18 - Orangen und Datteln
eindringend.
Es blieb mir also nichts übrig, als ihm zu folgen. Er arbeitete sich nach dem Tamarinden hin, und ich blieb ihm auf der Ferse. Wir erreichten die Meute, welche die Tamarinden umstellt hielt, sich aber nicht weiter getraute.
„Was nun?“ fragte Percy. „Geben wir eine Kugel hinein?“
Ich legte mich auf den Boden nieder, wo kein Gezweig den Einblick erschwerte. Da sah ich den Fürchterlichen liegen, zur Seite geneigt, mit gebrochenem Auge und alle vier von sich streckend.
„Sir, Euer Schuß war doch ein guter. Er ist tot.“
„Tot? Wirklich?“
„Ja.“
Bei diesen Worten trat ich vor und bog die Zweige auseinander. Es war ein außerordentlich großes Tier. Die volle, schwärzliche Mähne umfloß wirr den massiven Kopf; die kräftigen, fest geschlossenen Lefzen waren von blutigem Schaum gerötet, und die gewaltigen Tatzen hatten sich im Todeskampf nach einwärts gekrümmt. Eine große, tiefe Lache geronnenen Blutes umgab ihn, und neben ihm lagen die Überreste des Kamels, welche von der Löwin und ihren Jungen zurückgelassen worden waren.
„Heigh-day!“ rief der Engländer. „Da endlich liegt der alte Kater! Wohin habe ich ihn getroffen, Sir?“
„Seht her! Hier hinter der Vorderpranke zwischen die Rippen hinein. Die Kugel muß ihn während des Sprunges erreicht haben.“
„Das ist ihm also doch ans Leben gegangen. Na, ist mir lieb. Brauche mich nun doch nicht auslachen zu lassen! Yes!“
Jetzt nun trauten sich auch die Hunde herbei, und wir hatten alle Mühe, sie von dem Löwen abzuhalten, den sie gewiß arg zugerichtet hätten. Die Beduinen wurden herzugerufen, und als sie herangekommen waren, erhob sich ein ebenso großer Spektakel wie während der Nacht an den Leichen der beiden Panther. Als der König der Tiere nun ganz verhöhnt und beschimpft worden war, wurden die Hunde wieder angekoppelt, und wir brachen auf, um die Löwin aufzusuchen. Bei dem Löwen blieben einige Männer zurück, um aus Ästen eine Schleife zu verfertigen und ihn dann mittels ihrer Pferde nach dem Duar ziehen zu lassen.
Die Löwin hatte ihren entschlafenen Gemahl vor noch nicht gar langer Zeit verlassen, denn ihre Spuren waren noch ziemlich frisch. Vielleicht hätte sie bei dem Toten ausgehalten, wenn sie nicht von der Sorge für die Sicherheit ihrer Jungen geängstigt worden wäre. Sie hatte einen weiten Weg zurückzulegen gehabt, denn wir ritten wohl an die dreiviertel Stunden, ehe wir das Felsental erreichten, in welchem sich der ‚Palast‘ des Herrn mit dem dicken Kopf befand.
Als wir es zu Gesicht bekamen, hielt der Scheik Mohammed er Raman sein Pferd an und deutete auf das wüste Steingewirr.
„Hier ist das Battn el Hadschar (Bauch der Steine), Emir, wo der König der Mähne sein Weib und seine Kinder hat“, sagte er. „Meinst du, daß sein Weib so mutig sein wird wie er selbst?“
„Sicher! Wenn eine Löwin ihre Jungen verteidigt, so ist sie doppelt zu fürchten.“
„Wer wird sie schießen, wir oder Ihr?“
Aha, der Mescheer schien bei dieser doppelten Fürchterlichkeit bedenklich zu werden.
„Wir!“ antwortete ich. „Ihr sollt nur das Tal so umstellen, daß sie uns nicht entkommen kann. Bleibt zurück, bis wir uns den Ort genau betrachtet haben!“
Ich stieg mit dem Engländer wieder ab. Wir übergaben unsere Pferde Achmed wieder, nahmen unsere Büchsen und folgten der Fährte.
Das Tal bildete einen nicht zu großen, länglichen Kessel, der nur einen einzigen Zugang hatte. Es hatte ganz das Aussehen, als sei es durch den jähen Einsturz einer unterirdischen Klüftung entstanden. Seine Wände stiegen sehr steil empor, und sein Sohle war von wirren Felsentrümmern angefüllt, zwischen denen einige harte Gräser dürsteten, während im Hintergrund schlanke Farne und nackte Dornen ein schwer zu durchdringendes Dickicht bildeten.
„Da drin stecken die Katzen. Nicht, Sir?“ fragte Percy.
„Höchstwahrscheinlich. Wenigstens führen alle Spuren hinein, deren es hier genug gibt.“
„Hier können wir die Hunde nicht gebrauchen. Werden die Tiere mit Steinen heraustreiben. Well!“
„Soll ich die Löwin nehmen, Sir?“
„Nein. Laßt sie mir!“
„Meinetwegen. Sie ist beinahe ganz ohne Gefahr zu erlegen. Wir lassen die Pferde zurück und umzingeln das ganze Tal. Ihr könnt da links auf dem Vorsprung Posto nehmen, wo sie gleich beim Austritt aus dem Dickicht zu treffen ist, und ich verlege ihr den Ausgang aus dem Tal. Solltet Ihr sie fehlen, so wird sie mein. Die Jungen sind
Weitere Kostenlose Bücher