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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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uns nicht gefährlich. Sie werden noch nicht viel ausgegangen sein und sind noch täppisch, wie die Fährte zeigt.“
    Wir kehrten zu den Beduinen zurück, um ihnen unsere Anweisungen zu erteilen. Leider brachten wir sie nicht so weit, von den Pferden zu steigen. Sie dachten an die bessere Möglichkeit einer Flucht, ohne zu berechnen, daß die Löwin schnell genug sei, auch den besten Renner einzuholen. Sie umringten das Tal von allen Seiten und stellten sich hart am Rand desselben auf. Nur einige, die am hintern Rand zu halten kamen, stiegen ab, um von oben herab mit Steinen die Tiere aus dem Lager zu treiben.
    Die linke Talwand zeigte einen hohen, schmalen, kanzelähnlichen Vorsprung, der von unten gar nicht und von oben nur mit Vorsicht zu erreichen war. Percy kletterte zu ihm herab und konnte von da aus mit seiner Büchse das ganze hintere Terrain bestreichen. Ich legte mich am Eingang der Schlucht hinter einen Felsen. Die Hunde wurden von einigen Mescheers in gehöriger Entfernung zurückgehalten. In meiner Nähe, da wo der Rand sich niedersenkte und die Wand eine nicht mehr sehr steile Böschung bildete, hielt Scheik Mohammed er Raman. Er hatte wohl diesen Punkt gewählt, um bei aller Sicherheit doch einen Schein des Mutes zu behaupten.
    Als diese Aufstellung genommen war, gab Percy das Zeichen, und sofort wurden eine Menge Steine von oben in das Dickicht herabgeworfen und gewälzt. Ein lautes Fauchen und Knurren antwortete, jedenfalls von den Jungen ausgehend; dann ließ sich auch die Stimme der Alten vernehmen. Es war nicht das mächtige, brusttönende Brüllen eines männlichen Löwen, aber doch so durchdringend und erschütternd, daß die Menschen erblaßten und die Pferde zitterten.
    Der Steinhagel wurde wiederholt. Percy lag platt auf dem Vorsprung, zum tödlichen Schuß bereit. Da regte es sich vorn unter den Dornen, und eines der Jungen kroch hervor; die Alte aber ließ sich noch nicht sehen. Nach einigen Augenblicken kam auch das andere Junge nach.
    „Zielt auf die Kleinen, ihr Männer!“ rief der Scheik hinauf.
    Man gehorchte ihm. Ein Stein traf die kleine Löwin. Sie kreischte schmerzlich auf, und sofort erschien die Alte, aber nicht mit majestätischen Schritten und verächtlichem Blick, wie es der männliche Löwe getan hätte, sondern leise und vorsichtig zu Boden geduckt, echt katzenmäßig. Von meinem niederen Standpunkt aus konnte ich sie sehen, während sie dem Engländer durch die Farnwedel, unter denen sie sich noch befand, verhüllt wurde. Ihre Augen glühten grimmig auf die Reiter hervor, welche die vordere Seite des Kessels besetzt hielten; sie schien die Entfernung zu messen und ob an den steilen Wänden emporzukommen sei.
    Auch Mohammed er Raman konnte sie nicht sehen. Er trieb sein Pferd bis ganz an den Rand heran und rief: „Noch einmal auf die Jungen, ihr Männer! Wenn ihr sie –“
    Er konnte den Satz nicht vollenden. Er hatte sich zu weit hervorgewagt; der lockere Sand gab nach; sein Pferd verlor auf dem losen Steingeröll den Halt und stürzte. Mitten im Sturz warf er sich aus dem Sattel, aber ohne seine Absicht zu erreichen – Pferd und Reiter rollten in den Kessel herab, und zu gleicher Zeit erscholl rundum ein hundertstimmiger Schrei des Entsetzens. Kaum erblickte nämlich die Löwin den herabstürzenden Beduinen, so schnellte sie unter den Farnwedeln mit einer Schnelligkeit hervor, welche es dem Engländer unmöglich machte, einen sicheren Schuß zu tun. Zwar drückte er ab, aber die Löwin war ebenso schnell wie die Kugel, von der sie nicht getroffen werden konnte. In unbeschreiblichen Sätzen kam sie unter heiserem Gebrüll dahergestürzt, um sich auf den Scheik zu werfen. Dieser versuchte eben, ob er sich von dem Fall erheben könne, als er sie erblickte.
    „Allah illa Allah!“ rief er in verzweifelter Angst und warf sich wieder zur Erde.
    Jetzt war sie bei ihm – jetzt berührten ihre Tatzen zum letztenmal die Erde – da drückte ich ab. Die Löwin erhielt die Kugel im Sprung und wurde von ihr um ein weniges zur Seite gerissen. Augenblicklich krachte auch mein zweiter Schuß – der Scheik stieß einen Schrei des Schmerzes aus; das Tier kam gerade neben ihm zu liegen und hatte mit der Kralle seinen Schenkel berührt. Mit einer mehr unwillkürlichen als überlegten Bewegung rollte er sich seitwärts; die Löwin riß den Boden auf, stieß ein letztes, ersterbendes Brüllen aus und streckte dann verendend die gewaltigen Glieder.
    Ich hatte kaum zwölf Schritte

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