18 - Orangen und Datteln
gebracht worden, wo man sie bewachte. Achmed wurde nicht angerührt. Die Mescheer standen in Gruppen beisammen, teils finster und drohend, teils mit neugierigen Gesichtern. Das Hedschihn lag unberührt am Boden, und mein Pferd hatte, wie ich mich jetzt sorgfältig überzeugte, alles wieder erhalten, was man fortgenommen hatte. Ich zog den Dolch wieder aus der Erde.
Dschumeilah war wieder in das Zelt getreten, doch sah ich, daß sie uns durch eine Spalte des Vorhanges beobachtete. Nun trug ich nur noch um die Sebira Sorge, welche wir zurückgelassen hatten.
„Wo hast du dein Pferd?“ fragte ich Achmed.
„Draußen auf der Ebene. Ich wußte, daß ich dir Mochallah überlassen könnte; darum band ich mein müdes Pferd an einen Stein und folgte den Hamema, die nach diesem Lager wollten.“
„Allah kerihm, was hast du getan? Hast du einen getötet?“
„Nein, denn ich dachte daran, daß sie Freunde dieser Menschen sind. Sie flohen in die Wüste hinein, und ich habe sie gejagt, so weit ich konnte. Dann wollte ich nach dir und Mochallah sehen, und nun werde ich umkehren und mein Pferd holen.“
Dieser Achmed es Sallah hatte wirklich einen kleinen Teufel im Leib.
„Gehe, und hole es!“ sagte ich; „aber bringe es nicht her!“
„Wohin sonst, Sihdi?“
„Ich weiß noch nicht, wie es hier gehen kann. Reite den Gefährten entgegen und führe sie so weit herbei, daß sie das Dorf sehen können. Dort mögen sie warten und zum Kampf gerüstet sein!“
Er bestieg das Hedschihn wieder. Als es sich erhob, trat der Krumir hervor. „Halt“, rief er. „Dieser Mann ist ein Gefangener, er darf nicht fort!“
Ich nahm die Büchse aus dem Sattel und legte auf ihn an. „Achmed es Sallah, reite fort!“
Er tat es, und ich senkte das Gewehr erst dann, als er nicht mehr zu sehen war; aber ich bemerkte, daß dies Verhalten die Mescheer noch mehr zu erzürnen schien. Einige von ihnen stiegen zu Pferd und folgten meinem Diener. Jetzt band ich mein Pferd hart am Eingang des Zeltes fest und trat dann wieder ein. „Sallam aaleïkum – Friede sei mit euch! Ich hatte vorhin keine Zeit, den Gruß zu sagen“, entschuldigte ich mich.
Die beiden Araberinnen antworteten nicht. Die Frau schien dem Mädchen Vorwürfe gemacht zu haben.
„Mich dürstet“, sagte ich einfach, indem ich mich niedersetzte.
Da brachte mir Dschumeilah Wasser. „Trinke!“ bat sie. „Willst du auch essen?“
„Nein, ich esse nicht eher, bis die Dschema gesprochen hat.“
„Von welchem Stamm seid ihr?“
„Der eine Gefangene ist der Scheik der Uëlad Sebira; der andere ist ein großer Emir aus Inglistan, und ich bin ein Bei aus Dschermanistan.“
„Ist Dschermanistan ein fernes Land?“
„Es liegt im Norden weit über dem Meer drüben, wohl über achtzig Tagereisen von hier.“
Sie schlug vor Verwunderung die Hände zusammen. „So weit kommst du her! Was willst du hier bei uns?“
„Ein Mädchen befreien, welches ein böser Mann ihrer Mutter raubte.“
Dies erweckte auch das Interesse der Alten. Ich schenkte ihr ein Fünfpiasterstück und erzählte dann so viel von dem Raub Mochallahs, als mir für sie zu wissen nötig erschien. Damit hatte ich ihre Herzen vollends erobert. Dschumeilah nahm sich gleich vor, Mochallah aufzusuchen, und die Alte gab ihre Zustimmung dazu. Eben als das Mädchen ging, trat der Scheik herein, um mich zur Dschema abzurufen. Die Ältesten hatten sich auf einem freien Platz versammelt. Der Krumir war dabei, der Engländer und Ali en Nurabi. Im Lauf der Verhandlungen kamen auch die Hamema, welche sich unterdessen nach dem Lager zurechtgefunden hatten.
Der Fall war nach den dortigen Verhältnissen ein sehr schwieriger. Der Krumir war Gastfreund der Mescheer, ich war es ebenso, und infolgedessen wurden auch Ali en Nurabi und der Engländer für freie Gäste erklärt. Soweit standen sich die Parteien gleich. Als aber der Scheik seine Tochter und sein Pferd zurückforderte, geriet er auf einen heftigen Widerspruch. Es wurde ihm erklärt, daß die Entführung eines Mädchens kein Verbrechen, sondern eine ritterliche Tat sei, und daß ein solches Mädchen dem Helden gehöre, sobald er die Grenzen ihres Stammes mit ihr überschritten habe. Auch gestand der Krumir in aller Seelenruhe ein, daß er die Milchstute mitgenommen habe, weil er in der Eile der Entführung nicht gleich sein Pferd finden konnte; übrigens sei das seine von ganz gleichem Wert gewesen. Darauf erklärte die Dschema, daß sie in dieser Sache nicht
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