimlich. Immer schleicht er hier umher, schnüffelt herum und steckt seine Nase in alles. Ich mag ihn nicht.«
»Gestern habe ich euch zufällig zusammen gesehen. Da hast du dich mit ihm gestritten. Worüber?«
Wieder schaute die junge Frau sie erstaunt an und schwieg.
Fidelma bemühte sich, sie zu einer Antwort zu bewegen, und erklärte ihr: »Ich suchte dich, wollte mit dir reden, und dann sah ich euch an der Pforte, von der ein Pfad hinunter zu der kleinen Bucht führt. Ein paar Boote liegen dort.«
Iuna blieb abweisend. »Wenn dir so sehr daran lag, hättest du dich nicht abseits halten müssen und hättest herankommen und uns beiden Fragen stellen können.«
»Ich musste erst Eadulf holen, und als wir zurückkamen, wart ihr beide verschwunden. Wir gingen hinunter, erblickten aber nur ein Boot, das auf Govihan zuhielt.«
Iuna lächelte schadenfroh. »Das war Iarnbud.«
»Doch du warst auch verschwunden. Für mich stand fest, du bist zusammen mit ihm losgefahren.«
»Ich habe mein Boot ebenfalls dort, ich wollte Austern holen. Iarnbud segelte nach Govihan, und ich bin an der Küste entlang zu den Austernbänken gerudert. Die sind in der kleinen Ausbuchtung dort drüben.«
Soviel hatte sich Fidelma bereits gedacht, denn Aourken hatte ihr ja von Iunas Besuch dort erzählt. Sie ärgerte sich, dass sie davon ausgegangen war, Iuna und Iarnbud wären gemeinsam losgesegelt.
»Und worum ging es in eurem Wortwechsel?«
»Iarnbud wollte mich über alle möglichen Leute ausfragen.«
»Über wen denn?«
»Über Abt Maelcar, Macliau, Riwanon, selbst über dich.«
»Sonderbar! Wonach hat er sich erkundigt? Was hat er zum Beispiel über Macliau wissen wollen? Ihn kennt er doch von Kindesbeinen
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