18 - Orangen und Datteln
einzelnen Haufen zusammengetrieben?“ fragte ich den Scheik.
„Ja.“
„Wenn wir Abu 'l Afrid oder den Sihdi es salßali schießen sollen, so mußt du tun, was ich begehre.“
„Ich werde es tun.“
„Du wirst zunächst die Pferde längs des Lagers in einer langen Linie aufstellen, dann die Rinder, dann die Kamele und dann die Schafe. Der Platz, auf dem die Tiere ruhen, soll ein Dreieck bilden. Die eine Seite dieses Dreiecks stößt dicht an das Lager, und die beiden andern Seiten bilden eine Spitze, welche gerade vom Lager absteht. Diese beiden Seiten werden nur von den Schafen gebildet; die andern Tiere kommen nach innen, denn sie sind kostbarer. In dem Mittelpunkt des Dreiecks wird ein einziges, großes Feuer entzündet, welches den ganzen Platz beleuchtet.“
„Wo kommen die Wächter hin?“
„Mitten unter die Herden hinein. Sie können sich so postieren, daß sie von dem ‚Herrn des Erdbebens‘ nicht erreicht werden können. Ich und dieser Emir aber werden uns draußen vor die Herden lagern, ein jeder an eine Seite des Dreiecks. Den Wächtern sagst du, daß sie auf keinen Fall schießen dürfen, außer wenn sie selbst angegriffen werden.“
„Herr, dein Plan ist gut; er ist weise, wie der Plan eines Feldherrn.“
Natürlich war dieser Plan sehr vorteilhaft für ihn und die Beduinen. Von der einen Seite wurden die Herden durch die Lagerzelte und von den beiden andern Seiten durch mich und Percy gedeckt. Die Araber konnten sehr zufrieden sein, daß wir zwei alle Gefahr auf uns nehmen wollten.
Als wir in das Lager zurückkehrten, wurden wir von jedermann mit staunendem Auge betrachtet. Es war diesen Leuten geradezu unbegreiflich, daß zwei Männer es wagen wollten, ganz allein es mit dem Löwen und einem schwarzen Panther aufzunehmen. Als wir an dem Krumir vorüberschritten, fing ich einen höhnischen, schadenfrohen Blick auf, den er auf uns warf. Vielleicht hoffte er, durch Abu 'l Afrid oder el Areth von zwei schlimmen Feinden befreit zu werden.
Der Scheik wollte mich nach seinem großen Zelt führen, welches neben demjenigen Stand, in welchem ich bei den Frauen gewesen war. Achmed es Sallah hielt mich auf.
„Sihdi, du willst wirklich den Nimr und den Herrn mit dem dicken Kopf töten?“
„Ja.“
„O, Sihdi, ich weiß, daß du drüben in Algier bereits beide getötet hast; ich weiß auch, daß du mehrere Herrn des Erdbebens erschossen hast in dem Land, wo die Kosa und Tempa (Kaffern) wohnen; aber hier bei uns ist der König des Donners anders als in fremden Ländern; hier müssen ihn viele Kugeln treffen, wenn er sterben soll. Und der Nimr ist noch viel schlimmer; sein Leib hat tausend Leben; seine Seele ist aus tausend Teufeln zusammengewachsen; sein Rachen kann Eisen zermalmen; und seine Krallen sind unwiderstehlich wie die eines Drachen. Bleibe hier; gehe nicht hinaus!“
„Was ich versprochen habe, muß ich halten.“
„So nimm mich mit, Sihdi!“
„Du wirst mir nichts nützen, sondern du kannst mir nur schaden.“
„So werde ich beten zu Allah und den Propheten, daß er die Augen des Nimr und des Vaters der Mähne verblende, damit sie andere Wege gehen.“
Er wandte sich betrübt von mir. Als ich an dem Frauenzelt vorüber wollte, hörte ich ein leise Stimme rufen: „Emir!“
Ich trat ein. Dschumeilah befand sich allein.
„Herr, du willst mit dem Sihdi es salßali kämpfen?“ fragte sie angstvoll.
„Ja.“
„Und mit dem Vater des Teufels?“
„Ja.“
„Allah illa Allah! Tue es nicht!“
„Warum nicht?“
„Du wirst sterben!“
Es sprach sich eine wirklich ernste, herzliche Besorgnis in ihrer vibrierenden Stimme aus. Ich ergriff ihr kleines, braunes Händchen.
„Hast du Angst um mich, Dschumeilah?“
„Sehr!“
Ich zog sie leise an mich.
„Habe keine Sorge! Ich fürchte el Areth nicht.“
„Aber ich fürchte ihn. Hast du nicht gesagt, daß du mein Bruder bist?“
„Ich bin es.“
„Warum willst du mich dann durch deinen Tod betrüben!“
„Würde er dich betrüben?“
Sie antwortete nicht, aber sie lehnte das Köpfchen fester an mich. Es kam eine seltsame, fremde Regung über mich. Dieses Mädchen war die einzige Seele unter den Uëlad Mescheer, welche es wirklich aufrichtig mit mir meinte. Ich legte ihr die Hand unter das Kinn, hob ihr Gesicht empor und küßte sie auf die warmen, nicht widerstrebenden Lippen.
„Allah segne dich, du Rose von Aïun, für die Freundlichkeit deiner Rede! Aber weißt du nicht, daß das Schicksal des Menschen
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