18 - Orangen und Datteln
Herr und Anführer dieser tapferen Krieger vom Stamm der Yhramemssa, und ich frage dich, was du hier auf unserem Gebiet zu suchen hast?“
„Wir verfolgen einen Räuber, der mir meine Lieblingsstute, mein bestes Hedschihn und meine Tochter geraubt hat, und bitten dich, uns durch dein Gebiet reiten zu lassen.“
„Wer sich seine Stute, sein Dschemmel und seine Tochter stehlen läßt, der ist nichts anderes wert, als daß sie ihm geraubt werden. Haben die Uëlad Sebira keine Augen, um zu sehen, und keine Ohren, um zu hören? Wer durch mein Land reiten will, muß das Geschenk bezahlen.“
„Wie viel verlangst du?“
„Wer ist der Räuber, den du verfolgst?“
„Es ist Saadis el Chabir, der Krumir von Ferkah ed Dedmaka. Er hat noch mehrere Reiter bei sich, die zu den Beni Hamema gehören.“
„Saadis el Chabir ist hier durchgekommen, und wir haben mit ihm gesprochen. Er hat keinen Raub bei sich. Er ist mein Freund. Du wirst sehr viel zahlen müssen, wenn du vorüber willst.“
Dieser tapfere Hamema log. Hätte er wirklich eine Zusammenkunft mit dem Krumir gehabt, so würde ich dies an der Fährte gesehen haben. Er machte überhaupt den Eindruck eines rohen, wilden Menschen. Breitschultrig und von einem überaus muskulösen Gliederbau, ragte er um eines Kopfes Höhe über seine Leute hinaus. Er war ein wahrer Enakssohn. Bewaffnet war er mit zwei Flinten, einem Dolch, einer Pistole, einer Keule und mehreren Wurfspeeren. Sein Anblick mußte auch einen mutigen Mann bedenklich machen.
„Wieviel verlangst du?“ erkundigte sich Scheik Ali.
„Wer ist der Mann an deiner Seite?“
„Ein Emir aus dem Frankenland.“
„Ein Giaur? Allah vernichte ihn! Und der Mann, der dort vor den Deinen hält?“
„Ein Emir aus Inglistan.“
„Auch ein Ungläubiger. Allah möge sie zermalmen. Höre, was ich dir sage: Jeder deiner Männer gibt ein Schaf; du gibst zwanzig Schafe und jeder der Giaurs zahlt fünfzig Schafe.“
„Das sind beinahe zehnmal zwanzig Schafe; das könnte ich nicht geben, selbst wenn ich so viele Tiere bei mir hätte.“
„So zahlst du die Hälfte und kehrst wieder um!“
„Du verlangst den Zoll, selbst wenn wir wieder umkehren?“
„Glaubst du, daß ich euch umsonst entkommen lasse?“
„Steige herunter von deiner Forderung!“
„Um kein einziges Schaf! Was Hamram el Zagal gesagt hat, das bleibt gelten. Oder willst du vielleicht mit mir kämpfen!“
Es galt vor allen Dingen, diese Verhandlung abzukürzen. Ali en Nurabi konnte diesen Riesen nicht besiegen, das war sicher. Ich ritt also noch um einen Schritt vor und sagte: „Du willst mit einem von uns kämpfen? Hat dich Allah aus der Reihe der Lebenden gestrichen, daß du solche Worte wagest? Was sind deine hundert Yhramemssa gegen meine tapfern Sebira, und was bist du selbst gegen einen Emir aus dem Land der Helden?“
Ich sprach mit Absicht in der überschwenglichen Weise der Wüstensöhne; ich hatte noch mit andern Männern gekämpft und gerungen, als er war; ich wußte mich ihm überlegen, und darum wollte ich ihn von Ali auf mich lenken. Es gelang mir. Er erhob sich erstaunt im Sattel und starrte mich an.
„Thibb el Kelb – Hund von einem Schakal!“ rief er. „Wirst du mir sofort die Hand ablecken, damit ich dir verzeihe!“
„Wenn deine Hand schmutzig ist, so lecke sie selbst ab! Dein Maul ist groß genug dazu. Wie kannst du dich unterfangen, fünfzig Schafe von mir zu verlangen! Siehe, hinter mir halten sechzig Krieger; aber auch wenn sie nicht hier wären, wenn ich ganz allein wäre, würdest du nicht das Haar eines Schafes erhalten. Man sieht euch an, daß euer Mut kleiner ist als eure Worte!“
Seine Augen funkelten; seine Lippen zuckten, und er stieß einen heiseren Schrei der Wut aus.
„Mensch, bist du wahnsinnig!“ brüllte er. „Du wagst es, zu Hamram el Zagal solche Worte zu sagen. Gut, du sollst mit mir kämpfen, aber nicht nur um den Zoll, sondern um das Leben!“
„Ich bin bereit. Aber hüte dich! Mein Pferd ist besser als das deine, und meine Waffen sind es auch.“
„Ich sehe, daß du die Waffen der Franken hast“, lachte er höhnisch. „Aber du wirst sie nicht brauchen dürfen. Das Pferd und die Waffen des Besiegten gehören dem Sieger. Lege sie von dir und steig ab, wie ich es tue. Wir werden nur mit den Händen kämpfen, und der eine wird den andern würgen.“
„Du sollst deinen Willen haben, el Zagal. Wir beide werden ehrlich miteinander kämpfen, aber die andern sollen auch ehrlich
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