18 - Orangen und Datteln
Beziehung reiche Erfahrungen gemacht, kannten das Land und seine Bewohner genau und wußten, daß wir uns in jeder Beziehung und Gefahr aufeinander verlassen konnten. Besser war es immer, allein zu reisen, als unter dem sogenannten Schutz eines türkischen Soldaten, dessen Gegenwart uns nicht nur nichts nützen, sondern im Gegenteil nur schaden konnte. Wir hatten das erlebt.
Der kürzeste Weg hätte uns am Fluß hinaufgeführt; da sich aber die Beduinenhorden, welche wir vermeiden wollten, grad in dessen Nähe zu ziehen pflegen, so waren wir erst dem Wasser des kleinen Dijala gefolgt und ritten nun den Adhem entlang, um in der Nähe des Dschebel Hamrin nach Westen umzubiegen und bei Tekrit über den Tigris zu setzen.
Was unsere Ausrüstung betraf, so besaßen wir zwei gute Pferde und vortreffliche Waffen. Mein amerikanischer Henrystutzen hatte schon manchen Gegner in Schach gehalten. Dazu als Proviant mehrere Beutel voll Mehl und Datteln, für unsere Pferde das saftige Grün der Dschesireh, welcher es in der jetzigen Jahreszeit nicht an Regen mangelte – was brauchten wir mehr!
Es war am Vormittag; die Mündung des Adhem lag weiter hinter uns, und schon gegen Abend hofften wir die Höhen des Dschebel Hamrin zu sehen. Die Steppe, welche in der tropischen Glut des Sommers eine Wüste bildet, glich einem Gras- und Blumengarten, dessen Blütenstaub die Beine unserer Pferde gelb färbte. Sie bildete hier in dieser Gegend keine vollständige Ebene; es gab Bodenerhebungen genug, wenn dieselben auch nicht bedeutend waren, und dazwischen zahlreiche Einsenkungen, welche oft eine beträchtliche Tiefe und Breite besaßen. Diese Rinnen mit den eingefallenen Wänden waren die Überreste des einstigen Bewässerungssystems, welches die Dschesireh unter persischer Herrschaft zum fruchtbarsten Land des Reiches gemacht hatte. Auch kamen wir durch einige größere Talmulden, welche wohl selbst noch zur Kalifenzeit als große Wasserreservoirs gedient haben mochten. Etliche von ihnen waren so tief, daß wir auf ihrem Grund wie zwischen Bergeshöhen hinritten.
Mitte Dezember, und doch gab es eine Wärme wie in Deutschland im Juli und August! Die Pferde begannen allmählich unter derselben zu leiden, und wir machten gegen Mittag Halt, um sie ausruhen zu lassen. Am Rand eines der erwähnten einstigen Bewässerungsgräben setzten wir uns in das Gras und zogen unsere Tschibuks hervor, um von dem aus Bagdad mitgebrachten Tabak eine Pfeife zu rauchen. Während wir dies taten, deutete Halef nach Osten und sagte:
„Schau, Sihdi! Sind das nicht Reiter, welche sich dort bewegen?“
Ich saß mit dem Gesicht westwärts gerichtet, drehte mich um, blickte in die angedeutete Gegend und antwortete:
„Ja, es sind, wie es scheint, zwei Reiter, welche ein Lastpferd bei sich haben. Deutlich kann man es nicht erkennen, weil die Entfernung zu groß ist.“
„Wer mögen sie sein?“
„Das werden wir erfahren. Sie haben die gleiche Richtung mit uns, und da sie langsam reiten, werden wir sie nachher bald einholen. Da ihre Anzahl nicht größer ist, haben wir von ihnen nichts zu befürchten.“
Nach ungefähr zwei Stunden ritten wir weiter und trafen bald auf die Fährte derer, die wir gesehen hatten. Sie schienen später schneller geritten zu sein, wie wir an ihren Spuren sahen. Wir beeilten uns nicht, denn wir hatten keinen Grund, sie einzuholen, blieben aber in ihren Stapfen, da sie wirklich unsere Richtung eingehalten hatten. Wie vermutet, sahen wir gegen Abend den Dschebel Hamrin, welcher seine Höhen nach Nordwesten zog, und gelangten in eines der vorhin erwähnten Täler, in welchem wir die Nacht zuzubringen beschlossen, weil ein kleines Wässerchen durch dasselbe floß. Wir konnten trinken und auch die Pferde trinken lassen.
Das Tal beschrieb einen Bogen; darum konnten wir es nicht bis an das Ende übersehen. Wir lagerten uns am Eingang desselben. Die hohen Wände schützten uns vor dem stets kühlen Wind der Nacht.
Es war meinem Halef nicht eingefallen, unterwegs anzuhalten und abzusteigen, um die vom Islam vorgeschriebenen Gebete zu verrichten, und auch jetzt betete er weder das Mogreb noch das Aschia, die Gebete bei Sonnenuntergang und eine Stunde nach demselben. Er war ein sehr eifriger Mohammedaner gewesen, durch sein Zusammenleben mit mir aber, obgleich er sich noch einen Mohammedaner nannte, innerlich ein Christ geworden. Wir rührten in dem mitgebrachten Becher Mehl und Wasser zusammen, aßen dies und einige Datteln dazu, banden
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