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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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seitwärts, aber dennoch fühlte ich ein Etwas meinen Oberarm streifen, ließ die Büchse fallen und griff nach dem Messer. Nur zwei Schritte vor mir zuckte der Panther am Boden – ein kurzes ersticktes Röcheln, ein konvulsivisches Schlagen der Pranken – dann war es aus.
    Diese fünf Minuten – denn in so kurzer Zeit war das alles geschehen – waren schwer und gefährlich gewesen, aber ich hatte noch schwerere Minuten und Stunden überstanden. Zunächst lud ich meine beiden Läufe wieder, dann eilte ich zu dem Weib. Wer war es? Dschumeilah! Sie lag ohnmächtig am Boden, aber kein Tropfen Blutes, keine Spur einer Verwundung war zu sehen. Der Panther hatte sie nicht mit den Tatzen, sondern mit seinem Leib niedergerissen. Ich hob ihren Kopf empor, und bei dieser Bewegung schlug sie die Augen auf. Es war also doch keine Ohnmacht; sie war bei voller Besinnung und hatte nur vor Angst die Augen geschlossen, weil sie jeden Moment erwartete, von dem fürchterlichen Tier zerrissen zu werden.
    „Emir!“ jubelte sie laut und legte die Arme um meinen Hals.
    „Dschumeilah! Was tust du hier?“
    „Ich hatte Angst um dich!“
    Welch ein Mädchen, und welch eine Unvorsichtigkeit! Aber sollte ich ihr zürnen? Durfte ich schelten?
    „Wenn dich nun der Panther tötete!“
    „Allah war bei mir und du, Emir!“ Da aber richtete sie sich plötzlich empor und faßte mich beim Arm.
    „Hier ist Blut! Du bist verwundet, Herr?“
    Ich hatte es noch gar nicht bemerkt. Beim Todessprung hatte eine Kralle des Tieres meinen Oberarm ein wenig aufgerissen.
    „Es ist nichts, es ist nur eine Wenigkeit, Dschumeilah“, beruhigte ich sie.
    „Ist's wirklich nicht viel? Schmerzt es dich nicht?“
    „Nein! Aber willst du dich hier sehen lassen? Man wird bald kommen. Weiß die Frau deines Oheims, daß du nicht im Zelt bist?“
    „Nein! Sie schläft hinter dem Vorhang. Sie hüllt sich in ihre Tücher, denn sie fürchtet sich vor Abu 'l Afrid und dem Sihdi es salßali.“
    „Abu 'l Afrid wird euch nichts mehr tun. Ich habe ihn und sein Weib getötet.“
    „Beide, Herr?“ fragte sie erstaunt.
    „Beide. Nun aber kehre in das Zelt zurück, denn ich muß fort!“
    „Herr, du bist ein großer Krieger; du bist ein Held wie keiner hier. Dschumeilah wird dich nie vergessen!“
    Sie schlich sich fort. Warum war ich kein Beduine? Oder warum ist sie nicht die Tochter eines anderen Landes? Auch ich habe sie bis heute nicht vergessen.
    Ich untersuchte nun zunächst die beiden Tiere. Dasjenige, welches ich zuletzt getroffen hatte, war das Männchen. Sie waren beide von einer Größe, wie ich sie mir gar nie vorgestellt hatte; sie konnten sich mit einem ausgewachsenen bengalischen Tiger messen.
    Meine zwei Schüsse und die darauffolgende Stille schienen den Engländer besorgt zu machen, denn er tat, was ich auch vorhin getan hatte:
    „Halloo, Sir!“ ertönte seine Stimme.
    „Yes!“ machte ich es ihm nach.
    „War er da?“
    „Well!“
    „Getroffen?“
    „Nein!“
    „Fie devil – Pfui Teufel!“
    „Yes.“
    „Kommt Ihr herüber, oder soll ich –?“
    „Macht Ihr Euch auf die Beine!“
    In zwei Minuten sah ich ihn oben um die Ecke biegen; nach einer dritten stand er bei mir.
    „Vermaledeite Katzen!“ brummte er.
    „Miserabel!“
    „Mein Kater kommt auch nicht wieder!“
    „Wie groß war das junge Kamel? Ein Füllen oder Fohlen?“
    „Hm, vielleicht zweijährig.“
    „Na, Master Percy“, lachte ich, „da kommt Euer Kater allerdings nicht wieder, denn an einem zweijährigen Dschemmel kann er sich samt seiner Familie recht satt fressen. Aber, old shooter, warum habt ihr denn das Tierchen nicht getroffen?“
    „Tierchen? Reitet Euch der Teufel? Der Kerl war ja so groß wie ein achtzigjähriger Elefant!“
    „Hopphopp!“
    „Yes! Habe nie geglaubt, daß ein Löwe ein solcher Kerl sein kann; habe immer nur an die Katzen gedacht, die man in zoologischen Gärten und Menagerien zu sehen bekommt. Und sodann hatte ich meinen Stand sehr unglücklich gewählt. Er fiel zu weit links von mir in die Herde ein, und das Feuer, dessen Schein dazwischen lag, blendete mich. Aber getroffen habe ich ihn; das weiß ich ganz genau.“
    „Habt Ihr den Schweiß gesehen?“
    „Nein. Bin gar nicht von meinem Ort fortgekommen.“
    „Trotzdem er so unglücklich gewählt war? Hättet Euch einen besseren wählen sollen – ungefähr so wie ich, dann hättet Ihr auch etwas geschossen.“
    „Auch? Pshaw! Ihr habt ja auch nichts!“
    „Hm! Kommt einmal

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