18 - Orangen und Datteln
konnten sie, da sie sich einen andern suchen mußten, den Mir Yussufi auf lange Zeit hin nicht mehr lästig fallen. Die letzteren schuldeten uns also große Dankbarkeit und trugen dieselbe nach ihrem Können und ihrer Weise auch ehrlich ab. Mich aber, sagten sie, würden die Mir Mahmalli wohl nie vergessen.
Meine Genesung schritt schneller vor sich als diejenige Hussein Isas. Als mein Auge wieder ganz das frühere war und auch meine Nase nicht nur in ihre ursprüngliche Schönheit zurückentschwollen war, sondern sogar auch wieder Reseda von Haferkäse zu unterscheiden vermochte, lag ihm noch eine große Müdigkeit in allen Gliedern. Er mußte länger bleiben als ich. Es stand fest, daß er die Eltern mitnehmen werde, und ich bat ihn, bei dieser Gelegenheit meinen kühnen Khawassen mit nach Kerkuk abzuliefern. Dieser war darüber sehr erfreut, denn er hatte alle Lust verloren, ferner mit einem Menschen zu reiten, der täglich das Verbrechen begeht, mit einem Dutzend und noch mehr Kurden anzubinden und dann noch ihre Häuser, Zäune und Wälder anzuzünden. Er erhielt natürlich ein Bakschisch von mir, mit welchem er weit zufriedener war als mit mir selbst.
Endlich ritt ich des Morgens mit Halef ab. Sämtliche Mir Yussufi begleiteten uns eine Strecke. Als sie Abschied nahmen, küßte mir Fatima Marryah weinend die Hände und bat:
„Denke meiner, Herr, wie ich deiner gedenken werde allezeit! Du hast kein Weib, aber eine Mutter. Grüß sie von mir! Ich werde immer für sie und für dich beten.“
Yussuf Ali aber hob seinen ledernen Streifenkragen auseinander, zog sein Messer, schnitt sich zwei tiefe, sich kreuzende Wunden auf die Brust und sagte:
„Das habe ich gelobt; das ist mein Zeichen: Es Salib, das Kreuz, Es Salib Isa, das Kreuz Christi, in welchem ich von nun an leben und in welchem ich auch sterben werde. Ich danke es dir. Reise in Gottes Schutz, und sei so glücklich, wie ich es jetzt bin!“
Hussein Isa nahm Abschied wie ein lieber, lieber Freund, wie ein Bruder. Er versprach, mir Nachricht von sich zu geben und hat redlich Wort gehalten. Auch die Mir Yussufi reichten uns einzeln und dankend die Hände. Als ich dann nach diesem Abend mit Halef allein des Weges ritt, sagte er:
„Sihdi, einst wollte ich dich zum Moslem machen; es ist das Gegenteil erfolgt. Auch ich glaube, daß das Kreuz mächtiger ist als Mohammed. Ich werde mit Hanneh, meinem Weib, der schönsten unter den Töchtern aller Mütter, reden. Wenn ich auch nicht Priester werde, aber etwas anderes, als ich jetzt bin, werde ich!“
ACHTES KAPITEL
Der Verfluchte
I
Drei volle Wochen hatte ich mich in Engyrijeh, der Hauptstadt des gleichnamigen kleinasiatischen Vilajets, aufgehalten und stand nun im Begriff, mich von meinem Gastfreund zu verabschieden. Dieser war der höchststehende Mann dieser Provinz, nämlich der durch seine eiserne Strenge bekannte und gefürchtete Wali Said Kaled Pascha, welcher von seinen Untertanen den Beinamen Sert Jumruk, die ‚harte Faust‘ erhalten hatte. Ich war während meines Aufenthaltes Zeuge mehrerer Gerichtssitzungen gewesen und hatte da allerdings den Beweis erhalten, daß er diesen Namen nicht mit Unrecht führte; aber mochte seine strenge Gerechtigkeit auch zuweilen nahe an Härte streifen, so war er eben gerade darum der richtige Mann für seinen schwierigen Posten.
Die Bevölkerung des Vilajet Engyrijeh (Angora) ist eine sehr gemischte. Sunniten und Schiiten, armenische und griechische Christen leben da in beständiger Feindschaft unter- und gegeneinander, und es kommt gar nicht selten vor, daß bei der Frage, welcher Glaube der richtige ist, zum Messer gegriffen wird. Wo so scharfe Gegensätze vorhanden sind, jeder Mann und jeder halbwüchsige Knabe ein Waffe trägt und selbst von den Anfängen einer Volksbildung keine Rede sein kann, da bedarf es freilich einer festen und oft harten Hand, die rücksichtslosen, gewalttätigen Geister im Zaum zu halten. Die Vorgänger Said Kaled Paschas waren Schwächlinge gewesen, welche mit Zagen gekommen und mit Freuden wieder gegangen waren. Da hatte sich der Sultan Said Kaled Paschas, seines alten Lieblings, erinnert und ihn nach Kleinasien geschickt, um da Wandel zu schaffen. Der Alte war Ferik gewesen, also Divisionsgeneral, und infolge einer Verwundung in Ruhestand versetzt worden, doch folgte er dem Rufe des Padischah mit Freuden, und noch war er nicht lange im neuen Amt, so sah man bereits die Früchte seiner Tätigkeit. Der Stock begann zu regieren;
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