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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die Gegend bis zum Nil genau kannte, so konnte er uns als Führer von Nutzen sein. Marrabah war als armer Teufel nur mit einem baumwollenen Hemd bekleidet und saß auf unserem Packpferd, welches während dieses Rittes kein Gepäck zu tragen hatte. Seine Waffen bestanden in einem alten Messer und einem noch älteren Spieß, von denen ich überzeugt war, daß sie keinem Menschen schaden würden, da ihr Träger und Besitzer sich schon am ersten Tag als ein zwar guter Kerl, aber außerordentlicher Hasenfuß entpuppt hatte. Halef und ich ritten junge, aber sehr kräftige und ausdauernde Fadasihengste, Pferde, welche im tiefen Wüstensand große Schnelligkeit entwickeln und im Wasser wie die Fische schwimmen.
    Wir hatten seit heute früh den jetzt wasserlosen Nid e' Nil weit von uns zur rechten Hand, und so nahm ich an, daß wir den Bahr el Abiad ungefähr in der Gegend der Insel Abu Nimul oder der Mischrah Om Oschrin erreichen würden. Die Gegend war vollständig eben; zur Regenzeit grünende Steppe, bot sie uns als jetzt kahle, ausgetrocknete Fläche nicht einen einzigen Grashalm, über den sich unsere Augen hätten freuen können. Dazu brannte die Sonne mit einer so verzehrenden Glut auf uns hernieder, daß wir um die Mittagszeit haltmachten, um den Pferden Erholung zu gönnen und die größte Tageshitze vorüber zu lassen.
    Wir saßen still beisammen und aßen einige Datteln, das einzige, was wir hatten. Da deutete Halef gegen Osten und sagte:
    „Sihdi, da draußen am Horizont sehe ich einen weißen Punkt. Ob das wohl ein Reiter ist?“
    Da ich der angegebenen Richtung den Rücken zukehrte, stand ich auf und drehte mich um.
    „Siehst du ihn?“ fragte der kleine Hadschi weiter.
    „Ja“, antwortete ich; „der Punkt, den du meinst, bewegt sich auf uns zu. Was so hell schimmert, ist ein weißer Burnus. Die Bewegung ist so rasch, daß wir es nicht mit einem Fußgänger, sondern mit einem Reiter zu tun haben.“
    „Ist er etwa bewaffnet?“ fragte da der Fori-Neger ängstlich.
    „Natürlich! Jedermann geht hier mit Waffen, wie du weißt.“
    „O Allah, Allah, bewahre mich vor dem neunmal geschwänzten Teufel! Meinst du, Herr, daß dieser Reiter uns feindselig angreifen wird, uns vielleicht ersticht oder gar erschießt?“
    Die Furcht vergrößerte seine Augen, und er spreizte alle zehn Finger aus, als ob er die Gefahr damit abwenden wolle. Da fuhr ihn der wackere Halef zornig an:
    „Uskut, gerbu – schweig, Hasenfuß! Wie kann ein einzelner es wagen, uns, die wir zu dreien sind, zu überfallen! Und wenn es zwanzig oder fünfzig wären, wir würden uns nicht fürchten. Wir habenden Löwen und sogar den schwarzen Panther erlegt; wir haben den Elefanten und das Nilpferd gejagt; mein Sihdi und ich, wir ganz allein haben gegen hundert Feinden gestanden, ohne daß es unsern Herzen eingefallen ist, schneller zu schlagen. Ich sage dir, solange du bei uns bist, wird es keinem Feind gelingen, dir nur ein einziges Haar zu krümmen. Aber leider wächst auf deinem Kopf nur die Wolle des Schafes anstatt des schönen Schmuckes der tapfern Männlichkeit. Darum bist du ein Schaf und wirst eines bleiben, bis dich Allah zu deinen Vätern versammelt, wenn du überhaupt einen Vater gehabt hast; denn nur tapfere Männer dürfen von ihren Vätern sprechen!“
    Das war von meinem kleinen Hadschi nicht höflich gesprochen. Er haßte nichts so sehr als Furchtsamkeit. Ein mutloses Wort oder gar eine feige Tat konnte ihn in Wut versetzen. Während dieser Zurechtweisung war der fremde Reiter näher gekommen. Er sah uns und hielt an. Jedenfalls überlegte er, ob er uns ausweichen oder sich zu uns wenden solle. Er entschloß sich für das letztere und kam auf uns zugeritten. Er saß auf einem falben Beni-Schanqolpferd und hatte den weißen Burnus so um sich geschlagen, daß wir nun die lange, arabische Flinte sahen, welche er in der Hand hielt, nicht aber die andern Waffen, welche er im Gürtel trug. Kurz vor uns parierte er sein Pferd und musterte uns mit Augen, welche nichts weniger als freundlich auf uns blickten. Dann fragte er kurz im Ton eines Gebieters:
    „Wer seid Ihr?“
    Es fiel mir nicht ein, zu antworten; auch Hadschi Halef Omar schwieg. Der Fori-Neger duckte sich zusammen wie ein Huhn, über welchem der Habicht schwebt.
    „Wer seid ihr?“ wiederholte der Beduine in noch strengerer Weise als vorher.
    Da stand der kleine Halef vom Boden auf, zog sein Messer, trat auf ihn zu und sagte:
    „Steig herunter, und nimm dein Messer, um

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