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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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kommt der Herr doch noch, wenigstens euch zu retten. Ich will für euch flehen, daß er komme.“
    Er hob den Kopf empor, betete laut zu Gott und rief beständig und vertrauensvoll die schmerzhafte Mutter um Hilfe und Beistand an. Die Mir Mahmalli aber warfen höhnische Bemerkungen dazwischen. Ich konnte und durfte nicht länger mehr warten, obgleich ich noch nicht wußte, wie ich mit Halef oder gar allein imstande sei, die drei mit der notwendigen Geschwindigkeit vom Stamm weg- und vom Kreuz herabzubringen. Ich legte die Hände an den Mund, bellte möglichst laut dreimal, wie ein Schakal bellt. Das Auge jetzt scharf nach der gegenüberliegenden Seite richtend, sah ich sofort ein Flämmchen, welchem schnell, zwei, drei, vier, fünf andere folgten, um sich wie an einem Zunderzeug rasch an der Einfassung emporzufressen. Nur eine halbe Minute später stand von der letzteren eine wenigstens zwanzig Ellen breite Strecke in hellen Flammen, die wie rasend weiterliefen.
    Das Feuer wurde bemerkt und brachte die beabsichtigte Wirkung hervor. Alles schrie, brüllte, heulte und rannte nach Wasser. Die links drüben liegenden Tiere wurden scheu und jagten zwischen den Hütten und Menschen hindurch. Die entsetzten Kurden eilten in ihre Wohnungen, um den Inhalt derselben zu retten. Niemand achtete der Pistazie; ich aber stand schon an derselben, da ich die wenigen Pappelzweige, die mich gehindert hatten, schnell weggeschnitten hatte.
    „Ich bin da!“ tröstete ich die drei. „Erst schnell euch beide los und dann den Sohn!“
    „O heilige Marryah, Mutter der Schmerzen, wie danke ich dir!“ rief die Kurdin, als ihre Fesseln unter meinem scharfen Messer fielen. „Schmerzhafte Mutter hat mein Sohn dich genannt; ich trete ihn dir ab zu deinem Dienst!“
    „O Salib Isa“, rief ihr Mann, „du bist wirklich mächtiger als der Halbmond des Propheten! Weib, ich kenne deine schmerzhafte Mutter noch nicht so wie du, aber ich werde sie von heute an verehren!“
    Beide waren frei. Ein Schnitt nach oben machte auch die Füße des Sohnes frei. Das Messer zwischen die Zähne nehmend, kletterte ich hinter ihm am Stamm der Pistazie empor und auf den linken Arm des Querbalkens hinüber. Da kam Halef durch das Loch gekrochen und herbeigerannt.
    „Schnell herauf und auf den andern Arm des Kreuzes!“ forderte ich ihn auf. „Wir müssen Hussein Isa zugleich losschneiden, sonst bricht er sicher den einen Arm. Sein Vater ist stark genug, ihn aufzufangen.“
    Der kleine, brave Hadschi kam wie ein Eichkätzchen herauf; Yussuf Ali stand mit ausgebreiteten Armen unten. Ein Schnitt hüben und einer drüben – Isa fiel in die Arme seines Vaters, der ihn an seine mächtige Brust drückte und laut aufjubelte. Die Mutter schlang die Arme um beide und jubelte mit. Da sah ich, daß wir bemerkt wurden. Mehrere Mahmalli ließen alles im Stich und kamen herbeigerannt; andere folgten. Ich sprang hinab, Halef ebenso, und hob den Stutzen auf, den ich vorhin unten weggelegt hatte.
    „Schnell alle fort, in den dunklen Wald und hinüber in unser Lager!“ gebot ich rasch. „Sorgt euch nicht um mich; ich werde den Rückzug decken. – Mir geschieht nichts.“
    Sie gehorchten. Hussein Isa konnte nicht gehen; er mußte von seinem Vater getragen werden. Aufzupassen, wie er hinausgebracht wurde, das war mir unmöglich, denn die Mahmalli waren nahe. Glücklicherweise hatten sie keine Gewehre bei sich. Ich legte auf sie an und gebot ihnen Halt; als sie dennoch vorwärts rannten, gab ich drei Schüsse auf drei Beine ab. Erschießen wollte ich keinen. Die Getroffenen stürzten nieder; die andern blieben stehen; alle brüllten vor Wut. Daß sie halten blieben, war mir lieb, denn da ich auf dem rechten Auge nicht sehen konnte, mußte ich linker Hand schießen, worauf ich doch nicht genügend eingeübt war. Dann zog ich mich durch das Loch zurück, ohne daß sie mir zu folgen gewagt hätten.
    Jetzt brannten schon zwei ganze Seiten der Einfassung lichterloh. Der Wald war, so weit der Feuerschein reichte, und das war eine bedeutende Strecke, fast tageshell erleuchtet. Da ich die Feinde jetzt nicht mehr zu fürchten hatte, machte ich keinen großen Umweg, sondern lief möglichst geradenwegs nach dem Fluß hinab und drüben, wo es noch heller als im Tal war, wieder hinauf. Ich kam eben recht, auf Halef und die drei Geretteten zu stoßen, als sie den Eingang zum Lager passierten.
    Die Mir Yussufi standen und starrten das Feuer an, welches sie sich nicht zu erklären

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