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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vertrocknete Steppe; sie war hart, malmte aber unter den Hufen unserer Pferde leicht in Staub. Darum war es kein Wunder, wenn wir nach ungefähr einer Stunde eine Spur, welche aus Südwesten kam, gleich bemerkten. Sie war breit, und ich stieg natürlich von meinem Pferd, um sie zu untersuchen. Ich habe während meiner langjährigen Reisen in wilden Ländern nie eine Fährte unbeachtet gelassen, und nur diesem Umstand verdanke ich es, daß ich heute noch lebe. Bei genauer Prüfung zeigte es sich, daß diese Spur von wenigstens sechzig Pferden und Kamelen herstammte und grad in der von uns beabsichtigten Richtung nach dem Nil führte.
    Das waren jedenfalls Baqqara gewesen. Diese bedienen sich der Ochsen zum Reiten und steigen nur bei Jagd- oder Kriegszügen zu Pferd. Wir hatten es also mit einem solchen zu tun, und es blieb nur zu entscheiden, ob es ein Kriegs- oder Jagdzug gewesen war. Diese Entscheidung war sehr leicht zu treffen, denn auf die Jagd nimmt man nicht so viele Kamele mit. Diejenigen, welche hier geritten waren, kehrten also vom Krieg zurück, und da in jenen Gegenden Krieg ganz gleichbedeutend mit Raub, besonders Sklavenraub, zu sein pflegt, so hegte ich die Überzeugung, daß wir die Fährte einer Ghasuah vor uns hatten. Ein Kriegszug, zum Zwecke, Schwarze zu überfallen und Sklaven zu machen, wird nämlich Ghasuah genannt.
    Noch hielten wir an derselben Stelle, da sahen wir im Südwest, also da, woher die Fährte kam, einen Trupp von vielleicht zwanzig Reitern erscheinen, welche sich im Galopp näherten.
    „Sihdi, das sind Neger“, sagte Halef. „Ich sehe schon von weitem die schwarze Farbe ihrer Angesichter. Von welchem Stamm werden sie wohl sein? Hier in dieser Gegend gibt es außer den Schilluk keine Neger.“
    „Schilluk sind es nicht. Diese bewohnen nur die Ufer des Nils, während diejenigen, welche wir hier sehen, aus der inneren Steppe kommen. Da sie sich genau auf dieser Fährte halten, möchte ich annehmen, daß sie die Verfolger der hier vorübergekommenen Sklavenräuber sind.“
    „Dann können wir uns auf eine feindselige Begegnung gefaßt machen!“
    „Allerdings. Wir bleiben trotzdem hier halten, um sie zu erwarten.“
    „Nein, nein, wir fliehen, wir reißen aus!“ rief der Fori-Neger. „Ich muß nach Mekka; ich will leben bleiben; ich mag nicht erschossen oder erschlagen werden! Allah behüte und bewahre mich vor dem neunmal geschwänzten Teufel! Ich reite fort. Wozu hätte mein Pferd denn vier Beine, wenn es nicht mit ihnen laufen soll!“
    Er wollte wirklich fort; Halef aber griff ihm in die Zügel und hielt ihn zurück, indem er ihn anzürnte:
    „Wenn du ausreißen willst, so lauf mit deinen eigenen Beinen, aber nicht mit denen dieses Pferdes, welches nicht dir, sondern uns gehört, Feigling! Wir bleiben da!“
    „Aber sie werden uns töten!“ zeterte der furchtsame Schwarze.
    „Fällt ihnen nicht ein!“
    „Doch, doch! Siehst du denn nicht, daß sie uns umzingeln wollen? O Allah, Allah! O Schreck, o Unglück, o Herzeleid! O Mohammed, o ihr heiligen Kalifen, begnadet meinen Leib und meinen Geist, meine Seele und mein Leben mit eurem Schutz!“
    Er warf sich vom Pferd und kroch unter dasselbe, wo er sich wimmernd niedersetzte, um das Ende seiner Tage zu erwarten. Den Spieß und das Messer hatte er weggeworfen, damit man ihn ja nicht für einen gegnerisch gesinnten Menschen halten sollte.
    Es war allerdings so, wie er gesagt hatte: die Schwarzen teilten sich und kamen dann von zwei Seiten auf uns zu galoppiert, um uns einzuschließen. Ich ließ dies sehr ruhig geschehen. Nur ein einziger von diesen Reitern war in ein Wollenhemd gekleidet; die andern trugen nur einen schmalen Hüftenschurz. Ihre Pferde waren abgetrieben und taugten überhaupt nicht viel; jedenfalls kamen sie aus den sumpfigen Niederungen des Bahr Seraf, Bahr el Ghasal oder Bahr el Dschebel, wo Pferde gar nicht oder nur sehr schlecht gedeihen. Ihre Waffen bestanden aus Messern, aus schweren Hegelikholz-Keulen und langen Kocablanzen. Nur der mit dem Hemd Bekleidete hatte eine Flinte. Dieser Mann war ein wahrer Riese von Gestalt, viel, viel länger und breiter als ich. Tiefe Blatternarben, welche sein Gesicht ganz zerrissen hatten und die Schwärze desselben rot durchzogen, gaben ihm ein schreckliches Aussehen. Sie alle hatten drei Narben auf der Stirn, welche von Messerschnitten herrührten und als Schmuck und Auszeichnung dienen sollten. Ihre Köpfe waren mit einem Teig aus Asche und Kuh-Urin so dick und

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