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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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du genau, daß der Christ, von dem du redest, auf der Mischrah wohnt?“
    „Natürlich weiß ich es, denn er ist ein Missionar, und ich bin sein Diener. Ich bin von Khartum mit ihm hierher gekommen, und heut sendet er mich nach Tassin hinüber, wo ich diese Pakete abzuliefern habe.“
    „Was enthalten sie?“
    „Bibeln in arabischer Sprache.“
    „Wie heißt der Missionar?“
    „Sein Name ist Gibson; hier aber wird er nur Abu el mawadda, Vater der Liebe, genannt, weil seine Lehre die Lehre der Liebe ist. Wenn ihr ihn sehen wollt, so werdet ihr ihn auf der Mischrah finden.“
    „Wie weit ist es bis dorthin?“
    „Ihr werdet mit der Dämmerung dort ankommen, wenn ihr der Spur weiter folgt, auf welcher ihr bisher geritten seid.“
    „Von wem stammt die Fährte?“
    „Von einer Ghasuah, welche die Baqqara zu den Nuehrs unternommen haben; sie sind siegreich heimgekehrt.“
    „Wo befinden sich die Sklaven, welche sie gemacht haben?“
    „Auf einer kleinen Insel, welche unweit der Mischrah in dem Fluß liegt. Ich würde euch dies nicht sagen, wenn ihr nicht zu den Rizekat gehörtet, welche Freunde der Baqqara sind. Jetzt aber muß ich weiter. Chatirkum; fi amahn allah – lebt wohl; ich befehle euch in Allahs Schutz!“
    „Allah jekuhn rna'ak; tarik es-salahme – Allah sei mit dir, und glücklich sei deine Reise!“ erwiderte ich seinen Abschiedsgruß.
    Als er fort war, lachte Hadschi Halef behaglich vor sich hin und sagte:
    „Sihdi, dieser Mensch war ein großer Dummkopf. Er konnte sich doch denken, daß wir diejenigen waren, nach denen er fragte; er aber hat uns nun alles gesagt, was wir zu wissen brauchen. Ganz gewiß ist eine Abteilung der Baqqara nach der Insel Aba gegangen, um uns dort feindlich zu empfangen. Wie gedenkst du, dich zu verhalten?“
    „Das kommt auf die Umstände an, die ich auf der Mischrah vorfinde.“
    „Auf alle Fälle aber werden wir die gefangenen Sklaven befreien?“
    „Ja. Kommt jetzt weiter!“
    In jenen Gegenden geht die Sonne sechs Uhr nachmittags unter. Nach europäischer Zeit war es jetzt vielleicht halb fünf Uhr. Wir hatten also noch anderthalb Stunden bis zur Mischrah zu reiten.
    Bald begann sich die Nähe des Nils bemerkbar zu machen; die Feuchtigkeit der Luft lockte aus dem Boden ein Grün hervor, welches allerdings zunächst ein spärliches war, nach und nach aber dichter und saftiger wurde. Dann sahen wir einzelne Büsche stehen, und am östlichen Horizont tauchte eine schwarze Linie auf; das war der Wald, welcher die Ufer des Nils besäumt.
    Es durfte uns nicht einfallen, direkt nach der Mischrah zu reiten; wir wollten die Gefangenen ja durch List befreien. Darum wichen wir, als wir ungefähr noch eine halbe Stunde zu reiten hatten, von der Fährte rechts nach Süden ab, um oberhalb der Mischrah an das Wasser zu kommen, von wo aus ich den Ort heimlich beschleichen wollte.
    Wir mußten uns nun vor jeder Begegnung hüten und freuten uns daher, als wir auf buschiges Terrain kamen, wo die Sträucher uns Deckung gewährten. Dann nahm uns ein Wald von hochwachsenden Sunutbäumen auf, wo wir uns ein Versteck suchten, in welchem die Nuehrs sich verbergen sollten. Wir fanden ein passendes, stiegen da ab und banden unsere Pferde an. Nachdem ich den Nuehrs anbefohlen hatte, sich bis zu unserer Rückkehr vollständig ruhig zu verhalten, entfernte ich mich mit Halef in nördlicher Richtung, in welcher die Mischrah lag. Unter Mischrah versteht man eine am Fluß liegende freie Stelle, welche entweder bewohnt ist oder auch nur zum Landen der Fahrzeuge und Tränken der Herden dient. Die Mischrah Omm Oschrin war bewohnt. Als wir den Rand des Waldes erreichten, sahen wir rechts von uns die breite Fläche des Nils, während grad vor uns die Hütten und Zelte der Baqqara lagen. Eben jetzt wurden links vom hohen Ufer die dort weilenden Tiere nach dem Fluß getrieben, um getränkt zu werden. Ungefähr hundert Schritte vom Ufer entfernt lag eine Insel, deren Ufer von Schilf eingerahmt waren. Dort jedenfalls befanden sich die Gefangenen und ihre Hüter. Weiter oben lag ein großes Floß am Ufer. Es war aus Ambagstämmen gebaut und konnte wohl fünfzig Personen tragen.
    Wir lagen unter einem Hegelikbaum, welcher seine Äste tief niedersenkte und also ein gutes Versteck bildete. Darum sagte ich zu Halef:
    „Wir werden jetzt zu den Nuehrs zurückkehren; dann reite ich nach der Mischrah, wo ich mich für einen Händler ausgeben werde. Du kehrst später zu diesem Hegelik hier zurück, wo ich

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