Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
kompetent sei; sie habe nur dafür zu sorgen, daß ihre Gäste das Lager auf denselben Tieren verlassen könnten, auf denen sie hier angekommen seien. Daß der Krumir einen Schwur abgelegt und dann gebrochen habe, leugnete er entschieden.
    Die Verhandlung wurde von Minute zu Minute stürmischer; der Scheik war mehr auf unserer Seite, die anderen aber auf derjenigen des Krumirs. Schon wollte man den Beschluß verkünden, daß der letztere mit seinem Raub ungehindert ziehen könne und wir hingegen zurückgehalten werden sollten, bis er ihn in Sicherheit habe, da erhob ich mich. Ich winkte Schweigen, nahm, ohne ein Wort zu sagen, meinen Henrystutzen zur Hand, den ich mir zu diesem Zweck mitgebracht hatte, legte an und zielte auf einen Speer, welcher in ziemlicher Entfernung vor einem Zelt in der Erde stak. Ich hatte dieses Mittel schon öfters angewandt, um Leute einzuschüchtern, welche mit der Konstruktion eines Gewehres, mit welchem ich fünfundzwanzig Schüsse hintereinander abgeben konnte, nicht vertraut waren. Dieser Stutzen hatte den Apachen und Comanchen, den Chinesen und Malaien, den Kaffern und Hottentotten, den Türken, Kurden und Persern imponiert. Warum sollte er hier nicht auch seine Schuldigkeit tun?
    Ich drückte zwölfmal ganz nach dem Takt, in gleichen Intervallen, los und zielte bei jedem Schuß einige Linien tiefer. Dann legte ich ab und zeigte ganz stumm auf die Lanze. Alle erhoben sich und eilten, sie zu betrachten. Selbst der Krumir ging mit. Ein lautes Rufen des Erstaunens erhob sich, während ich die Frist benutzte, schnell wieder zu laden. Die Lanze zeigte zwölf Löcher in ganz genau gleicher Entfernung voneinander. So etwas hatten diese Beduinen noch nicht gesehen. Der Speer wurde aus der Erde gezogen, er ging von Hand zu Hand und wanderte dann sogar durch das ganze Lager.
    Mit scheuen Blicken auf mich und mein Gewehr nahmen die Ältesten wieder Platz.
    „Emir, was für eine Flinte ist das?“ fragte mich der Scheik. „Ist sie von einem Zauberer gemacht?“
    „Du weißt, daß man von einem Zauberer nicht erzählen darf“, antwortete ich ausweichend. „Mit dieser Flinte treffe ich den Utheif (Schwalbe) und den Büdsch (Geier), den Khansir (Eber) und den Nimr (Panther), den Nömmer (Tiger) und sogar den Sihdi el salßali (Herr des Erdbebens). Jedes Wahesch (wildes Tier) und jeder Mensch, der mein Feind sein will, ist verloren, wenn ich sie erhebe. Ich habe jetzt zwölfmal mit ihr geschossen; soll ich noch zehnmal, fünfzehnmal, zwanzigmal mit ihr schießen?“
    „Herr, diese Flinte ist kostbarer, als alle Gewehre, welche ich gesehen habe. Darf man sie angreifen?“
    „Nein. Niemand weiß, wie sie angegriffen werden muß, als nur ich allein. Was sind alle eure Flinten, Lanzen und Messer gegen dieses Zaubergewehr? Setzt euch zu Pferd und greift mich an; ich stehe ruhig, erhebe mein Gewehr und schieße euch von euren Tieren, noch ehe ihr mir die Haut nur ritzen könntet. Und seht diese kleinen Flinten hier in meinem Gürtel. Paßt auf! Ich werde, ohne zu laden, in jene Zeltstange schießen – ein, zwei, drei, vier, fünf, sechs. Seht, und zählt die Löcher! Auch dieser Emir aus Inglistan hat solche Wunderpistolen. Seht ihr sie in seinem Shawl? Wären wir beide auch ganz allein; wir würden uns nicht vor euch fürchten; aber draußen vor dem Lager halten noch sechzig Männer, welche gute Waffen tragen. Blickt hier zwischen den Zelten hindurch! Seht ihr die Köpfe unserer Reiter? Und dennoch wollt ihr diesen Räuber beschützen? Dennoch soll er die Stute und das Mädchen behalten, welche dem Scheik der Sebira gehören? Allah kerihm – Gott ist barmherzig; er möge euch gnädig sein und eure Gedanken lenken, damit unsere Kugeln euch nicht dahin senden, von dannen keine Wiederkehr stattfindet. Wir sind als eure Freunde gekommen; sollen wir eure Feinde eines Räubers wegen sein? Ich will nicht haben, daß sich ein Klagegeschrei erhebt in diesem Tal und daß der Dschebel Schefara widerhalle von dem Totenruf der Mescheer. Eure Ohren hören meine Worte; öffnet auch eure Herzen für meine Rede, mit der ich euch gewarnt habe!“
    Ich setzte mich nieder. Ich hatte einen tiefen Eindruck hervorgebracht und dieser wurde bedeutend verstärkt, als die Männer, welche vorher hinter Achmed das Lager verlassen hatten, zurückkehrten, und zu melden, daß eine große Anzahl Reiter vor dem Duar halte. Man konnte von unserm Platz aus ihre Köpfe und die Spitzen ihrer Lanzen sehen. Jetzt wurde die Beratung

Weitere Kostenlose Bücher