Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Hunderte und Aberhunderte erhielten die Bastonade; wer Blut vergoß, wurde ohne großes Federlesen gehenkt, und unter dem Stab Wehe kehrten die zügellosen Geister zur Botmäßigkeit zurück, wenn auch nur äußerlich zunächst; der Religionshaß blieb ja derselbe, der er gewesen war. Der Pascha war gefürchtet, ja gehaßt, und ich habe während meines Aufenthaltes bei ihm nicht eine einzige Person gesehen, von welcher ich behaupten möchte, daß sie ihm aufrichtig zugetan gewesen sei.
    Gegen mich war er von geradezu ungewöhnlicher Freundlichkeit. Er bekümmerte sich täglich wiederholt und persönlich um mein Wohlbefinden, und seine Diener hatten die Anweisung, jeden meiner Wünsche sofort zu erfüllen. Ich durfte ihn nach Belieben in seinem Büro aufsuchen und alles sehen und hören, was dort geschah. Des Abends saßen wir rauchend beisammen und unterhielten uns über alles, was ihn interessierte. Er war da gar nicht zurückhaltend, wie strenggläubige Muselmänner sonst gegen Christen zu sein pflegen, und zeigte mir ein Vertrauen, auf welches ich mir wohl hätte etwas einbilden können. Wie ich dazu kam, der Gast dieses Mannes zu sein und von ihm eine so freundliche Behandlung zu erfahren, das zu erzählen, mangelt mir der Raum; ich müßte es aber erwähnen, weil das Vertrauen, welches er mir noch beim Abschied schenkte, sonst wohl befremdlich erscheinen würde.
    Ich hatte meine wenigen Habseligkeiten dem Diener übergeben und ihm den Auftrag erteilt, mein Pferd zu satteln und sie dann hinten aufzuschnallen. Dann ging ich zum Pascha, um Dank zu sagen und Abschied zu nehmen. Er wußte, daß dies geschehen werde, und hatte sich darauf vorbereitet. Im Vorzimmer standen zwei baumlange und bis an die Zähne bewaffnete Arnauten, welche mich militärisch grüßten und in das Büro wiesen. Die beiden Räume waren nicht durch eine Tür, sondern nur durch einen dünnen Musselinvorhang voneinander getrennt, so daß man in dem einen hören konnte, was in dem andern gesprochen wurde, ein Umstand, welcher mir jetzt nicht mehr so gleichgültig wie seither erschien.
    Der Wali stand am glaslosen Fenster und schaute durch das Holzgitter in den Hof, wo eben die Huftritte meines Pferdes zu hören waren. Er ließ mich keinen Augenblick warten, schnitt meine Dankesworte mit einer energischen Handbewegung ab und versicherte, daß es ihm sehr lieb gewesen wäre, wenn ich noch länger hätte bleiben können. Nach einigen weiteren freundlichen Bemerkungen trat er abermals an das Fenster, deutete in den Hof und sagte:
    „Ich sehe dein Pferd, Effendi. Ich möchte es gern als Andenken an dich behalten. Willst du es mir verkaufen?“
    Ich hätte es ihm, obgleich ich nicht wohlhabend war, als Geschenk angeboten, wenn dies nicht zu kühn gewesen wäre; darum antwortete ich:
    „Du wünschest es. Bestimme selbst den Preis! Ich werde mir ein anderes kaufen.“
    „Das hast du nicht nötig. Ich gebe dir einen Tenbih (schriftlichen Befehl) mit, auf welchen hin du mit deinen Begleitern überall, wohin ihr kommt, gesattelte Pferde, Wohnung, Speise und alles, was ihr braucht, ohne Bezahlung bekommen werdet. Dieser Befehl gilt nicht nur für mein Vilajet, sondern auch für Adanah und Haleb. Dann bist du bei weidenden Araberstämmen, wo du für billigen Preis ein besseres Pferd haben kannst als hier.“
    „Mit meinen Begleitern, sagst du? Ich reise allein.“
    „Nein. Die beiden Arnauten, welche du draußen gesehen hast, haben den Befehl, dich bis an die Grenze meiner Provinz zu bringen und in jeder Beziehung für dich zu sorgen; ihre Pferde sind bereits gesattelt, und es steht auch eines für dich dabei. In Jachschah Khan, Baltschyk oder Denek Maden könnt ihr dann frische Tiere nehmen, ganz wie es dir gefällig ist. Ich danke für die Erlaubnis, den Preis selbst zu bestimmen. Ich sah das voraus und habe ihn in diesen Beutel getan. Stecke ihn ein.“
    Er gab mir einen kleinen, seidenen Beutel in die Hand und reichte mir dann auch das Dokument, von welchem er gesprochen hatte. Als ich beides unter Dank in die Tasche schob, fuhr er fort:
    „Und nun möchte ich dich um eine Gefälligkeit bitten, welche du mir wohl erweisen wirst, obgleich ich dich dadurch zu einem Umweg zwinge. Du willst zunächst nach Kaisarijeh und müßtest also über Sofular und Mudschur reiten; aber ich habe in Urumdschili einen alten Freund, dem ich durch dich eine Botschaft senden möchte. Willst du sie übernehmen?“
    „Sehr gern!“
    „So will ich dir sagen, um was es

Weitere Kostenlose Bücher