18 - Eine Taube bringt den Tod
ein Gerichtsverfahren … ich bin …«
»Dein Recht hast du verwirkt! Gnade hast du deinen Opfern nie erwiesen!«, donnerte Bleidbara. Er gab seinen Matrosen einen Wink, und die zogen das Seil an, so dass der Gefangene sich nur noch auf Zehenspitzen halten konnte. Er kreischte angsterfüllt auf, als er den Ruck am Hals spürte.
»Haltet ein!«, rief Eadulf. »Lasst ihn herunter. Vielleicht kann ihm ein Verfahren vor einem eurer Richter gewährt werden, aber nur, wenn er uns Rede und Antwort steht.«
Der beinahe Gehenkte fiel fast in Ohnmacht, hustete und würgte. Der Kapitän schien Eadulfs Vorschlag eine Weile zu erwägen.
»Ich könnte Gnade vor Recht ergehen lassen, wenn der Kerl uns sagt, wie viele von seiner Bande auf Enez Lovrdi sind, wo genau sie sich aufhalten und wo die Verschleppten eingesperrt sind.«
Sofort sprudelte es aus dem Mann heraus: »Nur ein halbes Dutzend Krieger sind auf dem Handelsschiff, das wir vor ein paar Tagen gekapert haben …«
»Und die Gefangenen?«
»Die sind im Laderaum eingeschlossen. Das Schiff liegt in der kleinen Bucht auf der Nordseite der Insel. Da ist das Wasser tief, und ringsum sind Bäume. Die verbergen alles, da sieht niemand was.«
»Sind Späher auf der Festung?«
»Alle, die man dort zurückgelassen hat, sind auf dem Handelsschiff.«
»Auch eine Frau ist an Bord, hast du gesagt.«
»Ja, das stimmt.«
»Wo ist euer Kapitän?«
Der Mann zeigte mit dem Kinn in die Richtung, wo ein paar Trümmer auf den Wellen trieben. »Eine von den Feuerkugeln hat ihn getroffen. Auch den Steuermann.«
»War er ein schmächtiger Mann in weißer Kleidung?«, wollte Eadulf wissen.
Der Gefangene blickte ihn verständnislos an. »Taran? Das war ein Mann wie ein Bulle, aus Pou-Kaer stammte der. … Ach, du meinst den, der Taran Befehle gab. Bei unseren Überfällen war der oft mit dabei. Nein, an Bord war er nicht.«
»Wer ist er? Wo ist er? Ist er auf Enez Lovrdi?«, drängte Bleidbara ungeduldig.
»Nein, auf der Insel ist er nicht. Wer er ist, weiß ich nicht. Ich nehme an, Taran hat es gewusst. Jedes Mal, wenn er an Bord kam, war er ganz in Weiß und trug eine Maske. Er war erbarmungslos. Schon bei der kleinsten Nachlässigkeit setzte es Strafen.«
»Wo er sich jetzt aufhält, wollen wir wissen!«, herrschte ihn Eadulf an.
»Unser Kapitän hat gesagt, wir haben Befehl, hinaus auf die offene See und entlang der Halbinsel Rhuis zu fahren. Heute, wenn die Abenddämmerung einsetzt. Bei den Klippen vor der Abtei sollten wir warten und dann den Mann in Weiß und seinen Begleiter aufnehmen.«
»In der Abenddämmerung?«
Mit raschem Nicken wurde es bestätigt.
»Und du schwörst, du weißt nicht, wer dieser junge Mann ist, der euch die Befehle erteilt hat?« Eadulf ließ nicht locker.
»Ich weiß wirklich nicht, wer er ist, Bruder. Bestraf mich nicht dafür, weil ich das nicht weiß. Ich habe ihn nie ohne Maske gesehen. Nie habe ich sein Gesicht gesehen. Wenn jemand es wagte, sich seinen Befehlen zu widersetzen, war er sofort des Todes. Selbst Taran, unser Kapitän, fürchtete sich vor ihm.«
»Hat man euch je gesagt, wofür ihr eigentlich kämpft?«, mischte sich Bleidbara ein.
»Für Beute, für Dinge, die was wert sind. Mehr weiß ich nicht.«
Eadulf blickte auf den Elenden, der auf dem Deck kniete. Immer noch waren ihm die Hände auf dem Rücken gefesselt. Um den Hals hing ihm die Schlinge am losen Seil.
»Eine Frage noch. Wer hat euch mit Pfeilen versorgt? Die sind alle vorzüglich geschnitzt und geschmiedet.«
Der Gefangene schien von der Frage überrascht. »Der Mann in Weiß hat sie uns gebracht und hat verlangt, sie schonungslos zu gebrauchen. Auch das Banner sollten wir immer bei uns haben und es sichtbar aufpflanzen bei unseren Überfällen.«
»Hat er euch erklärt, warum er das so wollte?«
»Vielleicht hat er es Taran erklärt, uns anderen jedenfalls nicht.«
»Schafft ihn zurück zu den übrigen Seeräubern!« Eadulf holte tief Luft. Er schämte sich, einem Hilflosen auf diese Weise Auskünfte abgepresst zu haben.
Bleidbara traf seine Anordnungen. »Du bist ein tüchtiger Verschwörer, Bruder Eadulf«, sagte er anerkennend. »Der Mann hätte nichts verraten, hätten wir ihm nicht Angst eingejagt.«
Eadulf war anzumerken, wie sehr ihm das Verhör widerstrebte. »Froh hat mich die Sache nicht gemacht. Wie wärst du mit ihm verfahren, wenn er sich geweigert hätte, unsere Fragen zu beantworten?«
»Wir hätten ihn wie einen Missetäter behandeln
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