18 - Orangen und Datteln
hoch beschmiert, daß die Haare vollständig darunter verschwanden und es aussah, als ob sie Mützen trügen; dies hat den doppelten Zweck, die männliche Schönheit zu erhöhen und das Ungeziefer fernzuhalten. Diese Teighelme und die Stirnnarben sagten mir, daß die Neger zum Volk der Nuehr gehörten.
Also wir ließen es ruhig geschehen, daß sie uns umzingelten, doch hatte ich meine Revolver gelockert und den Henrystutzen schußbereit quer über die Knie gelegt. Ich war nämlich wieder in den Sattel gestiegen. Die Schwarzen schwenkten unter gräßlichem Geheul ihre Lanzen; es war ein kritischer Augenblick. Da, als sie uns vollständig eingeschlossen hatten, schwiegen sie und der Blatternarbige blieb vor mir halten und fuhr uns mit einem sehr verdorbenen Arabisch, wie es von jenen Negern gesprochen wird, grimmig an:
„Wer seid ihr? Was tut ihr hier? Rede schnell, sonst erwürge ich dich!“
„Wir sind Fremde und ziehen auf friedlichen Wegen“, antwortete ich.
„Du lügst; ihr seid Baqqara“, zischte er mir zu, indem er sein Pferd näher trieb.
„Ich sage die Wahrheit; wir gehören nicht zu den Baqqara, und ich bin überhaupt kein Araber, sondern ein Europäer.“
„Hund, wagst du, mich täuschen zu wollen? Die Europäer haben Gesichter wie die Farbe des Wasserschaumes; du aber bist dunkel und willst mich mit einer Lüge betrügen; ich erwürge dich!“
Bei diesen Worten trieb er sein Pferd hart an das meinige und streckte die Fäuste nach meinem Hals aus. Es galt, mich zu wehren, ohne ihn zu verletzen oder gar zu töten, und dabei in der Weise Herr der Situation zu bleiben, daß sich niemand an mir vergreifen durfte. Ich warf also, um die Hände frei zu bekommen, Halef blitzschnell meinen Stutzen zu, richtete mich hoch in den Steigbügeln auf und schlug dem Schwarzen, eben als er mich packen wollte, die Faust mit solcher Gewalt gegen die Schläfe, daß er zurückflog. Das war der wohlgeübte Jagdhieb, der mir drüben in den amerikanischen Prärien den Ehrennamen Old Shatterhand (Schmetterhand) eingetragen hatte. Er verfehlte auch hier seine Wirkung nicht; dem blatternarbigen Riesen schwand die Besinnung; ebenso schnell, wie er den Faustschlag erhalten hatte, faßte ich ihn beim Gürtel, an welchem ich ihn zu mir herüberriß, so daß er quer vor mich zu liegen kam, hielt ihn mit der linken Hand, zog mit der Rechten mein Messer, zückte es über ihm und rief seinen Leuten drohend zu:
„Bleibt still! Rührt euch nicht, sonst ersteche ich ihn! Wenn ihr Frieden haltet, wird ihm nichts geschehen. Ich bin ein Freund der Nuehrs; ich habe viele Wochen lang bei den Stämmen der Laq, Eliab und Agonq gewohnt und bin ein Bruder von ihnen geworden; euch aber kenne ich nicht. Wie ist der Name eures Stammes?“
Diese Frage richtete ich an einen jungen, sehr kräftigen Reiter, welcher der mutigste zu sein schien, denn er hatte seine Lanze auf mich gezückt und diese drohende Bewegung nur deshalb wieder rückgängig gemacht, weil mein Messer über dem Blatternarbigen schwebte.
„Wir gehören zu den Eliab“, antwortete er finster.
„Dann müßtet ihr mich kennen, denn ich bin bei euch am Bahr el Dschebel gewesen.“
„Unsere Abteilung ist nach dem Bahr el Ghasal gezogen“, erklärte er.
„Ich habe davon gehört. Euer Beng-did (Anführer) wird Abu djom, Vater des Windes, genannt, weil er im Kampf mit der Schnelligkeit des Windes zu siegen pflegt. Er ist der stärkste und tapferste Krieger aller Stämme der Nuehrs.“
„Und doch hast du ihn mit noch viel größerer Schnelligkeit besiegt!“
„Ich? Wie?“ fragte ich verwundert. „So ist der Gefangene hier in meinen Händen wohl Abu djom?“
„Ja, er ist's, mein Vater; ich bin sein Sohn. Du bist stark und schnell, wie Abu es Sidda (Vater der Stärke), von dem uns unsere Brüder vom Bahr el Dschebel erzählt haben.“
„Abu es Sidda? Der bin ich; die Eliab haben mir diesen Namen gegeben; das stimmt.“
Da machte der junge Neger eine Bewegung der Überraschung und rief aus:
„Ja, das stimmt! Wurde der kleine Mann da neben dir nicht Abu Kalilin genannt?“
„Allerdings“, antwortete ich. Mein kleiner Hadschi Halef Omar besaß nämlich einen außerordentlich spärlich gewachsenen Schnurrbart, welcher, obgleich er ungemein stolz auf denselben war, aus nur sehr wenigen Haaren bestand. Daher hatten ihn die Eliab in ihrer bezeichnenden Ausdrucksweise Abu Kalilin, d.i. ‚Vater der Wenigen‘, nämlich Haare, genannt, was dem lieben Schwerenöter
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