18 - Orangen und Datteln
freilich gar nicht lieb gewesen war; jetzt aber fiel er schnell ein:
„Ja, so war mein Name bei den Eliab. Ihr kennt also mich und meinen berühmten Sihdi? Da werdet ihr wissen, daß wir zwar große Krieger, aber eure Brüder sind und ihr also nichts von uns zu befürchten habt.“
„Ja, ihr seid unsere Freunde und werdet nicht nur meinen Vater wieder freigeben, sondern uns auch gegen die Baqqara helfen. Erlaub mir, euch im Namen aller unserer Krieger zu begrüßen!“
Er kam erst zu mir und dann zu Halef, um uns erst in das Gesicht und dann in die rechte Hand zu spucken, welche Höflichkeit wir ihm sofort zurückgaben. Wir durften den Speichel nicht wegwischen, sondern mußten ihn eintrocknen lassen, denn so unappetitlich diese Art der Begrüßung ist, es wird durch dieselbe der Bund auf Tod und Leben abgeschlossen und besiegelt. Wer mit wilden Völkern auf du und du freundschaftlich verkehren will, muß sich auf gar vieles gefaßt machen, was er daheim wahrscheinlich mit Ohrfeigen vergelten würde.
Es verstand sich ganz von selbst, daß wir alle abstiegen und ich dabei den Anführer sorgfältig zu Boden gleiten ließ. Die Seinen befürchteten, ich hätte ihn erschlagen; er kam aber bald wieder zu sich und verzieh mir gern den Hieb, als er erfuhr, wer wir waren. Das Anspucken erlebte jetzt selbstverständlich eine zweite Auflage, was heute wohl nicht mehr abstoßend wirken wird, da ich mit gutem Gewissen versichern kann, daß ich mich seit jener Zeit, einer ganzen Reihe von Jahren, schon einigemal gewaschen habe.
Niemand war über das so schnell und unerwartet hergestellte gute Einvernehmen so erfreut, wie unser Fori-Neger Marrabah. Er lachte vor Entzücken am ganzen Gesicht, drehte dabei das Weiße der Augen fast aus den Lidern und zeigte ein Gebiß, welches einem Jaguar alle Ehre gemacht hätte.
Wir erfuhren nun, daß meine Vermutung in Beziehung auf die Ghasuah ganz richtig gewesen war. Wir befanden uns auf der Fährte eines Sklavenraubzuges, den die Baqqara nach dem Bahr el Ghasal unternommen hatten. Die dort wohnende Abteilung der Eliab-Nuehrs war nicht zahlreich, und ihre erwachsenen Männer waren auf der Jagd abwesend gewesen. Darum hatten die Baqqara, als sie das Dorf überfielen, keinen nennenswerten Widerstand gefunden. Die alten Leute und kleinen Kinder waren nach der gräßlichen Art und Weise, in welcher die Sklavenjagd betrieben zu werden pflegt, einfach umgebracht worden; die jüngeren Frauen, die Knaben und Mädchen aber hatte man fortgeschleppt, um sie an Händler zu verkaufen.
Das ist freilich keine sehr leichte und gefahrlose Sache, denn der Sklavenhandel ist verboten, aber es gibt selbst heut noch Gelegenheiten und Wege genug, die ‚Waren‘ an den Mann zu bringen. Wenn der Transport den Nil überschritten hat und sich auf dem östlichen Ufer desselben befindet, wird der Zug als gelungen betrachtet. Dort gilt der Schwarze nach unserm Geld durchschnittlich fünfzig Mark; je weiter man ihn dann nach Norden bringt, desto höher steigt sein Wert. Der Transport nach dem Nil ist zwar mit Schwierigkeiten verknüpft, aber nicht eigentlich gefährlich. Von wirklicher Gefahr ist erst dann die Rede, wenn er den Fluß erreicht und denselben zu überschreiten hat, da dort Beamte stationiert sind, welche mit Hilfe von Truppen Jagd auf die Sklavenjäger und Sklavenhändler zu machen haben. Wer jedoch die Pflichttreue dieser Leute kennt, der weiß, daß dieselbe einem goldenen oder auch nur silbernen Händedruck meist nicht zu wiederstehen vermag. Das Schrecklichste bei einer Ghasuah ist, daß auf jeden brauchbaren Sklaven, den sie ergibt, durchschnittlich drei andere Menschen kommen, welche dabei ermordet werden. Afrika verliert auf diese Weise jährlich zwei Millionen Geschöpfe, welche ebenso Gottes Ebenbild sind und Freude und Leid nicht weniger tief empfinden als wir!
Die Eliab-Nuehrs hatten, als sie von der Jagd heimkehrten, ihr Dorf verbrannt und verwüstet und zwischen den Trümmern die Leichen oder deren verkohlte Reste gefunden. Entsetzen hatte sich ihrer bemächtigt, und demselben waren grimmige Wut und Durst nach Rache gefolgt. Sie hatten sich, so gut es ging, für einige Zeit verproviantiert und waren dann auf ihren von der Jagd ermüdeten Pferden aufgebrochen, den Sklavenräubern nachzueilen. Leider, oder wie ich dachte, glücklicherweise war es ihnen nicht gelungen, dieselben einzuholen. Ich war überzeugt, daß sie den kürzeren gezogen hätten, denn sie zählten nur zwanzig Männer,
Weitere Kostenlose Bücher