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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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während die Baqqara weit zahlreicher gewesen waren.
    Abu djom, der Anführer, erzählte mir das alles, während seine Leute in stillem Grimm rundum saßen. Als er geendet hatte, sprang er auf und rief:
    „Nun steigt wieder auf die Pferde, ihr Männer! Wir müssen weiter eilen, sonst kommen wir zu spät.“
    „Halt, wartet noch“, bat ich dagegen. „Ihr habt noch Zeit zu warten!“
    „Warten? Emir, ist das dein Ernst? Wenn die Gefangenen über den Fluß hinüber sind, so sind sie für uns verloren!“
    „Nein. Die Fährte, welche wir hier sehen, ist über einen Tag alt. Der Zug ist gestern mittag hier vorübergekommen und hat also am Abend den Fluß erreicht. Hat man die Sklaven sofort über den Nil schaffen wollen, so ist dies bereits geschehen, und wir können es nun nicht mehr hindern; hat es aber Gründe gegeben, sie noch am diesseitigen Ufer zurückzuhalten, so können diese Gründe auch jetzt noch vorliegen, und eure Verwandten sind noch nicht hinüber.“
    „Eben darum müssen wir eilen! Meine Seele sehnt sich, das Messer in das Blut der Räuber und Mörder zu tauchen!“
    „Willst du, daß ihr Messer sich in dein Herz taucht? Wir befinden uns auf dem Gebiet der Baqqara, deren hiesige Abteilung, die Selim, gewiß fünfhundert Krieger zählt; ihr aber seid nur zwanzig.“
    „Ich denke, du willst uns helfen, Emir?“
    „Ja, das werde ich tun; ihr seid ja meine Brüder.“
    „Nun, ich habe euch vernommen, daß ihr niemals die Feinde zählt, wenn es auch Hunderte sind. Wenn ihr uns helft, brauchen wir uns nicht zu fürchten. Ich weiß, daß du ein Zaubergewehr hast, mit welchem du immerfort schießen kannst, ohne laden zu müssen. Was sind da fünfhundert Baqqara gegen uns!“
    Er meinte meinen Henrystutzen, welcher allerdings fünfundzwanzig Schüsse hatte. Ich antwortete ihm:
    „Wir pflegen freilich unsere Feinde nicht zu zählen, weil wir uns weniger auf Gewalt als vielmehr auf unsere List verlassen. Mein Gewehr gibt mir ja eine große Übermacht, aber ich mag nicht Menschen töten, wenn dies nicht unbedingt nötig ist und ich ohne Blut zum Ziel gelangen kann.“
    „Nicht töten?“ fragte er erstaunt. „Was haben diese Hunde anders verdient als den zehnfachen Tod!“
    „Ich bin ein Christ, und wir Christen rächen uns nicht, sondern lassen die Strafe Allah und der Obrigkeit über. Dazu haben diese Baqqara nicht mir etwas getan, und es fällt mir also nicht ein, unnötigerweise ihr Blut zu vergießen. Willst du unsere Hilfe haben, so höre auf mich, und wenn die Rettung der Eurigen möglich ist, so werde ich sie retten; willst du dich aber nicht nach mir richten, so reite ohne uns weiter, und ich sage euch, daß ihr noch heute abend dem Tod in die Arme gehen werdet. Ihr wenigen werdet unter den vielen Baqqara sein wie zwanzig Schakals unter fünfhundert Hyänen.“
    Er starrte lange finster vor sich nieder. Auch keiner seiner Leute sagte ein Wort. Die Nuehrs sind nicht Mohammedaner, sondern Heiden; er konnte meine milden, christlichen Anschauungen nicht begreifen; nach seiner Ansicht schrie die Tat nach Blut, vergossen von seiner eigenen Hand. Darum kam ich seinem Entschluß zu Hilfe, indem ich drängte:
    „Wähle zwischen List oder Gewalt, zwischen mit uns oder ohne uns! Im ersteren Fall wirst du die Sklaven wahrscheinlich retten; im letzteren sind sie aber verloren und ihr mit ihnen.“
    „Laß mich zuvor mit meinen Kriegern reden, Emir“, bat er.
    „Tue es; ich werde so lange warten“, antwortete ich, indem ich aufstand und mich mit Halef eine Strecke entfernte, um nicht zu stören. Nach einiger Zeit wurden wir zurückgerufen. Die Nuehrs hatten sich erhoben, und ihr Anführer sagte mir:
    „Emir, wir bitten dich, uns nicht zu verlassen. Wir wollen unsere Frauen, Söhne und Töchter zurückhaben und werden tun, was du gebietest. Wir wollen kein Blut vergießen, sondern mit den Baqqara über den Blutpreis verhandeln. Aber wenn sie beides verweigern, so werden wir kämpfen, auch wenn es ganz sicher ist, daß wir dabei untergehen. Was wirst du in diesem Fall tun?“
    „Euch beistehen, denn ihr seid meine Brüder.“
    „So sei unser Scheik und Emir, Herr; wir folgen dir!“
    „Dann verlange ich aber, daß ihr jeder meiner Weisungen Gehorsam leistet. Geschieht dies nicht, so endet das Wagnis, welches wir unternehmen, mit unserem Verderben.“
    Wir stiegen alle in die Sättel und ritten fort, der Fährte nach, ich voran und Halef an meiner Seite. Die Nuehrs sprachen hinter uns leise

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