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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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von ihr entfernt gelegen und sprang herbei, um mit dem Messer bereit zu sein. Es war nicht notwendig; sie war tot.
    „Stehe auf, Scheik“, sagte ich. „Sittna Areth ist gestorben!“
    „Ist sie wirklich tot?“ fragte er mit vor Schreck ganz weißen Lippen, indem er sich von der Erde raffte.
    „Ja.“
    „Emir, sie wollte mich fressen!“
    „Allerdings, und zwar mit Haut und Haar und Burnus. Du hättest gar nicht Zeit gehabt, die Sure des Todes zu beten. Nun aber ist sie selber in allen ihren Sünden von hinnen gefahren.“
    „Sie wird in der Hölle wohnen, heut und in alle Ewigkeit, Effendi!“
    Nach dem lauten Angstschrei aller hatte bis jetzt ringsum das Schweigen des Entsetzens geherrscht. Nun aber brach von allen Seiten ein wahrhaft betäubender Jubel los, und alles kam von rechts und links herbeigeeilt, um in die Schlucht zu gelangen, die dem Anführer der Mescheer beinahe so verhängnisvoll geworden wäre.
    Glücklicherweise hatte sich dieser keinen Schaden getan, und die Verwundung seines rechten Schenkels bestand nur in einem leichten Riß, der ihm ein kleines Stückchen Fleisch gekostet hatte. Auch sein Pferd war wohlbehalten davongekommen. Am schlimmsten erging es wieder der toten Löwin, deren bürgerliche Ehre durch die verächtlichsten Worte und Gebärden vollständig zugrunde gerichtet wurde. Ihre Jungen wurden gefangengenommen und gefesselt, um unsern Triumphzug zu verherrlichen.
    Ein jeder war mit dem Ergebnis unseres Jagdzuges zufrieden, nur der Engländer nicht. Auch er hatte sich eingefunden und stand jetzt an meiner Seite.
    „Vexatious, immense vexatious – ärgerlich, ungeheuer ärgerlich!“ brummte er. „Läuft mir diese armselige Katze unter der Kugel weg!“
    „Tröstet Euch, Sir“, antwortete ich. „Sie ist doch noch getroffen worden!“
    „Das ist's ja eben! Getroffen worden, aber nicht von mir! Ich könnte sie totprügeln, wenn sie noch nicht tot wäre. Yes!“
    „Ich gebe Euch die aufrichtige Versicherung, daß ich sie auch nicht getroffen hätte, wenn ich an Eurer Stelle gewesen wäre. Sie fuhr ja so gedankenschnell aus dem Dickicht hervor, daß sie an Euch vorüber war, ehe Ihr nur den Finger anlegen konntet. Glaubt mir, es wird kein Mensch gering von Euch als Schütze denken.“
    „Will's hoffen! Würde einen jeden niederboxen, der es wagen wollte, sich über mich zu mokieren. Well. Ist aber ein gewaltiges Viehzeug, diese Katze; wohl kaum unter achteinhalb Fuß Länge. Wer unter solche Handschuhe gerät! Brrr!“
    Da es hier kein Material zur Schleife gab, so wurde der Löwin die Haut abgezogen; das Fleisch blieb liegen. Dann brachen wir auf. Scheik Mohammed er Raman ritt neben mir.
    „Emir“, meinte er. „Ich habe dir mein Leben zu verdanken. Allah segne dich dafür! Sage mir, was ich tun soll, um dir zu zeigen, wie lieb ich dich gewonnen habe!“
    „Wenn du wirklich glaubst, mir etwas schuldig zu sein, so sorge dafür, daß der Scheik Ali en Nurabi sein Kind und seine Stute zurückerhält!“
    „Das habe ich dir bereits versprochen, und ich werde mein Wort halten. Aber du wirst mir erlauben, nachzudenken, welche Liebe ich dir noch erweisen werde. Was wäre ich jetzt ohne deine Kugel! Ihr habt uns errettet von Areth und Sittna Areth, von Abu 'l Afrid und Omm el el Afrid. Nun können meine Herden ruhig grasen, und die Söhne der Mescheer werden nicht mehr zerrissen und gefressen werden. Wir werden heut eine große Diffa (Gastmahl, Gelage) halten, dir zu Ehren und zu Ehren des Emir aus Inglistan. Mein Leben ist dein Leben, und mein Tod ist dein Tod. Dein Wohlergehen soll mir sein wie das Auge, welches ich nicht verlieren will.“
    Als wir auf dem Rückweg das Gesträuch erreichten, in welchem wir den Löwen gefunden hatten, war derselbe bereits fortgeschafft worden. Eine breite Spur, welche von der Schleife gezogen worden war, bezeichnete den Weg, den die Mescheer mit dem toten ‚Wüstenkönig‘ genommen hatten. Übrigens habe ich nicht gefunden, daß die Bezeichnung ‚Wüstenkönig‘ eine richtige sei. In der eigentlichen Wüste ist der Löwe nie zu sehen; er würde dort weder die notwendige Nahrung noch auch das Wasser finden, von welchem er als Fleischfresser täglich eine sehr ansehnliche Quantität verbraucht. Er kommt nur in der Steppe und den Oasen vor, welche er zu erreichen vermag, ohne lange und anhaltend Durst leiden zu müssen. Wunderbar war es übrigens, daß es uns gelang, einen Löwen und einen Panther samt den beiden Weibchen auf einem so engen

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