Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
den Schatten des Zeltes niederkauerte. Wer war es? Was wollte sie dort?
    Ich hatte keine Zeit nachzudenken, denn in demselben Augenblick fühlte ich in der Luft jene eigentümliche Penetranz, welche jedes größere, in der Freiheit lebende Raubtier um sich verbreitet, die aber nur derjenige Jäger bereits von weitem empfindet, der sich viel mit solchen Bestien herumgeschlagen hat. Schnell wandte ich das Gesicht zur Seite. Himmel! Ich erfaßte mit einem einzigen Blick zwei Körper, welche sich unhörbar über den Boden hinschlichen. Der eine näherte sich, von mir abgewendet, der Spitze des Dreiecks; der andere hatte mich bereits bemerkt und wandte sich leise, leise zu mir her. Der Panther hatte auch ein Weibchen. Beide waren da, hier auf meiner Seite; heimtückisch, hinterlistig, ohne sich durch einen Laut, durch das geringste Geräusch zu verraten, waren sie herbeigekommen, echt panthermäßig, echt teuflisch – Abu 'l Afrid!
    Natürlich hatte ich keine Zeit, diese Betrachtungen anzustellen. Er war noch ungefähr zwanzig Schritte von mir entfernt. Ich lag platt auf dem Boden. Schnell nahm ich das Bowiemesser zwischen die Zähne, stützte mich langsam auf den linken Ellenbogen, erhob den Lauf und zielte.
    Er merkte diese Bewegung und hielt inne. Sich auf die Hinterpranken erhebend, duckte er sich vorn nieder. Seine Augen rollten groß und weit geöffnet in grünlich gelber Glut; sie wurden kleiner, schmaler, ich wußte, in dem Augenblick, in welchem sie nur noch einen Strich bildeten, würde er springen. Ich hielt auf sein rechtes Auge, drückte ab und schnellte mich in demselben Moment mit solcher Gewalt vom Boden auf und nach der Seite hin, daß ich erst acht Schritte von der Stelle entfernt, auf welcher ich gelegen hatte, zum Halten kam.
    Meinem Schuß folgte ein einziger brüllender Laut, aber so markerschütternd, so gräßlich, daß drüben am Feuer die Hunde vor Angst zu heulen begannen.
    Ein einziger Blick genügte mir, um zu erkennen, daß die Kugel ihre Schuldigkeit getan hatte – der Panther war tot.
    Aber der andere? Ich blickte nach der Seite des Dreiecks hinauf. Dort stand er, hoch aufgerichtet und herüber nach der Gegend starrend, in welcher er den Todesschrei seines Gefährten gehört hatte. Er besann sich; er schien noch einen zweiten Schrei zu erwarten. Dies gab mir Zeit, den abgeschossenen Lauf, zwar mit Sorgfalt, aber doch in fieberhafter Eile wieder zu laden. Dann zog ich mich weiter zurück und kniete nieder. Dies geschah natürlich alles viel schneller, als es sich erzählen läßt.
    Ich hielt mein Auge auf den zweiten Feind gerichtet, und nur einen Gedanken lang schweifte es hinüber nach dem ersten Zelt. Ich erschrak. Dort stand jene weibliche Gestalt, hoch aufgerichtet und hell vom Feuer beschienen, und starrte herüber zu mir. Was wollte sie? Wenn der Panther sie erblickte, so war sie verloren! Und, wahrhaftig, er sah sie; er begann, sich zu bewegen; er schlich sich auf sie zu. Sollte ich rufen – sie warnen?
    Da hielt er plötzlich an; der Geruch des Blutes hatte ihn erreicht. Mit drei, vier, fünf weiten Sätzen war er bei dem toten Tier. Nur einen Augenblick beroch er dasselbe, dann schnellte er sich mit einem wutröchelnden Gebrüll auf das Weib zu. In langen Sätzen sprang ich nach. Nie vorher und später habe ich solche Sprünge fertiggebracht. Hundert Schritte vor mir erreichte er sie und riß sie nieder; aber Gott sei Dank, sein Sprung war zu weit gewesen – er stürzte über sie hinweg. Im Nu stand ich fest, im Nu drehte er sich nach seinem Opfer zurück, im Nu auch krachte mein Schuß. Er zuckte zusammen. Es war ein gefährlicher Schuß gewesen, denn wie leicht konnte ich das Weib treffen! Doch er, er war getroffen; er hatte im Aufleuchten des Schusses meine Gestalt gesehen! Er wußte, daß ich es war, der ihn verwundet hatte; er beachtete seine Beute nicht weiter, sondern schnellte auf mich herbei.
    Ich hatte nur noch einen Schuß, dann war ich verloren. Machte das Tier keine Pause vor mir, so konnte ich nicht sicher zielen – es waren nur drei Augenblicke, aber drei fürchterliche. Doch, es sollte nicht so arg werden. Acht, neun Schritte vor mir hielt das Tier, von vorher klug geworden, wo sein Sprung zu weit gewesen war, an, um Distanz zu nehmen. Es war nur eine Sekunde lang, aber es genügte. Das Auge des ergrimmten Tieres flammte förmlich in der Dunkelheit; es bot mir ein Ziel, wie ich es sicherer gar nicht haben konnte. Der Schuß krachte; ich schnellte mich

Weitere Kostenlose Bücher