18 - Orangen und Datteln
geeignet, die leiseste Fußspur aufzunehmen und für lange Zeit festzuhalten.
Außerhalb dieses kleinen Platzes war der harte Weg vielfach zerscharrt.
„Sehen Sie, Oberst, hier haben die sieben Pferde nach ihrem Aufbruch gehalten. Und hier, sehen sie den deutlichen Eindruck im Sand? Hier hat die Atuscha gestanden, ehe man sie auf das Hedschihn schnallte. Bemerken Sie die Spur eines Kameles und eines Pferdes am Wasser? Ich nehme meine Papierabdrücke hervor. Sehen Sie, wie genau sie passen? Hier ist die Stute und das Hedschihn gewesen, und hier – ah, was hat dieser roten Faden zu bedeuten?“
„Dieses zu wissen kann kein anderer Mensch als nur Ihnen zu erraten befähigt jeworden dat jroße Glück zu haben.“
„An diesem Faden klebt Blut. Man hat irgendein Gewebe zerrissen, um den Verwundeten zu verbinden, der die Kugel Achmeds erhalten hat, und dabei ist dieser Faden an dem kleinen Zweig hängen geblieben. Hier rechts, unter der jungen Tscham (Pinie) hat jemand gelegen. Ach, es ist Mochallah gewesen.“
„Dunderwetter! Woher wollen Sie Ihnen dat so jenau zu wissen es erraten jehabt zu können?“
„Sehen Sie nicht, daß von dem Zweig die meisten Nadeln wie mit den Händen abgestreift worden sind? Sie hat sich geweigert mitzugehen, sie hat sich an dem Zweig festgehalten; man hat sie losgerissen, und dabei sind die Nadeln abgezogen worden.“
„Allah akbar – Allah ist groß, aber Ihnen Ihre Jeistesjegenwart ist um ein Erstaunen zu erregen bewundert jeworden!“
„Maschallah!“ rief da Achmed, der zwar kein Wort unseres Deutsch verstehen konnte, aber jeder unserer Bewegungen mit Aufmerksamkeit gefolgt war. „Sihdi, siehe her! Was ist das?“
Er hatte neben der Pinie ein Stück tonigen Schiefers gefunden, welches er mit entgegenreichte. Auf der einen Seite des kleinen Steines war mit unsicherem Zug, aber doch deutlich genug, ein arabisches m eingegraben, also der Anfangsbuchstabe von Mochallah.
„Weißt du nicht, ob Mochallah etwas Scharfes bei sich trug?“ fragte ich Achmed es Sallah.
„Herr, sie hat stets ein kleines Mun (niedliches Messerchen mit scharfer Klinge) um den Hals hängen.“
„Sie weiß, daß wir den Räubern folgen werden, und hat uns ein Zeichen geben wollen. Es ist sehr zu wünschen, daß sie dies öfters tut.“
„O, sie wird es tun, Sihdi! Diesen Stein aber werde ich bei mir behalten, bis ich sie wiederfinde.“
„Nun gilt es nur noch, uns zu überzeugen, daß sie längs des Baches diese Gegend verlassen haben“, meinte ich. „Wir wollen also noch ein Stück weitergehen.“
Wir verfolgten die Schlucht noch tiefer und fanden genug Hufspuren, um unserer Sache sicher zu sein. Dann kehrten wir wieder zum Duar zurück, wo man sehnlichst auf uns gewartet hatte.
„Effendi, laß uns fortgehen! Vielleicht erreichen wir die Räuber noch am heutigen Tag!“ bat der Scheik.
„Daran glaube ich nicht, Ali en Nurabi. Sie können stracks vorwärtsreiten, während wir eine große Zeit im Suchen ihrer Spuren verlieren müssen. Was hast du für ein Pferd?“
„Dieser Fuchs ist sehr gut, wenn er auch nicht die Schnelligkeit der Stute besitzt.“
„Auch Achmed und der Emir aus Inglistan reiten gute Pferde. Wir werden uns also von den andern scheiden können.“
„Scheiden?“ fragte er. „Warum?“
„Weißt du nicht, daß jedes Kriegsheer eine Abteilung haben muß, welche voranreitet, um die Gegend zu erkunden und für die Sicherheit der andern zu sorgen? Dies werden wir tun, weil wir die besten Pferde haben. Deine sechzig Krieger können uns mit Sicherheit folgen, da wir ihnen stetig Zeichen zurücklassen werden, welche Richtung wir eingeschlagen haben. Besprich diese Zeichen mit ihnen und laß uns Abschied nehmen, damit wir unser Tagewerk beginnen können!“
Mein Vorschlag leuchtete ihm schnell ein, und er befolgte ihn sogleich.
Der Anführer der tunesischen Heerscharen konnte sich unserer Expedition natürlich nicht anschließen. Er kehrte mit seinen Begleitern, aber ohne den Engländer, nach el Bordsch zurück, wobei er eine große Strecke mit den Uëlad Sebira reiten konnte, die der Kaffilah entgegengingen.
„Nun kommen auch Ihnen an die Reihe“, sagte er, als er bereits von den übrigen Abschied genommen hatte. „Glauben Sie mich; dat Scheiden ist die unanjenehmste Erfindung, die jemals jemacht worden zu sein mit verdrossen hat. Werden wir uns einmal wieder zu sehen die Jelegenheit geboten sein?“
„Inschallah – wenn es Gott gefällt. Die Wege des
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